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Opferlämmer

Opferlämmer

Titel: Opferlämmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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Lockerungsübungen mit seinen langen Fingern.
    »Okay, ich sag’s Ihnen. Bill … er hat gesagt, sein Name sei Bill.« R. C. zeigte auf das Foto.
    »Der Name ist so gut wie jeder andere. Red weiter, mein Freund.«
    »Er hatte gehört, dass angeblich jemand hier in der Gegend wohnt. Ein Kerl, der erst kürzlich in die Stadt gekommen ist, einen weißen Lieferwagen fährt und eine Knarre bei sich trägt. Eine große, dicke Fünfundvierziger. Er soll jemanden umgelegt haben.«
    Dellray ließ sich nichts anmerken. »Wen hat er umgelegt? Und wieso?«
    »Das wusste Bill nicht.«
    »Name?«
    »Den wusste er auch nicht.«
    Der Agent brauchte keinen Lügendetektor. Bislang beherzigte R. C. die dharmische Grundregel der Aufrichtigkeit.
    »Komm schon, R. C., mein Freund, was noch? Weißer Lieferwagen, seit Kurzem in der Stadt, große Fünfundvierziger. Hat aus unbekanntem Grund jemanden umgelegt.«
    »Vielleicht hat er ihn vorher entführt … Es war jedenfalls einer, mit dem man sich lieber nicht anlegt.«

    Das verstand sich wohl von selbst.
    »Also«, fuhr R. C. fort. »Dieser Bill oder wie auch immer hatte gehört, dass ich Verbindungen hab, Sie wissen schon. Das Ohr am Draht hab, alles klar?«
    »Am Draht.«
    »Ja. Nicht so wie dieser Arsch, der die Leute umbringt. Ich meine, ich höre, was so auf der Straße abgeht.«
    »Ach, das meinst du«, sagte Dellray, aber R. C. war zu dämlich für Ironie. »Und du hast wirklich Verbindungen, nicht wahr, mein Junge? Du kennst dich aus im Viertel, richtig? Du bist die Ethel Mertz der Lower East Side.«
    »Wer? «
    »Red weiter.«
    »Okay, ja, nun, ich hatte was gehört. Ich weiß gern, wer sich so hier rumtreibt, ob irgendwelche Scheiße passieren könnte. Na egal, ich wusste von diesem Kerl, den Bill da beschrieben hat. Und ich hab ihm die Adresse gegeben. Das war’s. Das war alles.«
    Dellray glaubte ihm. »Dann her damit.«
    R. C. verriet ihm die Anschrift. Es war eine heruntergekommene Straße ganz in der Nähe. »Die Kellerwohnung.«
    »Okay, mehr brauche ich fürs Erste nicht.«
    »Und Sie …«
    »Ich werde Daddy nichts erzählen. Keine Sorge. Es sei denn, du willst mich verarschen.«
    »Nein, will ich nicht, Fred, ehrlich.«
    Als Dellray schon an der Tür war, rief R. C.: »Es war nicht, was Sie glauben.«
    Der Agent drehte sich um.
    »Es war wirklich nur wegen des Gestanks. Deshalb wollten wir Sie nicht bedienen. Nicht weil Sie schwarz sind.«
    Fünf Minuten später näherte Dellray sich dem Häuserblock, den R. C. ihm genannt hatte. Er wollte vorläufig keine Verstärkung
anfordern. Die Arbeit auf der Straße verlangte Finesse, nicht Sirenen und Zugriffteams. Oder Tucker McDaniel. Dellray steuerte sein Ziel an und hielt sich dabei abseits der dichten Passantenströme. Es ist mitten am Tag, dachte er wie so oft. Womit zum Teufel verdienen diese Leute ihren Lebensunterhalt? Dann bog er um zwei Ecken und schlich sich in eine Gasse, um sich der fraglichen Wohnung von hinten zu nähern.
    Das Licht in der Häuserschlucht war dämmrig, und die Luft stank.
    Ein Stück vor ihm stand ein Weißer mit Mütze und weitem Hemd und fegte das Kopfsteinpflaster. Dellray zählte die Gebäude ab. Der Kerl hielt sich genau hinter dem Haus auf, zu dem William Brent von R. C. geschickt worden war.
    Okay, das ist seltsam, dachte der Agent. Er ging die Gasse entlang. Der Straßenkehrer schaute mit seiner verspiegelten Sonnenbrille kurz in Dellrays Richtung und fegte dann weiter. Fred blieb ein Stück vor ihm stehen, runzelte die Stirn und sah sich um. Er kapierte es immer noch nicht.
    »Scheiße, was willst du?«, fragte der Straßenkehrer ihn schließlich.
    »Tja, das kann ich Ihnen sagen«, erwiderte Dellray. »Ich würde gern wissen, wieso ein verdeckter Ermittler des NYPD glaubt, er würde nicht auffallen, wenn er in einer Gegend die Straße fegt, in der seit etwa hundertdreißig Jahren keiner mehr die Straße gefegt hat.« Er zeigte dem Mann seinen Dienstausweis.
    »Dellray? Ich hab schon von Ihnen gehört.« Dann senkte der Mann die Stimme. »Ich mache nur, was man mir gesagt hat«, verteidigte er sich. »Das hier ist eine polizeiliche Überwachung. «
    »Überwachung? Warum? Was ist das für ein Haus?«
    »Das wissen Sie nicht?«
    Dellray verdrehte die Augen.

    Als der Cop es ihm verriet, erstarrte Dellray. Aber nur kurz. Wenige Sekunden später riss er sich sein stinkendes Kostüm vom Leib und warf es in eine Mülltonne. Als er dann loslief, um zur nächstbesten U-Bahn-Station zu

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