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Ort der Angst (German Edition)

Ort der Angst (German Edition)

Titel: Ort der Angst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mala Wintar
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Anderes. Es war Yunuens schwachsinniger Diener, den man nie ein Wort hatte sprechen hören. Das Gesicht des Burschen zeigte keinerlei Gefühl. Tyuns Erscheinen völlig ignorierend, unterbrach er seinen Gesang und stieß erneut mit dem Priesterstab auf den Kopf des Toten. Der Aufprall ließ den leblosen Körper erzittern. Wo sich einst Augen und Nase des Weisen befunden hatten, klaffte jetzt nur noch ein matschiges Loch.
    Unbeschreiblicher Hass brodelte in Tyun hoch. Mit einem Wutschrei stürmte er auf den Jungen zu und hieb ihn in Stücke.

 
     
    Kapitel 10
     
    Die abgestandene Luft der engen Kammer bot den heruntergebrannten Fackeln kaum noch Nahrung. Xaman schwitzte heftig und befahl seinen Männern, das letzte Siegel an der ansonsten schmucklosen Steinplatte in der Wand fertigzustellen. Das Klopfen ihrer Meißel hallte schmerzhaft in seinen Ohren.
    Seit der Rückkehr des Boten am heutigen Tag hatten sich die Ereignisse überschlagen und Xaman gezwungen, rasch zu handeln. Selbst wenn es bedeutete, dass er improvisieren musste; er konnte es sich nicht leisten, länger zu zögern.
    Das Hämmern verstummte. Xaman schickte die Männer hinaus und zückte seinen Dolch. Ein kleiner Schnitt genügte, um das Blut in rubinfarbenen Tropfen aus seiner Handfläche quellen zu lassen. Die Klinge war so scharf, dass Xaman kaum mehr als ein leichtes Brennen verspürte. Mit geschlossenen Augen vor sich hinmurmelnd presste er die Wunde auf die einzelnen Symbole im Gestein. Mit einem Blick über die Schulter vergewisserte er sich, dass sich außer ihm niemand mehr in der Kammer befand und zog ein Bündel aus seiner Robe. Ohne es zu öffnen, legte er es in eine grob gehauene Wandnische und nahm seine Fackel vom Boden auf.
    Niemand wird ihn hier je finden, dachte Xaman grimmig und ging hinaus. Ein gutes Stück die Treppe hinauf sah er, wie sich seine Begleiter entfernten. Einen verborgenen Mechanismus in der Wand betätigend, verschloss er den Durchgang und verbarg ihn damit gleichzeitig vor den Augen Unwissender. Selbst wenn seine Helfer versuchen sollten, hierher zurückzukehren, würde es ihnen wohl kaum gelingen, die Kammer ohne seine Hilfe ein weiteres Mal zu finden, geschweige denn, sie zu betreten. Obwohl sich Xaman hier tief unter der Erde befand, führten die Stufen von hier aus noch weiter. Die Stelle, hinter der sich der Raum befand, lag direkt an einer Treppe. Es gab keinen Absatz, keine Plattform. Nichts, das auf einen verborgenen Raum hinwies. Es sei denn, man konnte die unscheinbaren Zeichen erkennen und deuten. Es gab nur noch wenige, die diese Kunst beherrschten. Der Gedanke an all das verlorene Wissen schmerzte. Er musste die Maya als unerbittlicher Herrscher zu ihrer einstigen Größe zurückführen.
    Unerwartet ertönte hinter ihm ein Schnarren. Xaman hob seine Fackel und spähte in die Dunkelheit. Etwas tiefer hockte ein riesiger Frosch auf den Stufen. Wie kam der hierher? Neugierig geworden versuchte Xaman, sich zu nähern. Das Tier machte einen unerwartet behänden Satz und entschwand seinem Blick. Die Fackel vor sich haltend, musste der Priester etliche Meter abwärtssteigen, ehe er das Geschöpf einholte. Es schien auf ihn zu warten, ließ ihn bis auf Armeslänge herankommen und sprang wieder davon. Noch einmal ging er ihm nach. Die muffige Luft wurde kühler. Diesmal musste Xaman weit mehr der steil abwärts führenden Treppe bewältigen, ehe er den Wasserbewohner wieder fand. Xaman ging in die Hocke, anstatt zu versuchen, ganz heranzukommen. Mit bebenden Flanken saß die Amphibie da und beäugte ihn von unten herauf aus ihren länglichen Pupillen. Fast, als verberge sich hinter diesen kalt schimmernden Augen ein intelligentes Wesen.
    Der Frosch ist die Tierform des Regengottes Chaac, dachte Xaman und schluckte. Wollte das Geschöpf, dass er ihm folgte? Hinab nach Xibalbá? Aus der Ferne hörte er ein leises Rauschen. Xaman schauderte.
    Das Wesen blies die Backen auf und gab wieder diesen Ton von sich. Innerlich schalt sich der Priester einen Narren, aber sein Instinkt zwang ihn, sich zu erheben. Langsam drehte er sich um und erklomm die Stufen. Das Quarren des Frosches folgte ihm nach; es klang wie ein Vorwurf. Zügig schritt er voran, ohne sich ein weiteres Mal umzusehen. Weiter oben wurde die Luft wieder wärmer, roch aber noch immer stickig. Xaman atmete schwer, das lange Haar klebte ihm strähnig auf dem Rücken.
    Du bildest dir etwas ein! Es war nur ein Tier, weiter nichts!
    Bevor sie in die tropische

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