Oracoli (German Edition)
mitgenommen und seitdem habe ich nichts mehr von ihm gehört, das ist alles.« Schrauber nahm das Werkstück und hielt es prüfend von sich weg. Dann maß er mit einer Schieblehre den Schraubenkanal. Er nickte zufrieden mit weiten Augen und erhobenen Brauen. Dann wechselte er plötzlich seinen Blick auf Cora. »Trauen Sie ihm etwa nicht?«
»Also, die Stark-Brüder besorgen gerade die geforderten Brillanten, ich denke, dass er genauso wie Sie, seinen Job macht.« Schrauber legte das Teil zur Seite. »Sie haben meine Frage nicht beantwortet, trauen Sie ihm nicht?« Cora fühlte sich ertappt und streichelte verlegen den Hund. »Herr Baumbach, das ist alles so neu für mich, ich möchte ihm so gerne vertrauen, aber warum erzählt er mir nicht, was er genau plant? Warum meldet er sich nicht?« Schrauber holte sich einen Stuhl und setzte sich vor Cora. Dann fischte er eine Packung Tabak aus seiner Latztasche und drehte sich mit seinen schwarzen Fingern eine Zigarette. Er fingerte ein Zippo aus seiner Hemdtasche und zündete sie an. Schrauber zog genüsslich daran und ließ dabei Coras zweifelndes Gesicht nicht einen Moment aus den Augen. »Wie Sie mir selber erzählt haben, hat Schieber die Leute für Sie ausgesucht, richtig?« Cora war über Schraubers Erinnerungsvermögen überrascht. »Richtig.«
»Frau Lahn, wir Alten haben noch so etwas wie Ganovenehre, und wenn wir früher gemeinsam ein Ding gedreht haben, konnte man sich auf den anderen hundertprozentig verlassen. Wenn dann doch Mal Misstrauen ins Spiel kam, konnte das zu großen Problemen führen. Dass Magnus sich nicht bei Ihnen meldet und seinen Plan für sich behält, zeigt im Grunde nur, dass er ein Profi ist.« Cora wurde verlegen und schämte sich. »Tut mir Leid, Schrauber, ich …«
»Kein Problem, Frau Lahn, wir sind alle nur Menschen. Vergessen Sie auch nicht, dass Sie mit Magnus schon ein verdammt gutes Ding gedreht haben. Wie ich von Ariel gehört habe, ist die Galeristin im wahrsten Sinne des Wortes von Ihnen aufs Kreuz gelegt worden.«
Coras Gesicht hellte sich merklich auf. »Was haben Sie denn von Ariel gehört?«
»Ariel hatte wie immer sein Gespräch mit einem blöden Lachen eröffnet. Dann erzählte er mir endlich, was er in der Kunstzeitschrift „Art“ gelesen hatte. Frau Zobiak hatte sich, nachdem Sie ihr die gefälschten Zeichnungen verkauft haben, finanziell übernommen, sie hat sich in Prag für viel Geld eine zweite Galerie gekauft. Das aber war nicht so tragisch, sie hatte sich zwar bei ihrer Bank das viele Geld geliehen, konnte aber ihre Schulden ausgleichen, indem sie ein paar wertvolle Picasso-Drucke versilberte, die sie speziell für Notfälle gebunkert hatte.«
»Also ist sie mal wieder auf ihren Füßen gelandet.«
»Nein, Sie beide, Frau Lahn. Magnus und Sie haben der Galeristin das wertvollste gestohlen, was man einer erfolgreichen Galeristin überhaupt stehlen kann. Das Vertrauen. Und damit meine ich nicht das Vertrauen der Galeristin, das hat keinen Wert. Das Vertrauen ihrer zahlungskräftigen Kunden meine ich. Kein Kunstliebhaber würde der noch was abkaufen. Sie steht auf einer imaginären schwarzen Liste. Einem Krämer hätte das mit den Vorstudien von Grünewald passieren dürfen. Dem Stern auch. Aber einer renommierten Galeristin, wie sie es war, verzeiht man so etwas nicht. Der Kunstliebhaber von heute mit Geld hat nicht Kunst studiert, er hat auch nicht die Zeit, Kunst untersuchen zu lassen. Die Zeit nutzt er lieber, um seinen eigenen Geschäften nachzugehen, damit er auch in Zukunft ein Kunstliebhaber mit Geld bleibt. Er sammelt Kunst als Wertanlage. Er muss seiner Kunsthändlerin seines Vertrauens schon glauben können. Kurz: Die Zobiak ist pleite.« Schrauber stand auf, um seine Arbeit fortzusetzen, er drückte seine Kippe in einer Blechdose aus und sah mit ermahnendem Blick in Coras nicht unzufriedenes Gesicht. »Nun sehen Sie selbst, was mangelndes Vertrauen anrichten kann, Frau Lahn.« Sie lachte ihn spitzbübisch an. »Das kann man sehen wie man will. Die Zobiak hätte ihrer hübschen Nase, ihrem Glück, Ariel und erst recht Magnus nicht so viel Vertrauen schenken dürfen, dann wäre ihr das erst gar nicht passiert.« Schrauber musste lachen. »Gut pariert, Frau Lahn, sehr gut pariert.«
Ingolf Kolbe saß wunderschön gestylt und mit Ray Ban Sonnenbrille hinterm Steuer seines teuren Schlittens. Neben ihm war Guido Kirmes, er sah sich ein paar Akten durch und nickte
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