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OstfriesenKiller

OstfriesenKiller

Titel: OstfriesenKiller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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und Rupert sahen für Richter Jaspers aus wie die zu Leben erweckten Bestätigungen der Theorie seiner Tochter. Sie schleppten hier einen Verdächtigen nach dem anderen an. Dass Jaspers kurz vorher Georg Kohlhammer entlassen musste, weil nicht genügend Beweise gegen ihn vorlagen, war schon die halbe Fahrkarte für Tim Gerlach.
    »Alles, was Sie hier vorbringen, sind nette Theorien«, sagte Richter Jaspers. »Aber wie wäre es mit Beweisen? Bringen Sie mir Indizien. Fingerabdrücke. Gewebespuren. Irgendetwas Überprüfbares. Herr Gerlach hat sich möglicherweise Frau Kleine nicht aus den edelsten Motiven genähert. Aber wir suchen hier keinen Heiratsschwindler, sondern einen Serienkiller.«
    Genau wie seine Tochter vermutete Sigurd Jaspers den Mörder eher im rechten Milieu. Das sagte er aber nicht laut, weil er sich jeder Vermutung enthalten musste.
    Trotzdem blieb ein ungutes Gefühl bei ihm zurück. Dieser Tim Gerlach war ihm in seinem Auftreten eine Spur zu unschuldig, zu empört über seine Festnahme. Seine Preise als Bogenschütze in einem Verein waren für den Richter ein geradezu lächerliches Argument. Sollte man jetzt alle organisierten Bogenschützen Ostfrieslands festnehmen? Wahrscheinlich war der Mörder doch eher ein Einzelgänger, der zu Hause heimlich im Keller übte. Wer an offiziellen Meisterschaften teilnahm, würde für einen Mord doch wohl eine andere Tatwaffe wählen, es sei denn, er wäre völlig verrückt und wollte gerne überführt werden.
    Er wusste, dass jede seiner Entscheidungen in der Presse ausführlich kommentiert werden würde. Er würde nur einen Haftbefehl unterschreiben: und zwar den für den richtigen Mörder.
    Natürlich bestand immer die Gefahr, dass ein Schuldiger wieder laufengelassen wurde. Aber viel größer war für ihn das Risiko, jemanden in U-Haft zu nehmen und ihn dann entlassen zu müssen, weil das Morden weiterging. Dann würde ihm der Polizeiapparat vorwerfen, er habe die Aufmerksamkeit abgelenkt, weil alle dachten, der Fall sei bereits erledigt. Das hatte er ganz zu Beginn seiner Karriere erlebt. So eine Erfahrung sollte sich auf keinen Fall wiederholen.
    Rupert war kurz davor, seinen Dienst zu quittieren, als er das Gerichtsgebäude verließ. Weller fragte sich, ob er schon wieder Ann Kathrin Klaasen informieren müsste. Er kam sich vor wie der letzte Versager. Ausgebremst und fast zur Handlungsunfähigkeit verdammt.
    Er konnte sich gut vorstellen, wie Ann auf die Nachricht reagieren würde. Natürlich hätte sie das alles viel besser gemacht, und wenn sie nicht beurlaubt worden wäre, säße Tim Gerlach längst hinter Schloss und Riegel.
    Weller wollte die zweite Niederlage nicht gern vor ihr zugeben. Vielleicht tun wir Gerlach ja wirklich unrecht, dachte er. Haben wir etwas übersehen?
    Rupert griff sich ins Kreuz und bog sich nach hinten durch. Er fühlte sich urlaubsreif und hätte jetzt gerne mit Ann Kathrin Klaasen getauscht. Wenn alles schiefging, bekam er im unteren Bereich der Lendenwirbelsäule Schwierigkeiten. Es begann mit einem dumpfen Gefühl, wuchs sich aber bald zu einem beißenden Schmerz aus, der ihn fast bewegungsunfähig machte. Er kannte das. Er wusste genau, wie es weitergehen würde. Es gab nur eine Möglichkeit, das zu stoppen: Erfolg. Ja, verdammt nochmal, er brauchte jetzt einen Erfolg, oder als Nächstes käme der Krankenschein.
     
    Ludwig suchte Sylvia an allen bekannten Orten: In der Villa Kunterbunt traf er sie nicht an. Ihr Lieblingsplatz am Deich bei Diekster Köken, wo sie so gerne Pfannekuchen aß, war leer. Dann ging er zum Utkiek, wo sie bei schlechtem Wetter gerne Tee trank und aufs Meer sah. Hier konnte sie, wenn die Wolken tief hingen, Mama und Papa sprechen hören, behauptete sie. Manchmal erkannte sie ihre Gesichter in besonderen Wolkenkonstellationen wieder.
    Sylvia war auch nicht im ältesten Gebäude der Stadt Norden, bei ihrem Lieblingsitaliener im Vesuvio.
    Im Regenbogen-Freizeitheim spielten Rainer Kohlhammer und Tamara Pawlow Tischtennis, aber auch die beiden hatten keine Ahnung, wo Sylvia sich derzeit aufhielt.
    Langsam wurde Ludwig panisch. Er musste sie finden und ihr diese eine Frage stellen. War es wirklich möglich, dass sie …?
    Ludwig fuhr zu den Reitställen und zur Pferdewiese. Dann versuchte er es noch einmal in der Villa Kunterbunt.
    Im Haus war es dunkel, aber hinten auf der Terrasse brannte jetzt Licht. Er konnte es an den erleuchteten Baumkronen erkennen. Er hörte ein quietschendes Geräusch. Etwas

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