Ort des Grauens
Gesichtsfarbe.
»Sogar mit Gewalt«, wiederholte er.
Bobby hegte nicht den geringsten Zweifel, daß er und Clint die menschliche Gespensterheuschrecke und seinen dicklichen Kollegen windelweich würden prügeln können, doch es gab gar keinen Grund, das zu tun. Ihm war es völlig egal, ob sie das Ding in der Laborschale behielten jedenfalls solange man sich mit ihnen auf einige Grundregeln verständigen konnte, was das Wie und Wanneiner eventuellen Information der Öffentlic hkeit anging.
Alles, was er im Augenblick wollte, war, aus diesem Irrenhaus herauszukommen, hinaus in den Sonnenschein, an die frische Luft. Das Knistern und Krabbeln, das von den Schränken mit den Präparaten her ertönte, obwohl er es sich sicherlich nur einbildete, wurde von Minute zu Minute lauter und hektischer. Seine Entomophobie würde ihn noch den Verstand verlieren lassen, und er würde schreiend aus dem Raum rennen. Er fragte sich, ob die anderen merkten, wie panisch er war, oder ob seine Selbstkontrolle ausreichte, das zu verbergen. Er spürte ein paar Schweißtropfen an seiner linken Schläfe, fühlte, wie sie langsam herunterrannen, und er hatte die Antwort.
»Lassen Sie uns absolut offen sein«, sagte Gavenall. »Es geht nicht nur um unsere Pflichten gegenüber der Wissenschaft, die es uns abverlangen, dieses besondere Exemplar zu behalten. Die Veröffentlichung unseres Fundes wird uns zu etwas machen - akademisch und finanziell. Wir werden groß herauskommen. Keiner von uns ist eine Niete auf seinem Feld, doch diese Entdeckung wird uns nach oben katapultieren, ganz nach oben, und wir werden alles unternehmen, was nötig ist, um unsere Interessen zu vertreten.« Seine blauen Augen waren ganz schmal geworden, und sein offenes irisches Gesicht hatte sich in eine Maske der Entschlossenheit verwandelt. »Ich sage nicht, ich würde töten, um das Ding behalten zu können, aber ich habe auch nicht gesagt, daß ich es nicht tun würde.«
Bobby seufzte. »Ich habe für die UCI eine ganze Reihe von Nachforschungen über den Hintergrund zukünftiger Fakultätsmitglieder angestellt, daher weiß ich, daß die akademische Welt ebenso wettbewerbsorientiert, unmoralisch und schmutzig sein kann -schmutziger noch als die Politik oder das Showgeschäft. Ich will da nicht mitIhnen streiten. Doch wir müssen eine Übereinkunft darüber erzielen, wann Sie damit an die Öffentlichkeit gehen können. Ich möchte nicht, daß Sie irgend etwas tun, was die Presse auf meinen Klienten hinweisen könnte, bevor wir den
Fall gelöst haben und sicher sind, daß er - außer Gefahr ist.«
»Und wann wird das sein?« erkundigte sich Manfred.
Bobby zuckte die Schultern. »Ein, zwei Tage. Möglicherweise eine Woche. Ich bezweifele, daß es sich noch länger hinziehen wird.«
Der Entomologe und der Genetiker strahlten einander an, offensichtlich begeistert. »Das ist überhaupt kein Problem«, erklärte Manfred. »Wir werden viel, viel länger brauchen, bis wir die Studien abgeschlossen, unseren ersten Bericht für eine Veröffentlichung vorbereitet und die Strategie geplant haben, wie wir mit der wissenschaftlichen Welt und den Medien umgehen werden.«
Bobby meinte zu hören, wie sich eine der flachen Schubladen in dem Schrank hinter ihm öffnete, aufgeschoben von der gemeinen Horde riesiger, schwärmender Madagaskar-Zischschaben.
»Aber die drei Diamanten werde ich mitnehmen«, sagte er. »Sie sind ziemlich wertvoll, und sie gehören meinem Klienten.«
Manfred und Gavenall zögerten, protestierten halbherzig und stimmten dann schnell zu. Clint nahm die Steine und schlug sie wieder in das Taschentuch ein. Die schnelle Kapitulation der Wissenschaftler bewies Bobby, daß da gewiß mehr als drei Diamanten in dem Insekt gewesen waren, vermutlich wenigstens fünf. Was bedeutete, daß sie noch zwei Steine besaßen, mit denen sie ihre These stützen konnten, was den Ursprung und den Zweck des Tieres betraf.
»Wir möchten Ihren Klienten treffen, ihn befragen«, sagte Gavenall.
»Das muß er entscheiden«, entgegnete Bobby.
»Es ist unbedingt erforderlich. Wir müssen ihn befragen.«
»Das ist allein seine Entscheidung«, betonte Bobby. »Sie haben den größten Teil dessen erhalten, was Sie wollten. Irgendwann stimmt er ja vielleicht zu, und dann haben Sie alles, was Sie brauchen. Aber drängen Sie ihn nicht.«
Der rundliche Mann nickte. »Das ist fair. Aber sagen Sie mir, wo hat er das Ding gefunden?«
»Er erinnert sich nicht. Er leidet unter Amnesie.«
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