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Ostfriesengrab

Ostfriesengrab

Titel: Ostfriesengrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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Psychopathen. Die Leiche in der Mülltonne hat überhaupt nichts mit den drei anderen Morden zu tun. Und das, was du hier mit mir veranstaltest, ist ein Witz. Jetzt mach mich los und bring mir was zu trinken. Ich hab Hunger, ich hab Durst, und ich will nach Hause.«
    Sie konnte sehen, wie sehr sein Verstand arbeitete. Hoffnung keimte in ihr auf. War es ihr gelungen, ihn zu verunsichern? Nutzte er die Gelegenheit, einen Rückzieher zu machen?
    Er begann zu schreien: »Was bildest du dir ein, du dumme Kuh? Glaubst du, du kannst mich verarschen? Du denkst, ich bin verrückt, hm? Nicht mehr ganz zurechnungsfähig. Du glaubst, ich falle auf diesen Mist herein und lasse dich jetzt einfach so laufen!?«
    »Nein, das denke ich nicht. Aber es wird alles unter uns bleiben, oder meinst du, ich will, dass Frank erfährt, wie ich hier gelegen habe? Es reicht schon, was meine Kollegen in deinem Atelier erlebt haben. Ich werde aus dem Polizeidienst ausscheiden und mit Frank eine Fischbude in Norddeich aufmachen.«
    Er lächelte. »Jaja, eure Fischbude.«
    Das ist der richtige Weg, dachte Ann Kathrin. Ich muss mit
ihm über Frank reden. Dann schafft er es nicht, mich umzubringen. Bring das Gespräch auf ganz normale Dinge. So ein Mord gehört nicht in die Normalität des Alltags.
    »Wir wollen gerne einen neuen Malkurs bei dir besuchen. Ich glaube, du hast in Frank auch die Leidenschaft erweckt. Im Moment malt er am liebsten Fischbrötchen oder Angler. Aber … «
    Er versank in sich selbst. Sein Blick ging ins Leere.
    Wenn ich nur wüsste, welchen Film er gerade sieht, dachte sie. Sie fühlte sich jetzt viel besser als vorher. Sie war dabei, die Handlungsführung zurückzugewinnen. Welchen Plan er auch immer hatte, sie würde ihn durchkreuzen.
    Du bist ihm überlegen. Er ist verrückt. Du bist es nicht. Du kannst klar und logisch denken.
    Er kam auf sie zu, bewegte sich mit ganz kleinen Schritten, fast schlurfend, wie in Zeitlupe, wie jemand, der unter starken Medikamenten steht.
    Er nahm ihre rechte Hand und begann, die Fesseln zu lösen. »Ich werde dir mal was zeigen«, sagte er.
    Du schaffst es, dachte Ann Kathrin. Du schaffst es. Du quatschst dich hier raus. Wenn deine Hände erst frei sind, kannst du kämpfen.
    Sie war zwar immer noch benommen von dem Medikament, das er ihr eingeflößt hatte, doch sie spürte, wie Adrenalin durch ihre Adern schoss. Ich habe ein hervorragende Judo- und Karateausbildung, sagte sie sich. Geistig traf sie bereits mit der rechten Faust sein Nasenbein, schmetterte ihm die linke gegen die Schläfe und nahm ihn dann in einen Würgegriff.
    Er musste geschickt im Knoten binden sein, denn schon war ihre rechte Hand frei. Es musste einer dieser Seemannsknoten sein. Je mehr sie zog, umso fester wurde er. Aber es war möglich, ihn mit einem geschickten Griff zu lösen.
    Er ging um die Liege herum zur anderen Seite, schob das Beistelltischchen eine Armlänge weg und löste auch die Fesseln der
linken Hand. Dann gab er ihr eine nach Kokos duftende Creme, darauf stand Coconut-Bodybutter.
    »Reib dir damit die Handgelenke ein«, sagte er. »Die Haut ist rau geworden. Du darfst dich nicht so viel bewegen, wenn du gefesselt bist.«
    Ja, danke, das werd ich mir merken, du blödes Arschloch, dachte sie, öffnete die Dose und begann sich brav einzureiben. Er beugte sich zu ihrem rechten Fuß, um die Schlaufe dort zu lösen. Sie wog ab, was dafür sprach, ihm jetzt sofort mit einem Schlag das Genick zu brechen oder ob sie lieber abwarten sollte, bis beide Füße frei waren. Sie zögerte einen Moment zu lange. Er sah ihr Spiegelbild in der Scheibe, als sie sich aufrichtete und zum Schlag ausholte. Er tauchte darunter weg, sprang vor die Liege, zog eine kleine Beretta Damenpistole Kaliber. 22 und richtete sie auf Ann Kathrins Brust. Mit der Zunge schnalzend, schüttelte er den Kopf, als würde er zu einem ungezogenen Kind sprechen.
    »Dachte ich mir doch, dass du ein böses Mädchen bist. Es täte mir leid, wenn ich deinen schönen Körper durchlöchern müsste, dann würdest auch du für mein nächstes Kunstwerk unbrauchbar. Du bist sowieso schon eine Notlösung.«
    »So?«, fauchte sie zurück. »Was stimmte denn mit Christina Diebold nicht?«
    »Du hast nichts begriffen«, sagte er. »Gar nichts. Sie hat sich gewehrt. Ihre Haut wurde zerstört. Ich male nichts Hässliches. Nur die Zerstörung von etwas Wunderschönem lohnt sich im künstlerischen Prozess.«
    Sie saß aufrecht auf dem Wachstuch. Ihre Füße waren

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