Opferspiel: Thriller (German Edition)
einem Kuli. »Ich habe den Eindruck, dass der Mörder sein Werk noch nicht vollendet hat. Und ich bezweifele, dass das Opfer von heute sein erstes war. Deshalb versuche ich gerade, alte Akten von Serienmördern, die Trophäen sammeln, auszugraben.«
»Nicht bloß ein zugekokster Freier, der es zu weit getrieben hat?«
Sie schüttelte den Kopf. »Dafür hat sich der Killer zu viel Mühe gegeben.« Dann tippte sie mit dem Kuli auf den Monitor. »Gucken Sie mal, was wir da haben. An dem Fall waren Sie beteiligt, oder? Wurde einer Bandenfehde zugeschrieben.«
»Stuart Ball?« Sexton überflog den Bericht. »Ja, kenne ich. Sein Spitzname war Git. Er war ein Penner, ein Fixer. Hatte früher mal was zu sagen bei den Skids, bevor er anfing, die Ware selbst zu probieren. Was ist mit ihm?«
»Er wurde in der New Wapping Street tot aufgefunden«, sagte Jo. »Gleich um die Ecke von dem Haus, in dem wir Rita heute entdeckt haben.«
Sexton nickte vieldeutig und hielt die Nase noch dichter an den Bildschirm. Jo hatte damit gerechnet, dass sein Interesse geweckt wäre, sobald sie die Unterwelt ins Spiel brachte. Die Skids, die sogenannten »Schleuderer«, waren die größte Drogendealerbande im ganzen Land und wurden so genannt, weil die meisten von ihnen sich ihre Sporen bei Spritztouren und Schleuderfahrten mit geklauten Autos verdient hatten.
»Und jetzt kommt’s«, fuhr sie fort. »Gits Auge wurde ausgestochen und am Tatort zurückgelassen. In Anbetracht dessen, was mit unserem Opfer von heute passiert ist, könnte es sich um denselben Täter handeln.«
Sexton richtete sich auf. »Hm, interessant … Haben Sie Lust, was trinken zu gehen?«
Mac reagierte sofort darauf. Er war schon auf den Beinen und zog den Reißverschluss seiner Rugby-Jacke zu.
Jo sah auf ihre Armbanduhr. »Ich dachte, Alkohol im Dienst ist Ihnen ein Gräuel?«
»Wir haben was zu feiern. Raten Sie mal, wer gerade umgelegt wurde? Anto Crawley! Erst vor ein paar Stunden – seine Leiche ist noch warm. Ein Glückstag, was?«
»Tatsächlich?« Sie verstand seine Euphorie. Anto Crawley war der Top-Drogenboss überhaupt und die tragende Säule der Skids. Wenn er ausgeschaltet war, bedeutete das einen echten Schlag für die Gang.
»Oh ja, da hat uns jemand einen großen Gefallen getan«, sagte Sexton. »Muss richtig stinkig auf ihn gewesen sein, wer es auch war – hat ihm noch die Zähne eingeschlagen, bevor er ihn abgemurkst hat.«
Jo verzog das Gesicht, während sie sich die Nummern der Akten notierte, die sie heraussuchen wollte.
Sexton legte eine Hand auf die Lehne ihres Stuhls. »Sie nehmen den Fall dieser Hure ein bisschen zu persönlich, kann das sein? Haben Sie kein Zuhause? Wo sind Ihre Kinder?«
Jo wurde gereizt. »Bei Dan. Geht ihr zwei nur. Ich bleibe hier.«
Zwei Stunden später hatte sie sämtliche eselsohrigen Dienstberichte und Zeitungsausschnitte, die fächerförmig vor ihr auf dem Schreibtisch ausgebreitet waren, gelesen und geglättet. Sie stützte die Stirn in die Hände, während sie die Fotos von den Opfern eingehend betrachtete. Stuart Ball hatte diesen harten Blick, den man bekam, wenn man zu oft gesehen hatte, was Menschen einander antun können. Zugleich lag etwas seltsam Überirdisches in seinem Gesicht, ein Ausdruck, den viele annahmen, wenn sie einen tragischen Tod fanden. Das war vermutlich auch schon das Einzige, was er mit der toten Prostituierten gemeinsam hatte. Rita war am anderen Ende des kriminellen Spektrums angesiedelt, sie hatte sich verkauft, um zu überleben. Stuart dagegen hatte ihr die Drogen verkauft, die sie dazu gezwungen hatten, die Beine breit zu machen. Aus diesem Grund sortierte Jo die Informationen über ihre Fälle zu zwei getrennten Stapeln.
Als Nächstes legte sie ein A4-Blatt im Querformat auf den Tisch, schrieb die Namen beider Opfer an den linken Rand und zog eine Trennlinie dazwischen quer über die Seite. Rechts neben ihren Namen hielt sie das ungewöhnliche Element ihres Todes fest, führte den Körperteil »Hand« neben Rita auf und »Auge« neben Stuart.
Ihr Magen verkrampfte sich, als sie feststellte, dass beide außerdem in unbekleidetem Zustand aufgefunden worden waren.
Sie schob das Blatt beiseite und griff wieder zur Tastatur, um eine breit angelegte Internetsuche unter den Stich worten »Ermordet« und »Nackt ausgezogen« durchzu führen. Die Suchmaschine lieferte mehrere Treffer. Sie schränkte ihre Suche mit dem Begriff »Symbolik« ein und klickte auf ein unautorisiert
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