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Orphan 1 Der Engel von Inveraray

Orphan 1 Der Engel von Inveraray

Titel: Orphan 1 Der Engel von Inveraray Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karyn Monk
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nicht!" fügte Annabelle finster hinzu und legte den Kopf zärtlich auf Charlottes bebende Schulter.
    Wie Grace wusste auch Annabelle, was es hieß, völlig allein und verzweifelt zu sein.
    Ihre Mutter war schon so lange tot, dass Annabelle keine Erinnerung mehr an sie besaß, und ihr Vater ein Trunkenbold, der sie offenbar hasste und häufig geschlagen hatte. Einmal war sie von ihm so heftig gegen einen Tisch geschleudert worden, dass sie das Bewusstsein verlor. An ihrer Schläfe hatte sie noch immer eine Narbe von diesem gemeinen Angriff, und Grace verwandte große Sorgfalt darauf, ihr blondes Haar so zu frisieren, dass man die Narbe nicht sehen konnte.
    „Ich auch nicht", sagte Simon.
    „Ich werde mit dir gehen." Jamies Miene erhellte sich mit einem Male. „Glaubst du, sie werden auch Genevieve erlauben, uns zu begleiten?"
    Charlotte holte schluchzend Luft, während eine weitere Träne ihre Wange hinabrollte.
    „Keiner von euch wird hier fortgehen", brummte Jack plötzlich.
    Die kleine Schar schaute ihn verwundert an.
    Es waren Charlottes Tränen, die ihn dazu gebracht hatten, eine Entscheidung zu fällen. Sie schimmerten auf ihren Wangen wie ein feuchter Pfad aus Angst und Schmerz, der direkt zu seinem Herzen führte. Er konnte sich nicht erinnern, wann ihm je etwas so nahe gegangen war. Bei seiner Ankunft hatte er sich geschworen, keines dieser Kinder ins Herz zu schließen. Er hatte geglaubt, er könne dieses Haus ohne einen wehmütigen Blick zurück verlassen, wann immer es ihm passte. Doch der Gedanke daran, wie Charlotte - oder eines der anderen Kinder - in irgendeiner dreckigen Besserungsanstalt geschlagen und gequält wurde, war schier unerträglich.
    Er wusste nur wenig über ihre früheren Lebensumstände, doch ihm war klar, dass jedes von ihnen in seinem jungen Leben den Schmerz der Ablehnung, der Angst und der Hoffnungslosigkeit erlitten hatte. Bis Genevieve gekommen war, um sie zu retten. Sie hatte sie aus dem Elend geholt und bei sich aufgenommen, sie gewaschen, ernährt und in den Armen gehalten, bis sie sich sicher und angenommen fühlten.
    Jack würde nicht tatenlos zusehen, wie man sie von dem einzigen Menschen fortriss, der sie wirklich geliebt hatte, um sie abermals auf den Kehrrichthaufen des Lebens zu werfen.
    „Wir brauchen nur das Geld zu besorgen, um es der blöden Bank zurückzuzahlen", erklärte Jack knapp, „dann könnt ihr alle zusammen in diesem Haus wohnen bleiben."
    „Doch wo sollen wir das auftreiben?" fragte Jamie.
    „Genevieve glaubt, sie könne irgendetwas verkaufen, doch Lord Redmond meinte, es würde nicht genug einbringen, ganz gleich, was es sei", berichtete Simon. „Er riet ihr, sie solle besser ein paar Diamanten finden."
    „Ich glaube nicht, dass Genevieve welche besitzt", sagte Annabelle nachdenklich.
    „Ich habe sie nie irgendwelchen
    Schmuck tragen sehen."
    „Sie besaß einst einen Ring und eine Halskette, die meiner Großmutter gehört hatten", führte Jamie aus, „aber sie hat sie in Mr. Ingrams Antiquitätenhandlung verkauft, nachdem Simon gekommen war. Du erinnerst dich doch daran, nicht wahr, Simon?"
    Simon nickte. „Nachher tat sie so, als sei sie sehr froh darüber, doch ich merkte, dass sie in Wirklichkeit traurig war. Sie hat uns in einen Teesalon ausgeführt, wo wir Zitronentörtchen statt Teekuchen bestellen durften, und gesagt, es sei eine besondere Gelegenheit und wir sollten feiern."
    „Hier werde ich kein Geld finden", verkündete Jack ungeduldig. „Ich werde es dort besorgen müssen." Er nickte viel sagend in Richtung Fenster.
    „In den Gardinen?" erkundigte sich Jamie verwirrt.
    Jack verdrehte die Augen. Sie sind noch halbe Babys, rief er sich in Erinnerung. „Auf der Straße."
    „Du meinst, du willst es stehlen?" Grace biss sich auf die Unterlippe, nicht sicher, was sie von der Idee halten sollte.
    Er nickte.
    „Wir können dir helfen", bot Simon aufgeregt an. „Wir haben alle Erfahrung im Taschendiebstahl, außer Jamie natürlich, doch der kann es gewiss lernen."
    „Taschendiebstahl ist nicht einträglich genug", erklärte Jack. „Ich muss etwas wirklich Wertvolles stehlen, ein Schmuckstück mit vielen kostbaren Edelsteinen oder vielleicht eine Skulptur oder ein Gemälde."
    „Ein Bild zu stehlen wird gewiss nicht einfach sein", gab Grace zu bedenken, die sich wie immer von ihrem praktischen Verstand leiten ließ. „Ölbilder sind viel zu groß, um sie unter dem Mantel zu verstecken."
    „Wir werden in ein Haus einbrechen

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