Ort der Angst (German Edition)
Schlafgemachs vom Rest des Raumes trennte. Vor dem Lager kauerten Dienerinnen und weinten. Als Xaman sich dem reglosen Körper des Halach Huinik näherte, stoben sie auseinander, um Platz zu machen. Amankaya befand sich nicht unter ihnen.
„Lasst uns allein! Und sagt den Wachen, wir wollen nicht gestört werden!“ Xaman hielt seine Hand dicht vor Mund und Nase des Gottkönigs, aber er spürte keinen Atem. Die Haut fühlte sich kühl an. Nicht wie die eines Toten. Einfach … anders. Er horchte nach dem Herzschlag. „Da ist nichts!“
„Warte!“, raunte Yunuen.
Die Zeit verstrich. Als sich Xaman schon fragte, wozu das Ganze gut sein sollte, vernahm er etwas; ein einzelner Schlag des Herzens. „Wie ist das möglich?“
Yunuen nickte zufrieden. „Dann hast du es also gehört.“
„Was ist das? Eine Art Starre?“
Auf seinen Stab gestützt näherte sich Yunuen der Lagerstatt und flüsterte: „Er hätte auf der Stelle tot sein müssen!“
„Und warum ist er es dann nicht?“, zischte Xaman und fixierte den König voller Hass. Sich seiner Worte bewusst werdend, blickte er sich um. „Wo ist eigentlich dein Äffchen? Er folgt dir doch sonst überall hin!“
„Ich ließ den Jungen ausnahmsweise vor den Gemächern warten. Aber falls dir seine Gegenwart fehlt, kann ich ihn rufen.“
Angesichts der ernsten Lage fand Xaman den Humor des Alten mehr als unpassend. Ein süßlicher Duft stieg ihm in die Nase und reizte seine Nervenkostüm noch mehr. Wahrscheinlich irgendein Blumenzeug, das die Frauen ständig verbrennen oder ausstreuen mussten, um böse Geister zu vertreiben. Xaman konnte sich gut vorstellen, dass es wirkte. Er selbst hätte liebend gern den Raum verlassen. Doch wie sich herausstellte, entströmte das aufdringliche Aroma keineswegs einer Räucherschale. Ein Heilkundiger schlurfte über den spiegelnden Boden herbei; Xaman erkannte in ihm sofort die Quelle seines Unbehagens.
„Was will ER hier? Und wie ist er überhaupt hereingekommen?“
„Vor deiner Ankunft habe ich den Wachen Weisung erteilt, ihn passieren zu lassen! Kolem war einer der ersten, die den König untersucht haben, nachdem ihn eine Bedienstete in diesem Zustand fand. Wir können offen sprechen. Er ist eingeweiht.“
„Wie bitte?“ Unwirsch wandte sich Xaman dem Neuankömmling zu und maß die massige Gestalt von oben bis unten, ohne seinen Missmut auch nur im Geringsten zu verbergen. Ein enormer Halsschmuck und ein um die Lenden gewickeltes Tuch bedeckten den übermäßig schwitzenden Leib des anderen. Die Vermutung lag nahe, dass die Parfümierung dazu dienen sollte, um die Ausdünstungen zu kaschieren. Xaman verschränkte die Arme. „Ein weiterer Mitwisser bedeutet ein höheres Risiko. Wozu brauchen wir ihn überhaupt? Traust du mir nicht?“
Yunuen kicherte. „Es gibt nicht viel, das eines alten Mannes Gemüt noch zu erheitern vermag, aber dir gelingt dieses Kunststück immer wieder! Davon abgesehen, was glaubst du eigentlich, woher das Gift stammt, das ich dir überlassen habe? Denkst du, ich habe es aus dem Speichel meiner Zunge extrahiert?“
„Nicht? Schade! Vielleicht wäre es die wirksamere Wahl gewesen, anstatt sich auf diesen Stümper zu verlassen!“
„Ich bin gerne bereit, Euch persönlich mit einer Kostprobe meines Könnens zu überzeugen. Vielleicht während Eures nächsten Mahls?“ Mit hohntriefender Stimme deutete Kolem eine Verbeugung an.
Gereizt schlug der Alte seinen Stab auf den Boden. Seinem Unmut zum Trotz achtete er darauf, leise zu sprechen. „Schluss jetzt! Es gibt keinen Zweifel an der Zuverlässigkeit des Mittels!“
Der Heilkundige beugte sich über den athletischen Körper des Halach Huinik, horchte an dessen Brust und nickte dann. „Er ist ausgesprochen stark! Aber das wird ihn nicht retten!“
Yunuen zog ein Stück Stoff aus seinem Gewand und fuhr sich damit über den Mund. „Wir brauchen jetzt etwas, worüber ein kluger Mann unbedingt verfügen sollte!“ An Xaman gewandt fuhr er fort: „Insbesondere dir mangelt es daran leider von Zeit zu Zeit!“
Xaman schnaubte. „Und was sollte das sein?“
„Geduld!“
Kapitel 7
Die Tage vergingen. Nichts geschah! Dennoch saß Ek Balam aufrecht in seinem Thronsaal. Geschickt verbarg ein Umhang die Konstruktion, die den König in seiner Position hielt. Aus einer gewissen Distanz konnte man glauben, er habe den Blick geradeaus in die Ferne gerichtet; auf die geschlossenen Lider gemalte Augen erweckten diesen Eindruck.
Zwei
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