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orwell,_george_-_1984

Titel: orwell,_george_-_1984 Kostenlos Bücher Online Lesen
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andere nach Kohl stank. Winston kniete nieder und untersuchte das gebogene Verbindungsstück des Ableitungsrohres. Er verabscheute manuelle Arbeit sehr, und es war ihm schrecklich, sich bücken zu müssen, weil das fast immer einen Hustenanfall bei ihm auslöste. Frau Parsons machte ein hilfloses Gesicht.
    »Freilich, wenn Tom daheim wäre, würde er es im Nu in Ordnung bringen«, meinte sie. »Solche Sachen machen ihm Spaß. Er ist so geschickt mit seinen Händen, wirklich, er ist so geschickt, der Tom.«
    Parsons war Winstons Kollege im Wahrheitsministerium. Er war ein rundlicher, jedoch sehr beweglicher Mann von entwaffnender Dummheit, ein Klotz voll törichter Begeisterung – einer von diesen ergebenen Gimpeln, die niemals eine Frage stellen und von denen – mehr sogar noch als von der Gedankenpolizei – der Bestand der Partei abhing. Mit fünfunddreißig Jahren war er erst kürzlich sehr ungern aus der Jugendliga ausgeschieden, und ehe er in die Jugendliga aufgerückt war, hatte er es fertiggebracht, ein Jahr über das satzungsgemäß festgesetzte Alter hinaus bei den Spähern zu verbleiben. Im Ministerium wurde er auf einem untergeordneten Posten verwendet, für den kein Verstand nötig war, doch war er andererseits ein führender Mann beim Sportausschuß und allen anderen Ausschüssen, denen die Organisation von Gemeinschaftswanderungen, spontanen Demonstrationen, Sparwerbewochen und überhaupt jede Art freiwilligen Einsatzes unterstand. Er erzählte einem voll ruhigen Stolzes, während er seiner Pfeife kleine Rauchwölkchen entlockte, daß er in den letzten vier Jahren jeden Abend im Gemeinschaftshaus erschienen sei. Ein durchdringender Schweißgeruch folgte ihm wie ein unfreiwilliges Zeugnis für die Angestrengtheit seines Lebens überallhin und schwebte sogar nach seinem Weggehen noch im Zimmer.
    »Haben Sie einen Schraubenschlüssel?« fragte Winston und machte sich mit der Schraubenmutter am Verbindungsstück zu schaffen.
    »Einen Schraubenschlüssel«, sagte Frau Parsons und wurde sofort unsicher. »Ich weiß nicht. Vielleicht, daß die Kinder –«
    Man hörte Schuhgetrampel und einen neuen Trompetenstoß auf dem Kamm, als die Kinder ins Wohnzimmer hereinstürmten. Frau Parsons brachte den Schraubenschlüssel. Winston ließ das Wasser
    ablaufen und entfernte angeekelt den Pfropfen menschlicher Haare, der die Röhre verstopft hatte. Er reinigte seine Hände so gut er konnte in dem kalten Leitungswasser und ging in das andere Zimmer zurück.
    »Hände hoch!« schrie eine wilde Stimme.
    Ein hübscher, robust aussehender Junge von neun Jahren war hinter dem Tisch hervorgesprungen und bedrohte ihn mit seiner automatischen Kinderpistole, während seine um etwa zwei Jahre jüngere Schwester mit einem Stück Holz dieselbe Geste machte. Beide waren mit den kurzen blauen Hosen, den grauen Hemden und dem roten Halstuch bekleidet, aus denen die Uniform der Späher bestand. Winston hob seine Hände über den Kopf, aber mit einem unbehaglichen Gefühl, denn der Junge gebärdete sich so bösartig, als ob es wirklich mehr als ein Spiel war.
    »Sie sind ein Verräter!« schrie der Junge. »Sie sind ein Gedankenverbrecher! Sie sind ein eurasischer Spion! Ich erschieße Sie, ich werde Sie vaporisieren, ich werde Sie in die Salzbergwerke verbannen!«
    Plötzlich sprangen beide um ihn herum und schrien »Verräter!« und »Gedankenverbrecher!«, wobei das kleine Mädchen ihrem Bruder jede Bewegung nachmachte. Es war irgendwie erschreckend, gleich den Freudensprüngen von Tigerjungen, die bald zu Menschenfressern herangewachsen sein werden. Es war etwas von berechnender Wildheit im Auge des Jungen, ein ganz offensichtliches Verlangen, Winston zu schlagen oder zu treten, und das Bewußtsein, schon beinahe groß genug dazu zu sein. Ein Glück, daß er keine richtige Pistole in Händen hielt, dachte Winston.
    Frau Parsons' Blicke huschten nervös von Winston zu den Kindern und wieder zurück. In dem besseren Licht des Wohnzimmers bemerkte er voller Mitleid, daß es tatsächlich Staub war, was sich in ihren Runzeln eingenistet hatte.
    »Sie sind so laut«, sagte sie. »Sie sind enttäuscht, weil sie nicht ausgehen und sich das Hängen ansehen können, daher kommt es wohl. Ich bin zu beschäftigt, um mit ihnen hinauszugehen, und Tom kommt nicht rechtzeitig von der Arbeit heim.«
    »Warum können wir nicht gehen und das Hängen sehen?« brüllte der Junge mit seiner kräftigen Stimme. »Hängen sehen! Hängen sehen!« leierte

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