Orcs ante Portas
noch kälter. Der gähnende Schlund des Grabes der Eiskönigin scheint aufzuklaffen und uns mit einer eisigen Wolke einzuhüllen. Der Wind steigert sich zu einem röhrenden Brausen, als zwei Lichtstrahle eines dunkelvioletten Lichts von Lisutaris’ Händen in den Himmel zucken und in die beiden Drachen einschlagen. Deren wütende Schmerzensschreie sind schier unerträglich und übertönen sogar den Schlachtenlärm. Die Drachen werden mitten im Flug in der Luft angehalten und winden sich, bevor Lisutaris ihre Hände langsam sinken lässt und sie aus dem Himmel pflückt. Während sie das tut, zucken Lichtblitze von den Tieren durch die Luft auf die Herrin des Himmels zu. Die Magier auf den Drachen wehren sich. Die Lichtblitze treffen Lisutaris und schütteln sie durch, aber sie bleibt auf den Beinen, gestützt von Makri. Einen Moment scheint die Zeit stillzustehen. Die Drachen hängen bewegungslos in der Luft, während Lisutaris sich gegen deren kolossale Kraft und die Magie ihrer orkischen Reiter wehrt. Dann gibt etwas nach, und die Drachen hören auf, mit ihren mächtigen Schwingen zu schlagen. Sie stürzen wie Pfeile zur Erde, direkt auf die orkische Phalanx zu. Als die Drachen auf dem Boden aufschlagen, explodieren sie in zwei mächtigen Feuerbällen.
»So was kriegt man nicht jeden Tag zu sehen«, flüstert Makri.
Die orkische Phalanx wird von der Wucht der Explosion zerrissen. Die überlebenden Truppen der Orks weichen vor dem Flammenmeer zurück. Lisutaris sinkt zu Boden. Ich hebe sie auf, lege sie sanft über meine Schulter und befehle meinen Männern anzugreifen.
21. KAPITEL
Die Orks laufen verwirrt durcheinander. Ich führe meine kleine Kompanie direkt zwischen den brennenden Leichen der Drachen hindurch. Öliger Rauch steigt von den Kadavern der Biester empor, die durch den dunklen Zauber brennen, den Lisutaris beschworen hat. Wir sind kaum fünfzig Meter von den Toren entfernt, und ich bete, dass jemand in der Stadt die Lage erkennt, die Tore öffnet und uns hineinlässt, bevor die Orks Gelegenheit haben, sich neu zu formieren.
Lisutaris’ Gewicht lastet schwer auf meiner verletzten Schulter, aber ich marschiere weiter. Wir dürfen diese Chance auf keinen Fall verpassen. Eine weitere bekommen wir nicht. Die Tore schwingen auf. Die eingekesselten turanianischen Truppen verlassen die Deckung ihrer improvisierten Wagenburg und laufen in die Stadt. Wir folgen ihnen. Wir sind immer noch ein beträchtliches Stück von den rettenden Toren entfernt, als ich spüre, wie ein feindlicher Zauber sich nähert. Im nächsten Moment bebt der Boden unter meinen Füßen. Ich werde am Hinterkopf von einem Schlag wie von einem Hammer getroffen. Mein Zauberschutzamulett rettet mir zwar das Leben, aber es hemmt keinen Schmerz. Ich sinke auf die Knie und lasse Lisutaris zu Boden gleiten. Es kostet mich endlose Mühe, wieder aufzustehen. Selbst Makri rappelt sich nur langsam wieder auf.
»Was zum …?«
Harmonius, Chomenius und Anemari helfen sich gegenseitig auf die Füße. Die Zauberer tragen ebenfalls Zauberschutzamulette, wie Makri und ich. Es sind ziemlich rare, kostbare Gegenstände. Meine Soldaten besaßen so etwas nicht. Aus diesem Grund wird auch keiner von ihnen wieder aufstehen. Als sich meine Benommenheit allmählich legt, stelle ich fest, dass wir nicht mehr allein sind. Wir stehen zwölf Orks gegenüber. Drei von ihnen sind Magier, sieben sind Krieger und zwei scheinen Offiziere zu sein. Einer der Zauberer ist Harm der Mörderische. Lisutaris liegt vor mir auf dem Boden und regt sich wieder. Harm wirft ihr einen finsteren Blick zu.
»Ihr habt meinen Drachen umgebracht!«, sagt er mit schmerzerfüllter Stimme. »Er war mein Lieblingstier.«
Dann wirft er Makri einen Blick zu, der, soweit ich das beurteilen kann, irgendwie sehnsüchtig ist. Wenn er ihr jetzt mit einem Blumenstrauß kommt, erwürge ich ihn mit bloßen Händen. Doch bevor Harm noch etwas Charmantes sagen kann, tritt einer der beiden Offiziere vor. Es ist ein großer Ork, kein massiger Kerl, sondern sehr kräftig, in einer sehr gut gearbeiteten schwarzen Rüstung, mit langem schwarzem Haar und einem kleinen goldenen Reif um die Stirn. Er wirkt nicht ganz so abgerissen wie seine Gefährten. Das muss Prinz Amrag sein.
Er betrachtet uns einige Sekunden. Dann sieht er Makri neugierig an. Lisutaris rappelt sich wieder auf. Prinz Amrags Leibwache tritt vor, bereit, ihren Führer vor der menschlichen Oberhexe zu schützen. Amrag wirft Harm einen
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