Ostseegrab
es noch ein paar Dinge zu erledigen.
Olli lag im Alkovenbett seines Wohnmobils und presste sich die Fäuste auf die geschlossenen Augen. Die Sonne schien durch die offene Dachluke. Eigentlich liebte er es, von Sonnenlicht geweckt zu werden, doch heute schmerzte es, wie ein Messer in seinem Kopf. Er hatte einen entsetzlichen Kater. Olli rollte sich auf die Seite. Seine Arme suchten nach ihr, vergeblich. Sie war weg. Er war ganz allein. Natürlich, dachte er. Sarah war nicht mehr da. Sein Herz zog sich für ein paar Sekunden zusammen und in seinen Augen brannten Tränen der Wut, wenn er an den gestrigen Abend dachte. Warum hatte sie das getan? Er hatte sie wirklich geliebt und er war vorher lange nicht mehr verliebt gewesen. Sarah war am Abend zu ihm ins Wohnmobil gekommen. Er hatte bereits auf sie gewartet und eine gute Flasche Rotwein entkorkt. Doch sie wollte keinen Wein, sie wollte sich nicht einmal setzen. Sie war in der offenen Tür stehen geblieben und hatte Schluss gemacht. Sie könne eben nicht mehr mit ihm zusammen sein, hatte sie gemeint. Erst hatte er gedacht, er habe sie falsch verstanden, dann glaubte er an einen schlechten Scherz. Er solle kein Drama daraus machen, hatte sie kalt erwidert. Er hatte zwei Gläser eingeschenkt und sie gebeten, zu bleiben und mit ihm zu reden. Er hatte doch nur wissen wollen, warum? Er hatte sie regelrecht angefleht. Sie würde sich freuen, wenn sie Freunde blieben und er ihr weiter beim Training helfen könnte. Sie hatte noch leise ›sorry‹ gemurmelt und war dann in die Nacht verschwunden. Er hatte eine Flasche Whisky geöffnet und den Abend mit Jack Daniels verbracht. Olli konnte sich nicht mehr erinnern, wann und wie er ins Bett gekommen war. Es war lange her, dass er sich bis zum Filmriss besoffen hatte. Mit zittrigen Beinen stieg er die Leiter hinunter. Es musste noch verdammt früh sein, aber an Schlaf war gar nicht mehr zu denken. Er stellte einen Topf mit Wasser auf den Gasherd, bevor er ins Bad ging. Die kalte Dusche hatte nicht den gewünschten Effekt. Er fühlte sich noch immer furchtbar und die Kopfschmerzen hatten auch nicht nachgelassen. Das Wasser war fast verkocht, als er wieder an den Herd kam. Olli goss den Rest in einen Becher und rührte löslichen Kaffee dazu. Dann öffnete er die Tür und setzte sich auf die Treppe. Der Himmel war strahlend blau und der Wind perfekt. Sarah mochte dieses Wetter genauso sehr wie er. Es würden wieder unzählige gut gelaunte Surfer durch die Wellen jagen. Olli campierte schon seit Saisonbeginn auf der großen Wiese. An den Wochenenden hatte er immer jede Menge Nachbarn. Auch in dieser Nacht waren noch ein paar Busse und Wohnmobile gekommen, doch es war noch keine Menschenseele wach. Die berühmte Ruhe vor dem Sturm, dachte er. In ein paar Stunden würde in der Bucht die Hölle los sein. Seit ein paar Jahren arbeitete Olli in den Sommermonaten als Kite- und Surflehrer für Hanjo. Schon als kleiner Junge hatte er jede freie Minute hier verbracht. Heute wünschte er sich zum ersten Mal weit weg. Der Kaffee schmeckte bitter, doch Olli zwang sich, ihn trotzdem zu trinken. Wie sollte er den Tag durchstehen? Sein Leben hatte sich über Nacht geändert. Er fühlte sich genauso elend, wie vor vielen Jahren. Damals war er am Ende gewesen und seine erste Liebe tot.
Stefan zündete sich die nächste Zigarette an. Sein Hals kratzte bereits. Sophie machte ihn aggressiv. Als er Tina damals kennengelernt hatte, hatte er sich wirklich bemüht, zu Sophie ein freundschaftliches Verhältnis aufzubauen. Doch diese arrogante Ziege hatte ihn immer von oben herab behandelt. Sophie war einfach oberflächlich und karrieregeil. Sie hatte ja nicht mal davor zurückgeschreckt, als Polizeireporterin zu arbeiten. Stefan hasste diese Blutsauger, die sich mit ihren Kameras auf Unfallopfer, Zeugen und Leichen stürzten. Sie waren wie Aasgeier. Jede Katastrophe machte sie glücklich und satt. Während er versuchte, das Böse zu bekämpfen, hofften sie auf eine fette Story. Je grausamer das Verbrechen, desto größer die Schlagzeile. Stefan drückte die halb gerauchte Zigarette im vollen Aschenbecher aus. Mehrere Kippen fielen dabei auf den Boden. Auch wenn Sophie schon lange nicht mehr in diesem Metier arbeitete, blieb sie in seinen Augen eine Leichenfledderin. Sie hatte den Opfern das Letzte genommen, die Ehre. War er ungerecht? Seine Frau wirkte so glücklich über den Besuch. Sophie war nun einmal ihre Freundin und Tina hatte ein bisschen
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