Ort der Angst (German Edition)
Geist. Das gefällt mir! Vielleicht bedeutet es eines Tages deinen Untergang!“, stellte der andere fest und wischte sich das Gesicht.
„Ich weiß die Ehre zu schätzen, die mir der edle Yunuen erweist, indem er sich um meine Zukunft sorgt!“
Der Alte faltete das Tuch und legte es in den Schoß. „Zu schade! Ich hätte das Angebot deines Vaters vor Jahren annehmen sollen, als er mich bat, dich in meine Dienste zu nehmen. Du warst ein hübscher Junge und ich noch im Besitz meiner Sehkraft. Aber ich hatte schon einen Lehrburschen. Außerdem war deine Mutter dagegen! Warum nur?“
Xaman biss die Zähne zusammen und steckte die Hand in seine Tasche. Das Erbstück, das er bei sich trug, fühlte sich sehr warm an.
„Was mir dadurch entgangen ist, lässt sich kaum erahnen“, sagte Yunuen mit rauer Stimme.
Vor allem das Vergnügen eines vorzeitigen Ablebens, falls du versucht hättest, mich anzurühren.
Yunuens Züge nahmen einen böse-frivolen Ausdruck an, als wüsste er genau, woran Xaman gerade dachte.
„Auch ohne deine Hilfe ist es mir gelungen, in den Besitz eines priesterlichen Stabes zu gelangen.“
„Ein Jammer, in der Tat! Aber genug davon! Weswegen bist du hier?“
Xaman setzte sich auf einen hölzernen Hocker am Tisch, goss etwas von dem Kakao in einen sauberen Becher und nahm einen Schluck, ehe er zu sprechen begann. Die Kühle des Getränks beruhigte ihn. „Ich denke, uns beschäftig dasselbe Problem.“
„Problem?“
„Was wird passieren, wenn wir aufhören, den Göttern zu opfern?“
Yunuen stieß rasselnd die Luft aus. „Du spielst auf die Rede des Halach Huinik an. Zugegeben, eine schwierige Situation!“
„Was soll daran schwierig sein? Ist es nicht offensichtlich, dass Ek Balam nicht länger Herr seiner Sinne ist? Wie sonst ist es zu erklären, dass er plötzlich die Gesetze missachtet?“
Der Alte strich sich über die Knie und suchte nach Worten. „Es erstaunt mich, dass du unvorsichtig genug bist, mir gegenüber eine so schwere Anschuldigung zu äußern! Dafür könnte ich dich abführen und hinrichten lassen!“ Ein Schmunzeln zuckte über seine Lippen.
„Aber du wirst es nicht tun!“ Auch wenn dir die Vorstellung noch so großes Vergnügen bereitet.
„Nein? Nehmen wir an, der König hat tatsächlich mit den Göttern gesprochen. Er war lange fort! Vielleicht kommen diese Fremden tatsächlich, um einen Krieg zu beginnen. Dann wird es genug zu opfern geben.“
Xaman schlug den leeren Becher auf den Tisch. „Vielleicht? Sollen wir die Götter bis zu einem möglichen Konflikt mit vagen Versprechen abspeisen? Was geschieht nach der Schlacht, wenn das Blut der Gefangenen geflossen ist?“ Er ging dicht an den Alten heran und raunte in dessen Ohr: „Ich habe einen seiner Astrologen sagen hören, Ek Balam wünsche sich den nächsten Krieg in weite Ferne.“
„Ach, tatsächlich? Mir gegenüber hat der König ebenfalls etwas geäußert. Nach allem, was du dir in seiner Abwesenheit geleistet hast, zweifelt er an deinem Verstand. Du kannst dich glücklich preisen, dass er dich für die Sache mit dem Turnier nicht hat bestrafen lassen; bisher zumindest. Vermutlich hat er derzeit Wichtigeres zu tun.“
Für Xaman nur ein weiterer Beweis für die Schwäche des Königs. „Er hat seinen Kampfgeist verloren!“, sagte er daher. „Das ist der Grund, warum wir in Reglosigkeit verharren sollen. Ich glaube, dass es diesen übermächtigen Feind gar nicht gibt! Was geschieht, wenn ich Recht habe?“
Yunuen zuckte zusammen und schwieg.
„Wir können es uns nicht leisten, Chaacs Gunst so rasch wieder zu verlieren! Und dann dieser Vorschlag, Boten auszusenden, um Bündnisse zu schließen! Sollen wir vor jedem marodierenden Kriegsfürsten auf dem Bauch kriechen und um Frieden betteln?“
„Du siehst doch, wohin uns die ewigen Auseinandersetzungen gebracht haben. Eine Weile Frieden mit unseren Nachbarn zu wahren, kann nicht schaden!“
„Glaubst du etwa, Schwäche zu zeigen ist der richtige Weg?“
„Ek Balam ist nicht durch Nachgiebigkeit zum Gottkönig geworden!“
„Du sagst es! Stärke ist der Garant seiner Macht! Aber was ist aus ihm geworden? Wie soll ein verzagter Mann, der des Kämpfens müde ist, sein Volk beschützen?“
„Die Geschenke der Götter … der Regen, der Dolch! Beweist das nicht, dass er erfolgreich war? Nie zuvor, so sagte man mir, habe es eine kunstvollere Klinge gegeben!“
Xaman ging hinaus und kehrte mit einem Mann zurück. Nachdem er die schwere
Weitere Kostenlose Bücher