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Ostseefluch

Titel: Ostseefluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Almstädt
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Judith noch länger dort geblieben wäre, wäre das alles vielleicht nicht passiert.«
    »Bei Ebels Entschlossenheit ist das eher unwahrscheinlich. Er wäre einfach ein anderes Mal wiedergekommen«, sagte Rist.
    »Das erklärt immer noch nicht, warum Judith Ingwers die kleine Zoe entführt hat«, beharrte Broders.
    »Ich glaube nicht, dass sie eine Entführung geplant hatte. Und Gott sei Dank muss ich das auch nicht entscheiden«, setzte Pia hinzu. »Ich stelle mir das so vor: Judith Ingwers hat das kleine Mädchen morgens am Tor von Mordkuhlen gesehen. Allein. Nicht weit von der Stelle entfernt, an dem ihre eigene Tochter erschlagen worden ist. Zoe sieht Milena, wie sie als Kind ausschaute, ziemlich ähnlich. Judith hat sie angesprochen. Ich war bei Judith Ingwers’ Vernehmung dabei. Sie beteuerte, dass sie das Mädchen retten wollte. Deshalb habe sie Zoe zu sich ins Auto einsteigen lassen. Sie ist mit ihr zu sich nach Hause gefahren, hat ihr Süßigkeiten gegeben und alte Spielsachen von Milena – darunter die Stoffpuppe, mit der wir sie dann gefunden haben. Judith Ingwers hat der Kleinen Zöpfe geflochten wie früher ihrer Tochter ...«
    »Was guckst du so komisch, Pia?«, fragte Broders, der das Mienenspiel seiner Kollegin beobachtet hatte.
    »Mir ist eingefallen, was mich irritiert hat, als wir Zoe gefunden haben. Ihre Frisur, die strammen Zöpfe und diese altmodischen Marienkäfer-Haarspangen. Das sah weder nach Irma Seibels noch nach Rudolf Ingwers’ Werk aus. Das konnte eigentlich nur Judith Ingwers getan haben. Weißt du noch, Broders, dass sie uns gegenüber Zoe sogar einmal als ›schmuddelig und ungekämmt‹ bezeichnet hat? Und als sie die Kleine dann bei sich hatte, hat sie sie so umsorgt wie ihre eigene Tochter damals.«
    »Und dann hat sie das Mädchen mal eben mit ihrem eigenen Schlafmittel betäubt«, ergänzte Rist zynisch .
    » Der Hausarzt hat Judith Ingwers nach dem Mord an ihrer Tochter bestimmt mit Beruhigungs- und Schlafmitteln aller Art versorgt.«
    » Aber wie kam Rudolf Ingwers ins Spiel?«, wollte Broders wissen.
    »Er war im Betrieb, als seine Frau Zoe bei sich zu Hause hatte. Ingwers sagte, er habe an dem Tag mehrmals mit seiner Frau telefoniert und irgendwann gemerkt, dass etwas mit ihr nicht stimmt. Seine Frau war angeblich abwechselnd euphorisch und zutiefst besorgt. Sie hat ihm gegenüber zwar bestritten, etwas mit Zoes Verschwinden zu tun zu haben, aber sie hat nach mehrmaligem Nachfragen erzählt, dass sie nachmittags in der leer stehenden Gärtnerei gewesen ist. Er fand das so seltsam, dass er nach der Arbeit dort nachsehen wollte.«
    »So ein Idiot. Wenn er seine Frau verdächtigt hat, etwas mit der Kindesentführung zu tun zu haben, hätte er es sofort der Polizei melden müssen. Aber Vertuschung scheint eine der Lieblingsbeschäftigungen der Ingwers zu sein«, sagte Rist verächtlich.
    »Ist die Tatwaffe eigentlich schon aufgetaucht?«, erkundigte sich Pia.
    »Die Taucher haben sie bei ihrer Suche nach Zoe Seibel gefunden. Eine gewöhnliche Gartenhacke, die Milena wohl zur Bodenbearbeitung benutzen wollte. Jesko Ebel hat sie nach der Tat in einen kleinen Teich in der Nähe von Mordkuhlen geworfen.«
    »Warum haben wir die nicht schon eher entdeckt?«
    »Sie lag knapp außerhalb des Radius, in dem wir nach ihr gesucht haben.« Rists Antwort klang sachlich, doch Pia glaubte, Schadenfreude in seinen Augen aufblitzen zu sehen. Den Suchradius hatte Gabler festgelegt. Broders räusperte sich, kommentierte diesen Aspekt der Ermittlungsarbeit aber nicht.
    Pia sah kurz aus dem Fenster, zögerte erst, aber sie musste es einfach ansprechen. Gut möglich, dass sie an ihrem freien Tag etwas verpasst hatte. »Das dritte Kind der Bolts, das, das den Mordanschlag überlebt hat, war also wirklich der Kammerjäger Hauke Andersen, oder?«
    »Ja. Sein Name wurde geändert, damit er nicht sein Leben lang mit dem Mordfall in Verbindung gebracht wird. Aber Jesko Ebel hatte herausgefunden, wer er ist.«
    »Warum haben wir es dann erst so spät erfahren?«
    »Das Jugendamt hat die alten Unterlagen über den Fall Bolt nicht sofort gefunden«, meinte Manfred Rist, ohne Pia anzusehen.
    »Sagt jedenfalls Juliane«, ergänzte Broders.
    »Na ja, es hätte wahrscheinlich auch nichts geändert, wenn wir früher informiert gewesen wären.« Pia dachte an Hauke Andersens Auftauchen vor ihrer Tür. Und an das, was danach passiert war. Es würde Zeit brauchen, bis sie sich in ihrer Wohnung wieder vollkommen

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