Orphan 2 Juwel meines Herzens
Satan! Hängen soll er... “
„Er war es nicht! “ Verzweifelt versuchte Charlotte, den erstarrten Harrison in die Gegenwart zurückzuholen. „Er konnte es gar nicht tun, Oliver - er hat keine Pistole. “ Verwirrt erwiderte der Alte: „Hat er nicht? “
„Bitte, Sie müssen jetzt mitkommen. “ Sie ergriff Harrison fest am Arm und zog ihn zur Kutsche.
Laute Rufe ertönten nun aus allen Richtungen. Männer und Frauen liefen ziellos durcheinander, verschwanden in engen Gassen und benachbarten Häusern, um nicht zum nächsten Opfer des mörderischen Schattens zu werden. Für den bedauernswerten Kerl auf den Stufen konnte Harrison nichts mehr tun, das war ihm klar. Also gab er Charlottes Drängen nach und half ihr in die Chaise. Dann folgte er ihr und schloss laut die Kutschentür, während der Wagen bereits davonrollte.
In der Kutsche übermannte ihn der furchtbare Kopfschmerz, der Harrison nahezu erblinden ließ. Mit scharfen Krallen drang er ihm in den Schädel, während sein ganzer Arm von der Schulter abwärts in Flammen zu stehen schien. Trotzdem, er war noch am Leben, genau wie die seltsame junge Frau, die ihn eben gerettet hatte.
Alles andere aber war verloren.
2. KAPITEL
„Ich weiß schon, dass du da bist, Annie, du musst also nicht die Hintertreppe hinaufschleichen wie ein Gespenst, damit ich nur ja nichts merke. “ Eunice schlug das Rollholz auf den krümeligen Teigball. Dann drückte sie den widerspenstigen Klumpen mit ihrem gesamten beachtlichen Gewicht flach.
„Ich wollte dich nicht stören. “ Annie senkte schuldbewusst den Blick, studierte ihre Stiefelspitzen und zog an der feuchten Kapuze des dünnen Umhangs, den sie trug. „Ich dachte, es wäre niemand mehr in der Küche. “
„Miss Charlotte ist noch nicht zurück von der Dinnerparty bei Lord und Lady Chadwick. Also backen wir Haferkekse, während wir auf sie, Oliver und Flynn warten“, erklärte Doreen und klatschte Teig auf ein heißes Backeisen. „Willst du nicht einen essen? Mit einer schönen Tasse Tee dazu? “
Annie schüttelte den Kopf. „Ich bin todmüde. “ Sie hüllte sich fest in das Cape. „Am besten gehe ich sofort ins Bett. “
Misstrauisch verengte Doreen die Augen zu Schlitzen. Seit einigen Jahren schon konnte sie nicht mehr besonders gut sehen, aber sie war nicht dumm und spürte genau, wenn jemand versuchte, etwas vor ihr zu verbergen.
„Komm, ich nehm dir das tropfende Ding ab und häng es neben den Ofen, damit es trocknen kann“, erbot Doreen sich freundlich. „Das ist sowieso ganz nass vom Regen draußen, da musst du den Fetzen ja nicht erst bis oben in dein Zimmer mitschleppen. “
„Nein. “ Fest hielt Annie den Umhang am Hals zusam-men. „Ich behalts lieber an, mir ist kalt. “
Seufzend ließ Doreen den letzten Teigklumpen auf das Eisen gleiten. „Wie du willst, Mädchen, dann eben nicht. Aber wenn du in Schwierigkeiten steckst, kannst du mir und Eunice ruhig davon erzählen - oder Miss Charlotte, wenn dir das lieber ist. Schließlich sind wir alle hier, um dir zu helfen. “
Erstaunt blickte Eunice von ihrer Arbeit auf. „Was für Schwierigkeiten? “
„Gar keine“, versicherte Annie rasch. „Mit mir ist alles in Ordnung. “
Offenbar wenig überzeugt stemmte Doreen die blaugeäderten Hände in die knochigen Hüften. „Warum versuchst du dann so angestrengt, dein Gesicht zu verbergen? “
„Tu ich doch nicht“, antwortete das Mädchen schwach. „Hat dir jemand was getan? “ fragte Eunice fest.
Heftig schüttelte Annie den Kopf. „Nein, das ist nur ein kleiner Bluterguss. “ Die Stimme versagte ihr. „Morgen ist er bestimmt verschwunden und... “
„Also gut, mein Gänschen, lass mich mal da ran“, sagte Eunice tröstend, rieb sich die mehligen dicken Hände ab und ging hinüber zu dem jetzt ganz in sich zusammengesunkenen Mädchen. „Du musst doch keine Angst haben, Kleine. Ich will mir das nur kurz anschauen, damit ich weiß, wie ich dir helfen kann. “ Sanft zog sie Annie die Kapuze vom Kopf. „Heiliger Kolumbus! Wer hat dir das denn angetan? “
„Er wollte mich nicht schlagen“, beteuerte Annie und hielt die Hand vor das blutunterlaufene linke Auge. „Ich hab Jimmy gereizt, und er hat mit der Faust zugeschlagen, bevor ich mich ducken konnte. Wenn wir uns das nächste Mal treffen, wird es ihm furchtbar Leid tun - das weiß ich genau. “
„Wenn ich den Satansbraten erwische, hat er dazu keine Gelegenheit mehr! “ tobte Doreen. In ihren kleinen
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