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Opfer

Opfer

Titel: Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathi Unsworth
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Hoffentlich würden keine Fragen über das Kernstück der Installation folgen – die Rivett-Puppe, die jetzt mit den Proben auf dem Weg nach London war. Sean und auch seine Auftraggeberin waren der Meinung gewesen, dass jegliche DNA-Spuren an der Puppe von unabhängiger Seite überprüft werden mussten.
    »Bin sofort da«, sagte Rivett. »Zwanzig Minuten. Ach, Moment, meinen Sie, wir brauchen die Spurensicherung?«
    »Das wäre sinnvoll«, erwiderte Sean und dachte: Dann wird’s womöglich noch interessanter . »Auf jeden Fall. Wenn der DCI jemanden entbehren kann.«
    »Dann sagen wir eine halbe Stunde«, sagte Rivett. »Bin nämlich gerade am anderen Ende der Stadt.« Er war hörbar erregt. »Vielleicht noch ein bisschen länger. Scheiße!«
    »Keine Sorge, Len, die Spuren werden schon noch da sein, wenn Sie ankommen. Egal, wie lange Sie brauchen.«
    Je länger, desto besser , dachte Sean.
    *
    Sean fuhr wieder die Küstenstraße entlang. Die Sonne brannte sich stellenweise durch die Wolken, und goldene Lichtflecken tanzten auf den Wellen. Wie die Erleuchtung, die Sean erwartete, falls sein zweites kalkuliertes Risiko sich auszahlte, schimmerten sie fast zum Greifen nah.
    Er stand unter dem quietschenden Pub-Schild und ließ sich von der Auskunft zum Hecate’s House Tattoo Parlour durchstellen. Sean hatte den Namen von Nojs Studio nicht gekannt, weil er nicht am Gebäude stand. Er hatte sich nur daran erinnert, dass es in der Greyfriars Row lag – womit wohl die Ruinen des Kreuzgangs auf dem Platz davor gemeint waren. In Ernemouth gab es eine Reihe von Tätowierstudios, aber in der Straße war es das einzige.
    Ein Mann mit Belfaster Akzent meldete sich.
    »Hecate’s House, was kann ich für Sie tun?«
    Sean hatte sofort den Rocker aus der Bar vor Augen. »Ist Noj zu sprechen?«, sagte er und fragte sich, ob der Ire auch seinen Akzent sofort wiedererkannte.
    »Tut mir leid, die hat gerade einen Kunden. Könnten Sie vielleicht in …« Eine andere Stimme unterbrach ihn. Sean hörte, wie sein Gegenüber die Hand auf den Hörer legte, so dass er den Rest des Gesprächs nicht mitbekam.
    »Entschuldigung, darf ich fragen, mit wem ich spreche«, kehrte die Stimme des Iren zurück.
    »Mit Sean Ward.«
    »Augenblick.« Wieder legte er die Hand auf den Hörer, ein misstrauischer Reflex. Als er sich wieder meldete, hörte er sich aber gut gelaunt an. »Einen Moment, Mr Ward, ich stell Sie durch.«
    Es klickte und tutete, und Noj nahm ab.
    »Hab ich’s mir doch gedacht, dass Sie es sind«, sagte sie.
    »Tja, ich hab eben Ihre Nachricht bekommen.«, erwiderte Sean.
    »Ach?« Noj wirkte verwirrt. »Was für eine denn?«
    »Die, die Sie am Tatort hinterlassen haben«, erklärte Sean und ballte unwillkürlich die linke Faust. »Im Moment bin ich alleine hier, aber in gut zwanzig Minuten ist Len Rivett bei mir. Sie haben ihn ja ziemlich gut hingekriegt, aber ich weiß nicht, ob wir ihn wirklich derart kränken sollten. Vor allem, wenn die SpuSi dabei ist.«
    Wieder gab es eine vielsagende Pause.
    »Die was?«, fragte Noj schließlich.
    »Die Spurensicherung«, erklärte Sean. »Die nehmen Fingerabdrücke und DNA-Proben.«
    »Tatsächlich?« Noj zog das Wort in die Länge wie ein Gummiband, wie das unsichtbare Hochseil des Vertrauens zwischen ihnen, auf das einer von beiden den ersten Fuß setzen musste. »Und Sie halten es für sicherer, ihm etwas vorzuenthalten? Eine gewisse Puppe, die sich zur Zeit in Ihrem Besitz befindet?«
    »Das ist meine Meinung, ja«, erwiderte Sean.
    »Da muss ich Ihnen wohl recht geben«, sagte sie.
    »Okay.« Seans Hand entspannte sich. »War das der Köder, von dem Sie gesprochen hatten?«
    Noj kicherte. »Sie sind also wirklich ein Detektiv. Heißt das, Sie glauben mir jetzt?«
    »So langsam schon«, gab Sean zu. »Aber können Sie mir vielleicht sagen, was das Ganze soll?«
    »Ich habe Ihnen den Weg freigeräumt«, erklärte Noj mit ernster Stimme. »Ihn in die Defensive gebracht. Damit hatte er nicht gerechnet, oder?«
    »Nein, tatsächlich nicht«, erwiderte Sean. »Hoffentlich hat aber nirgendwo jemand Ihre DNA oder Fingerabdrücke im Archiv.«
    »Nein«, sagte Noj. »Was die Behörden angeht, habe ich damals überhaupt nicht existiert.«
    »Gut. Das kann auch ruhig so bleiben. Ich muss jetzt Schluss machen.«
    »Sie kommen doch heute Abend vorbei, oder?« Nojs Stimme klang leicht besorgt.
    »Sicher. Ich weiß nur noch nicht genau, wann. Ich ruf Sie an, wenn das hier alles vorbei ist.«
    Er

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