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Opferlämmer

Opferlämmer

Titel: Opferlämmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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Lon Sellitto mit ein.
    »Ja?«, fragte Rhyme bewusst beiläufig.
    »Ich bin Ihnen gegenüber nicht ganz ehrlich gewesen.«
    » Nicht ganz? «
    »Okay, ich war nicht ehrlich.«
    »In Bezug worauf?«
    Pulaskis Augen schweiften über die Tabellen und das Täterprofil von Ray Galt. »Die DNS-Ergebnisse. Ich wusste, dass ich sie nicht zu holen brauchte. Es war bloß eine Ausrede. Ich bin bei Stan Palmer gewesen.«
    »Bei wem?«
    »Dem Mann im Krankenhaus, den ich in der Gasse angefahren habe.«
    Rhyme war ungeduldig. Die neuen Beweise lockten. Aber das hier schien wichtig zu sein. Er nickte. »Geht es ihm gut?«
    »Das können die Ärzte noch immer nicht sagen. Aber zunächst mal: Es tut mir leid, dass ich nicht aufrichtig gewesen bin. Ich wollte, aber es kam mir so, ich weiß auch nicht, unprofessionell vor.«

    »Das war es auch.«
    »Da ist noch mehr. Sehen Sie, als ich im Krankenhaus war, habe ich eine der Schwestern um seine Sozialversicherungsnummer und ein paar persönliche Daten gebeten. Und jetzt raten Sie mal. Er ist ein ehemaliger Sträfling. Hat drei Jahre in Attica gesessen. Und jede Menge Vorstrafen.«
    »Wirklich?«, fragte Sachs.
    »Ja. Außerdem wird er per Haftbefehl gesucht.«
    »Aha«, murmelte Rhyme.
    »Weswegen?«, fragte Sellitto.
    »Tätliche Bedrohung, Hehlerei, Einbruchdiebstahl.«
    Der zerknitterte Cop lachte auf. »Sie haben mit Ihrem Wagen eine Verhaftung vorgenommen, könnte man sagen.« Er lachte erneut und sah Rhyme an, der sich jedoch nicht anschloss.
    »Und deswegen sind Sie nun so vergnügt?«, fragte der Kriminalist.
    »Ich bin nicht glücklich darüber, dass ich ihn verletzt habe. Das ist und bleibt ein schlimmer Ausrutscher.«
    »Aber wenn Sie schon jemanden überfahren mussten, dann lieber ihn als einen vierfachen Vater.«
    »Äh, ja«, sagte Pulaski.
    Rhyme hatte zu dem Thema noch einige Anmerkungen, aber dies war weder die passende Zeit noch der geeignete Ort. »Und Sie sind jetzt nicht mehr abgelenkt, richtig?«
    »Richtig.«
    »Gut. Könnten wir die Seifenoper nun beenden und uns wieder an die Arbeit machen?« Er sah auf den Monitor: Fünfzehn Uhr. Rhyme konnte den Zeitdruck fast summen hören wie, na ja, Strom in einer Hochspannungsleitung. Sie kannten die Identität des Täters und seine Adresse. Aber sie wussten nicht, wo er steckte.
    In dem Moment klingelte es an der Tür.
    Gleich darauf kam Thom mit Tucker McDaniel ins Labor,
diesmal ohne den Untergebenen. Rhyme war sofort klar, was der Mann sagen würde. Allen anderen vermutlich auch.
    »Ein neuer Erpresserbrief?«, fragte er.
    »Ja. Und diesmal hat er ordentlich nachgelegt.«

… Achtundsechzig
    »Wann läuft die Frist ab?«, fragte Sellitto.
    »Heute um achtzehn Uhr dreißig.«
    »Uns bleiben also etwas mehr als drei Stunden. Was will er?«
    »Diese Forderung ist sogar noch verrückter als die ersten beiden. Darf ich einen Ihrer Computer benutzen?«
    Rhyme wies mit dem Kopf auf einen freien Arbeitsplatz.
    Der ASAC tippte etwas ein, und einen Moment später erschien ein Text auf dem Bildschirm. Rhymes Sicht verschwamm. Er blinzelte, bis sie wieder klar war, und beugte sich vor.
    An die Algonquin Consolidated Power and Light und die Generaldirektorin Andi Jessen:
    Gegen ungefähr 18 Uhr am gestrigen Abend wurde in der 54. Straße West Nr. 235 in einem Bürogebäude mittels eines ferngesteuerten Schalters aus der im Keller gelegenen Schaltanlage eine Spannung von 13 800 Volt an den Boden der Aufzugkabine gelegt, deren Bedientafel entsprechend präpariert war. Als die Kabine kurz vor dem Erreichen des Erdgeschosses anhielt, betätigte einer der Insassen den Notrufknopf, wodurch der Stromkreis geschlossen wurde und mehrere Passagiere ums Leben kamen.
    Ich habe Sie zweimal um eine Reduzierung der Stromversorgung als ein Zeichen Ihres guten Willens gebeten. Beide Male haben Sie sich geweigert. Falls Sie meinen keineswegs überzogenen Gesuchen nachgekommen wären, hätten Sie den Menschen,
die Sie als Ihre Kunden bezeichnen, auch nicht so viel Leid zugefügt. Stattdessen haben Sie mein Anliegen rücksichtslos ignoriert und andere den Preis dafür bezahlen lassen.
    Als im Jahre 1931 Thomas A. Edison starb, baten seine Mitarbeiter darum, man möge aus Respekt in der ganzen Stadt für sechzig Sekunden den Strom abschalten, um des Mannes zu gedenken, der das Netz erschaffen und Millionen Menschen das Licht gebracht hatte. Die Stadt lehnte ab.
    Ich äußere nun eine ähnliche Bitte – nicht aus Respekt vor dem Mann, der das Netz

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