Oracoli (German Edition)
Handynummer. »Hallo Renate … WAS? … was, gefälscht?«
Sonja ließ wie betäubt das Handy und ihren Kopf sinken. Ihr wurde schwarz vor Augen. Doch dann sprang sie wie von einer Feder angetrieben aus dem Bett und schrie ins Handy: »Warum, verdammt noch Mal? … Wer labert da im Hintergrund? … Doktor wer? … Gausepohl? Gib ihn mir! Nein lass es! … Ich nehme morgen den ersten Flieger … was? … ja, Tschüss.«
Sonja wollte sich ursprünglich fein machen und schön Essen gehen, daran war jetzt nicht mehr zu denken. Schön Essen in Prag war ohnehin eine Sache für sich. Sie kaufte sich stattdessen an der Bar eine Flasche Gin, ging damit auf ihr Zimmer, machte den Fernseher an und betrank sich.
Nach zwei Stunden warf sie, hysterisch lachend, die leere Flasche in die Moldau, legte sich hin und schlief traumlos ein.
Im Dortmunder Flughafengebäude herrschte reger Betrieb. Sonja hatte den Zoll passiert und lief suchend durch die Menschenmenge. Beschaulich, wie der Flughafen war, hatte sie schnell Renate und ihren Begleiter gefunden. Ihr pechschwarzes Outfit und ihr wütender Blick flößte den beiden die nackte Angst ein. Sie schaute den Doktor, der mit seiner übergroßen Brille, seinem kleinen, schmalen Körper in einem grauen Anzug unscheinbar wirkte, hasserfüllt an. »So, das ist doch bestimmt unser angeblicher Kunstexperte, so, so.«
»Ja, mein Name ist Gausepohl, hm, Dr. Rüdiger Gausepohl. Ich bin beauftragt worden, Ihnen die Expertisen auszustellen …«
»Gut, und was stimmt auf einmal nicht?«, unterbrach sie ihn.
»Nun, alle neun Zeichnungen, die ich untersucht habe waren okay. Kollegen von mir haben sie auch unter die Lupe genommen, die sind als echt durchgegangen: Das Papier ist von 1511, das hat die chemische Analyse ergeben, auch beim zehnten Blatt. Dann nahmen wir uns die Zeichnungen vor, alle alt, sogar die Wurmlöcher, die so um 1600 entstanden, sind jünger als die Tuschezeichnungen. Aber dann, das zehnte Blatt, das mit den Dämonen. Wir waren gerade dabei, die letzte Expertise fertig zu stellen, aber dann …« Sonja platzte der Kragen: »Was war dann, verdammt, was?« Dr. Gausepohl wäre am liebsten davongerannt. ›Sie hat ja Recht, böse zu sein‹, dachte er, ›wir hätten nie so schnell die ersten Expertisen herausgeben dürfen.‹
»Nun, wir drehten es nach allen Seiten, wie es sich für Fachleute, die wir nun mal sind, gehört …«
Sonja nahm sich jetzt total zusammen, um nicht auszuflippen. Sie sagte kaum hörbar: »Und was haben Sie da festgestellt, Herr Doktor Gausepohl?« Dr. Gausepohl nahm die Kopie der zehnten Zeichnung aus seiner Seitentasche, drehte sie verkehrt herum und gab sie Sonja, die sich das Blatt mit offenem Mund ansah. »Nun, wir haben uns die Dämonen, auf den Kopf stehend, angesehen und wir glauben nicht, Frau Zobiak, dass Grünewald Adolf Hitler und George W. Bush kannte. Sie wurden reingelegt, Frau Zobiak.«
Renate schaute sich nach einem Sanitäter um, als sie bemerkte, dass ihre Freundin kurz vor dem Kollaps stand. Doch dann bekam Sonja einen Tobsuchtanfall und Renate war beruhigt. Sonja zerriss das Blatt und trampelte darauf herum, Passanten amüsierten sich. Sie war außer sich vor Zorn und brüllte los: »Aaaahhh! Gilbert, Du Schwein! Wenn ich Dich zu fassen kriege, meinen Namen hast Du in den Dreck gezogen, töten werde ich Dich! Aaaahhh!«
Schraubers Werkstatt war sehr geräumig, überall standen und hingen Modelle: Boote, Flugzeuge, Motorräder und jede Menge Material zum Basteln. An den Wänden standen große Werkbänke, auf denen sich zahlreiche Maschinen befanden, die auch einer kleineren Maschinenbau Firma ausgereicht hätte, jeden erdenklichen Auftrag zu übernehmen, es sei denn, der Auftrag wäre größer als ein Meter mal ein Meter. Schraubers Gesicht war rußgeschwärzt, neben ihm waren Magnus und Cora. Die drei duckten sich hinter einem dicken Blech, das an einem Bock lehnte. Ein Sprengsatz explodierte. Die Werkstatt war nun voller Rauch, der sich nur langsam verflüchtigte. Sie mussten husten, als sie ihre Deckung verließen. Schrauber näherte sich dem Schraubstock und löste ein kleines Stück eines Ofenrohres, das sich zwischen den Backen befand. Der Sprengsatz hatte ein großes Loch im Rohr hinterlassen. Cora und Magnus standen jetzt hinter ihm und beobachteten ihn dabei, wie er das Rohr mit einer Schmiedezange herausnahm und in einem Wasserbottich warf, in dem es zischend
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