Ort der Angst (German Edition)
zuckten ein letztes Mal, dann war der Mann endgültig tot.
Die lose Gesichtshaut in die Höhe haltend, blickte Xaman durch ihre leeren Öffnungen und seufzte. Dann faltete er seine Beute zusammen und steckte sie ein.
„Seit wann treibst du dich hier herum? Ich dachte, man findet dich nur ränkeschmiedend im Palast!"
Xaman wandte den Kopf. Zu seinem Missvergnügen realisierte er, dass Yunuen in Begleitung seines jugendlichen Sklaven zwischen den Büschen hindurch auf ihn zukam.
„Woher wusstest du, dass ich es bin? Ich dachte, du bist blind und dein Bursche kann nicht sprechen!“
„Vielleicht hat mich der Gestank deines schlechten Gewissens hergeführt! Einerlei, du wirst mit mir zum Palast zurückkehren! Es gibt Wichtigeres zu tun, als in der Sonne herumzulümmeln!“
Xaman beugte sich vor, klaubte Kiesel vom Boden auf und warf sie in hohem Bogen ins Wasser.
„Solange es nicht um meine Ernennung zum König geht …“
„Du, König? Pah! Daraus wird nichts!“
Xaman hörte auf, Steine zu werfen, schlang seine Arme um die Knie und beobachtete den anderen.
„Ein Bote war bei dir“, sagte der Alte. „Ich weiß es! Nun, ich habe ebenfalls Nachrichten erhalten. Gerade eben, hier im Garten! Womöglich dieselben?“
Es war unwahrscheinlich, dass Yunuen den Inhalt von Xamans Nachricht kannte. Dafür zahlte der Geizhals seinen Spionen nicht genug. „Das kann ich nicht beurteilen.“
„So? Dann hör gut zu: Fremde sind über das Meer gekommen! An der Küste kam es bereits zum Kampf! Der Beschreibung nach sehen die Eindringlinge genau so aus, wie es der Höchste vorausgesehen hat. Dass er noch immer lebt, ist ein Zeichen der Götter! Sie schützen ihn! Wie konnten wir es wagen, ihren Gesandten zu vergiften?“ Verzweifelt rang der Alte die dürren Arme.
„Dann sind wir deiner Meinung nach einem tragischen Irrtum erlegen?“
„Tragisch ist überhaupt kein Ausdruck!“ Yunuens Gejammer bildete einen bizarren Kontrast zu dem lieblichen Gesang der Wildvögel. „Wir müssen Kolem finden! Ihm gelingt es vielleicht, das Gift aus dem Körper des Königs zu treiben, damit er erwachen kann!“
„Und du glaubst, er wird uns dafür dankbar in die Arme schließen?“
„Warum nicht? Woher sollte er wissen, dass wir hinter allem stecken? Die Schuldige ist bereits überführt!“
Xaman horchte auf. „Vom wem redest du?“
„Von Amankaya natürlich! Man hat sie verhört! Schon die ganze Zeit über! Nachdem man die Habseligkeiten aller Diener aus nächster Umgebung des Königs durchsucht hat, fand man eine Phiole unter ihren Sachen. Es war nur noch ein winziger Rest Gift darin. Aber genug, um festzustellen, worum es sich bei der Flüssigkeit handelte.
Xaman dachte daran, wie es der jungen Frau gelungen war, den Dolch aus der Schatzkammer für ihn zu stehlen, um Yunuen in dem Glauben zu bestärken, der König habe die Waffe genommen, damit er sie umarbeiten lassen konnte. Und jetzt sollte ihr ein so grober Fehler unterlaufen sein, einfach die leere Giftflasche zu behalten? Oder hatte vielleicht jemand nachgeholfen?
„Sie hat sich die ganze Zeit über geweigert, zu sprechen. Bei der letzten Befragung war ich zugegen. Ich riet ihr, ein Geständnis abzulegen!“
„Was?“
„Natürlich! Schließlich hat sie den König aus Eifersucht vergiftet, nicht wahr?“ Yunuen grinste schlau. „Ich habe ihr eine Menge Leid erspart.“
Xaman erhob sich. Seine Stimme war rau. „Warum hast du mir nicht schon früher davon erzählt?“
„Wozu? Damit du hättest hingehen und versuchen können, sie zu retten? Ich hielt dich für klüger!“
„Was ist mit ihr geschehen?“
„Sie ist tot! Erdrosselt! Glaub mir, in ihrem finalen Zustand hättest du sie nicht wiederhaben wollen.“
Yunuens Worte versetzten Xaman einen unerwarteten Stich.
Als Xaman noch immer keine Anstalten machte, dem Weisen zurück zum Palast zu folgen, begann dieser zu zetern.
„Seit wann kümmert dich das Schicksal einer Dirne? Hier geht es um die Zukunft unseres Volkes!“
„Wenn Ek Balam tatsächlich mit den Göttern spricht, weiß er auch, wer ihn hintergangen hat. Es wird alles ans Licht kommen!“
„Das ist mir einerlei! Ich bin bereit, jede Strafe hinzunehmen, die man mir auferlegt! Und du wirst dasselbe tun!“ In seiner Hysterie begann Yunuen schon wieder zu sabbern. Sein Bursche zog ein Tuch hervor und näherte sich seinem Herrn, um ihn zu säubern. Als der Alte die Hände des Jungen an seinem Gesicht spürte, stieß er ihn unwirsch
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