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Opferspiel: Thriller (German Edition)

Opferspiel: Thriller (German Edition)

Titel: Opferspiel: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niamh O'Connor
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veröffentlichtes CIA -Dokument mit dem Titel Nutzung von Humanressourcen. Handbuch 1983 . Darin las sie von der bei manchen Mördern beobachteten sadistischen Lust, etwas so Heiliges wie den Tod zu entweihen, indem sie die Leiche nackt auszogen oder verstümmelten, besonders zu dem Zweck, einem Feind Furcht einzuflößen. Dieses Verhalten galt längst auch als eine anerkannte Technik psychologischer Kriegsführung. Die Toten gezielt zu demütigen war eine Methode, die Lebenden in Angst und Schrecken zu versetzen.
    Jo sah vom Bildschirm auf. Ist es das, was du im Schilde führst? Willst du einen Feind in die Knie zwingen? Sie rollte mit den Schultern, um ihre Nackenverspannung zu lösen, und überlegte ernsthaft, noch ein Bierchen mit Sexton zu heben – sie war schließlich nicht mehr im Dienst –, als ihr ein Einfall kam. Sie kritzelte zittrig »Anto Crawley« unten auf ihre Liste und »Zähne« unter die Körperteile. Anschließend loggte sie sich in das interne Nachrichtennetz sämtlicher Polizeidienststellen ein und erfuhr, dass Crawley ebenfalls nackt aufgefunden worden war, nur einen Katzensprung entfernt von den zwei anderen Tatorten, nämlich in einem Lagerhaus in der Nähe des Spencer Dock, und dass seine Zähne nicht eingeschlagen, sondern das ganze Gebiss entfernt und die einzelnen Zähne um die Leiche herum verstreut worden waren.
    Jo strich sich die Haare mit allen zehn Fingern aus dem Gesicht und starrte auf das Blatt, gab dann die Liste mit den Körperteilen in die Suchmaschine ein. Das Ergebnis ließ sie vom Monitor zurückschrecken. Sie blickte auf eine Stelle aus dem Buch Exodus: »Leben um Leben, Auge um Auge, Zahn um Zahn, Hand um Hand, Fuß um Fuß, Brandmal um Brandmal, Wunde um Wunde, Strieme um Strieme.«

5
    Der Tod wäre gnädiger gewesen, dachte der Kriminalreporter Ryan Freeman, als er in das ausdruckslose Gesicht seiner Tochter Katie blickte, das wieder einmal keine Reaktion auf die sanften Ermunterungen des Psychiaters zeigte. Doch Erbarmen stand nicht sehr weit oben auf der Liste von Anforderungen für eine Aufnahme bei den Skids. Es war etwas über einen Monat her, seit die Gang sein neunjähriges Kind entführt hatte, um ihn daran zu hindern, weiter über sie zu schreiben, und Katie hatte seitdem kein Wort mehr gesprochen. Er wusste immer noch nicht genau, was sie ihr angetan hatten. Der Gedanke daran war unerträglich – und dennoch konnte er an nichts anderes denken. Wenn Katie ihm nicht sagen wollte, was geschehen war, lag es an ihm, es herauszufinden. Das Einzige, worauf er sich stützen konnte, waren die Aufnahmen der Überwachungskameras an ihrer Schule. An dem Tag, als Katie verschwand, hatte Anto Crawley, der Anführer der Skids, höhnisch direkt in die Kamera gegrinst. Das war so gut wie ein Geständnis. Er, der Crawley zuvor in seiner Zeitung verspottet und mit dem Spitznamen »Schleudertrauma« geschmäht hatte, war dazu übergegangen, ihn verzweifelt um Kontaktaufnahme zu bitten und ihn anzuflehen, seine Tochter freizulassen. Dann war Katie unangekündigt wieder aufgetaucht, in einer Straße in der Nähe ihrer Wohnung, körperlich unversehrt, aber vollkommen orientierungslos.
    »Magst du einen fliegenden Teppich für mich zeichnen, damit wir abheben und von allem wegfliegen können?«, fragte Dr. Forte sie.
    Ryan sah sich in dem unpersönlichen Büro um – Aktenschränke und aufwendig gerahmte Diplome waren kaum dazu angetan, die brutal beschädigte Fantasie eines Kindes anzuregen.
    Katie blickte auf die Buntstifte und das Papier vor ihr auf dem Tisch und dann wieder hin zu den Sonnenstrahlen, die durch die Holzlamellen der Jalousie vor dem Fenster gegenüber fielen. Sie wedelte mit den Fingern vor ihren Augen herum und betrachtete sie gebannt.
    Ryan seufzte schwer und sprang auf, um zu dem Wasserspender hinüberzugehen und sich etwas zu trinken zu holen. Er hielt diese Tatenlosigkeit nicht aus. Er musste etwas tun …
    »Ryan«, tadelte ihn seine Frau Angie.
    Er stürzte das Wasser hinunter, drückte den Plastikbecher zusammen, bis er zerbrach, und warf ihn in den Papierkorb, bevor er auf seinen Platz zurückkehrte und dort unruhig herumrutschte. Er fühlte sich im Büro dieses Seelenklempners wieder genauso machtlos wie an dem Tag, als seine Tochter verschwunden war.
    Dr. Forte nahm Katies Hand und zog eine Marionette darüber, forderte sie auf, die Puppe für sich sprechen zu lassen. Aber es war, als hätte ihre Hand keine Verbindung mehr zu ihrem Körper, denn sie

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