Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Orphan 1 Der Engel von Inveraray

Orphan 1 Der Engel von Inveraray

Titel: Orphan 1 Der Engel von Inveraray Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karyn Monk
Vom Netzwerk:
Vorhängeschloss hinderte ihn daran, die Schranktür zu öffnen, und die Kunst, es ohne Schlüssel zu öffnen, beherrschte er noch nicht. Vermutlich ließe es sich leicht aufbrechen, doch das würde zu viel Lärm verursachen.
    Besser, er entfernte die Schrauben, mit denen die Türangeln befestigt waren.
    Jack ließ den Blick über den Tisch hinter seinem Rücken schweifen, wo verschiedene Objekte darauf warteten, gereinigt und ausgezeichnet zu werden, bevor man sie zum Verkauf ausstellte. Ein kleiner, glänzender Dolch lag in einem Nest aus Verpackungsstroh. Jack schaute noch einmal flüchtig in Mr. Ingrams Richtung, griff rasch nach dem Dolch und machte sich an die Arbeit.
    Die Spitze der Klinge passte nahezu perfekt in die Schraubschlitze. Jack drehte den Dolch mit geschickten Händen, löste die kleinen Schrauben und legte sie lautlos auf den Boden. Nach einer Weile ließ sich das Scharnier, an dem das Vorhängeschloss befestigt war, herausziehen und die Tür der Vitrine öffnen.
    Eine atemberaubende Kollektion von Schmuckstücken funkelte vor seinen Augen.
    Leuchtende Rubine, glitzernde Saphire, Diamanten und Smaragde jeglicher Größe waren kunstvoll zu prächtigen Halsketten, Broschen, Ringen und Ohrringen verarbeitet. Dieser eine Schrank enthielt genug Schätze, um Jack bis ans Ende seiner Tage ein sorgloses Dasein zu ermöglichen. Ein Handstreich über den mit blauem Samt ausgeschlagenen Vitrinenboden und ein neues Leben würde beginnen - eins, in dem er nicht ständig auf der Suche nach etwas Essbarem wäre, keine abgetragenen, schlecht sitzenden Stiefel tragen und auf der Straße übernachten müsste.
    „Ich weiß nicht recht", sagte die Frau, deren Erscheinung an einen aufgegangenen Hefeteig erinnerte, und schüttelte den Kopf. „Ich hatte gehofft, etwas weitaus Größeres zu finden, vielleicht mit ein oder zwei Vögeln verziert - oder mit Früchten ..."
    Jack zögerte, unschlüssig, ob er nur einige wenige Stücke stehlen sollte oder gleich den ganzen verflixten Haufen. Wenn er alles mitgehen ließ, würde Mr. Ingram es gewiss sofort bemerken und auf der Stelle die Polizei rufen. Man würde ihn, Jack, verhaften und Jamie, Simon, Annabelle, Grace und Charlotte vermutlich der Komplizenschaft beschuldigen. Genevieve würde alles verlieren, auch die Kinder, die sie so innig liebte. Nach all der unerwarteten Freundlichkeit, die sie ihm gegenüber gezeigt hatte, brachte Jack es nicht übers Herz, sie so sehr zu verletzen.
    Es gibt noch mehr Schmuckvitrinen auf der Welt, tröstete er sich philosophisch.
    Er ließ langsam den angehaltenen Atem entweichen und entschied sich rasch für zwei mit riesigen Diamanten besetzte Ringe, eine prächtige Halskette mit Saphiren und Diamanten und eine funkelnde Diamantbrosche. Nachdem er alles in seine Manteltasche gestopft hatte, ordnete er die verbliebenen Schmuckstücke so an, dass keine auffällige Lücke in der Auslage entstand, schloss die schmale Vitrinentür, platzierte das Schloss an Ort und Stelle und machte sich mit Hilfe des Dolches daran, die Schrauben wieder in das Holz zu drehen.
    „Wenn Sie etwas mit Obstdekor suchen, Madam, dann habe ich genau das Richtige für Sie", fuhr Mr. Ingram fort und ließ vorübergehend von seinem Versuch ab, die Kundschaft von den Vorzügen der Armleuchter zu überzeugen.
    „Im hinteren Teil des Geschäfts findet sich ein prächtiges Silbertablett aus dem sechzehnten Jahrhundert, das einst König Karl dem Ersten höchstpersönlich gehört hat. Wenn Sie mir erlauben wollen ..."
    „Jack!" flüsterte Grace aufgeregt, als Mr. Ingram sich dem hinteren Teil des Ladens zuwandte. „Jack!"
    Mir bleibt keine Zeit, die letzte Schraube festzudrehen, erkannte Jack enttäuscht.
    „Du da!" fuhr Mr. Ingram ihn unvermittelt an. „Was zum Teufel treibst du da?"
    Wäre ihm Gelegenheit zu einer Antwort gegeben worden, hätte Jack ihm vermutlich eine halbwegs glaubwürdige Erklärung aufgetischt.
    Unglücklicherweise beschloss Jamie jedoch, ihm zu helfen, indem er eine schwere alte Ritterrüstung umwarf, die scheppernd zu Boden fiel.
    „Lauf!" schrie Jamie und rannte zur Tür.
    „Halten Sie ihn auf!" brüllte Mr. Ingram und vergaß Jack einen Augenblick lang.
    Das beleibte Paar im vorderen Teil des Geschäfts bemühte sich nach Kräften, der Aufforderung nachzukommen. Als Jamie an ihm vorbeisauste, streckte der stämmige Mann seinen Spazierstock aus und brachte den Jungen zu Fall.
    Bedauerlicherweise landete dieser geradewegs im voluminösen

Weitere Kostenlose Bücher