Operation Romanow
später davon.«
»Verzeihung, aber ich verstehe nicht. Das müssen Sie mir erklären.«
»Alles zu seiner Zeit, Dr. Pawlow. Sie sagen, Sie haben die Leiche gefunden?«
»Ja, und auch das Medaillon, das Sie in einem Ihrer Briefe erwähnt haben. Die Frau hielt es in der Hand.«
Jakow schüttelte den Kopf, und seine blassen Lippen zitterten leicht. »Ihre Entdeckung erleichtert und erstaunt mich zugleich, Dr. Pawlow.«
Ich stellte meine Tasse auf den Tisch. »Ich kann es kaum erwarten zu hören, woher Sie diese Frau kannten. Ich habe das Medaillon mitgebracht.«
Er riss die Augen auf. »Haben die Behörden es erlaubt?«
»Ehrlich gesagt habe ich es ihnen nicht gesagt.«
»Dr. Pawlow, Sie wissen doch sicherlich, dass der Diebstahl eines Fundstückes in Russland …«
»… ein schweres Vergehen ist, ja. Aber vertrauen Sie mir. Ich habe vor, es zurückzubringen. Ich dachte, Sie würden es sich gerne einmal ansehen. Ich habe auch Nahaufnahmen der Leiche mitgebracht, die wir am Fundort gemacht haben.«
»Darf ich Sie sehen?«, fragte Jakow gespannt.
Ich reichte ihm eine gepolsterte Versandtasche mit den Fotos.
Jakows Hände zitterten, als er die Farbfotos herausnahm und sorgfältig auf dem Tisch ausbreitete. Er setzte eine dicke Lesebrille auf und nahm ein Foto nach dem anderen vorsichtig in die Hand, als handelte es sich um wertvolle Gegenstände.
Er betrachtete die Fotos von dem Leichnam der Frau, der aus verschiedenen Winkeln aufgenommen worden war. Als er schließlich den Blick hob, waren seine Augen feucht. »Darf ich das Medaillon sehen?«, fragte er mich.
Ich reichte es ihm. »Wie Sie bereits andeuteten, ist die Vorderseite mit dem kaiserlichen Adler der Romanows verziert. Auf der Rückseite ist eine Gravur. Sie ist jedoch korrodiert, und ich konnte sie bisher nicht entziffern. Da Sie aber von dem Medaillon wussten, hoffe ich, dass Sie mir helfen können. Wissen Sie, was dort steht?«
Jakow nahm das Medaillon fast ehrfürchtig entgegen, als wäre es eine heilige Reliquie. Aufmerksam betrachtete er das korrodierte Metall, drehte das Medaillon in seiner Hand hin und her. Die dünne Kette baumelte in der Luft, und jetzt füllten sich Jakows Augen mit Tränen.
»Ist alles in Ordnung?«, fragte ich ihn.
»Ja, Dr. Pawlow«, erwiderte er in heiserem Ton.
»Unsere Entdeckung in Jekaterinburg bedeutet Ihnen offenbar sehr viel, nicht wahr?«
»Das kann man wohl sagen.«
»Wie haben Sie von dem Medaillon erfahren?«
»Genauso wie ich von der Leiche der Frau erfahren habe. Mein Vater hat es mir erzählt.«
Ein Gedanke durchfuhr mich wie ein Blitz, und mein Pulsschlag beschleunigte sich. »Hatte Ihr Vater irgendetwas mit der Ermordung der Romanows zu tun?«
Ich erinnerte mich, Leonid Jakows Namen in den Geschichtsbüchern gelesen zu haben, aber niemals in diesem Zusammenhang.
Zu meiner Überraschung nickte sein Sohn. »Ja, hatte er. Er wurde heimlich von Lenin beauftragt, die Hinrichtung zu überwachen. Ich muss gestehen, dass ich noch nie mit einem Menschen darüber gesprochen habe.«
»Wissen Sie, wie die Gravur lautet?«
»Ich glaube schon, Dr. Pawlow.«
»Dann sagen Sie es mir um Himmels willen!«
Jakow wandte den Blick ab und starrte in die Ferne, als versuchte er, vor seinem geistigen Auge etwas zu erkennen. Es musste etwas sehr Persönliches sein, denn er sagte nichts. Und dann begann er aus irgendeinem mir unbekannten Grund zu weinen. Seine Schultern bebten, als bittere Tränen über seine Wangen liefen. Er zog ein Taschentuch hervor und tupfte sich die Augen. »Verzeihen Sie bitte.«
»Mr Jakow, es gibt nichts zu verzeihen. Was wühlt Sie so auf?«
»Die Erinnerungen eines alten Mannes.«
»Ich verstehe nicht. Wer war die Frau? Und was hat sie mit dem Grab zu tun, an dem wir uns getroffen haben? Es gibt eine Verbindung, nicht wahr?«
Plötzlich sah Jakow gebrechlich und besorgt aus, schrecklich einsam, wie ein alter Mann auf der Schwelle des Todes, der Angst hat, sie zu überschreiten. Eine Sekunde später veränderte sich seine Miene, und die traurigen Gesichtszüge erinnerten an einen kleinen Jungen, der sich ohne seine Eltern furchtbar verloren fühlte. »Sie sind doch eine Expertin der Romanows, Dr. Pawlow, oder?«, fragte er mich leise.
»Eine Expertin vielleicht nicht unbedingt, aber mich verbindet ein starkes berufliches Interesse mit der Zarenfamilie.«
»Dann, fürchte ich, werden Sie niemals glauben, was ich Ihnen erzählen werde.«
»Warum nicht?«
Jakows Stimme klang nun
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