Ostseegrab
den Bach runter gehen. Die Glocke bimmelte. Ein Gast. Hanjo ging langsam in die Gaststube. Clara und Kalle saßen immer noch am Ecktisch. Sie waren in ihr Gespräch vertieft. Nein, sie stritten sich leise, wunderte sich Hanjo. Plötzlich stand ein brauner Labrador vor ihm. Der Hund leckte ihm kurz die Hand und kümmerte sich dann um die Krümel, die auf dem Boden lagen. Sein hübsches Frauchen setzte sich an einen Tisch. »Sie haben aber einen netten Hund. Er übernimmt das Staubsaugen für mich.« Hanjo lächelte und klopfte Pelles Rücken.
»Ja, das macht er sehr gern! Er säubert ruck, zuck den gesamten Boden und wenn er darf, macht er in der Küche weiter.«
Was für ein nettes Mädchen, dachte er. Warum kam sie ihm nur bekannt vor? Hanjo erinnerte sich plötzlich. Sie war am Morgen auch am Strand gewesen. Davor hatte er sie noch nie gesehen, da war er sich sicher. »Was darf ich Ihnen denn bringen?«
»Eine starke Tasse Kaffee wäre wundervoll!«
Sie hatte eine angenehme Stimme.
»Und da ist noch was.«
Hanjo sah sie erwartungsvoll an.
»Es ist mir ein bisschen peinlich. Ich weiß von der ertrunkenen Frau und da ist es wahrscheinlich nicht der passende Moment, aber ich habe nicht so lange Urlaub.«
»Worum geht es denn?«
»Ich würde gerne einen Kite-Schnupperkurs machen, falls das im Moment überhaupt möglich ist.«
Hanjo nickte und atmete tief durch. »Ja, ein furchtbarer Unfall. Natürlich sind wir alle sehr betroffen. Heute finden deshalb auch keine Kurse statt. Sarah war eine der Favoritinnen bei den Deutschen Meisterschaften. Olli, einer unserer Surflehrer, hat ihr beim Training geholfen. Ich glaube, er mochte sie sehr. Furchtbar, so was! Morgen wird aber alles wieder normal weitergehen. So schrecklich die Sache auch ist, wir sind trotzdem auf Schüler angewiesen. Der schnöde Mammon eben.« Sie nickte verständnisvoll. »Hinter dem Bistro steht so ein Gartenhäuschen. Es ist gewissermaßen das Büro der beiden Surflehrer. Ben müsste da sein. Er kann Ihnen sagen, ob noch ein Platz frei ist.«
»Vielleicht ist es doch besser, ich warte bis morgen!«
»Aber nein, das ist völlig in Ordnung! Und nun hole ich Ihren Kaffee.«
Hanjo ging in die Küche. Er war erleichtert, dass sich noch Gäste für die Schule interessierten. Er schenkte eine Tasse voll und legte einen Keks dazu. Es waren nicht mehr viele Kekse da. Freyas Vorräte neigten sich dem Ende zu. Bald würde er welche kaufen müssen. Er musste nach vorne blicken. Was geschehen war, war geschehen und wenn er jetzt aufgab, würde er nie wieder glücklich werden.
Sophie zahlte ihren Kaffee und verließ das Bistro. Pelle trottete zufrieden neben ihr her und leckte sich noch immer das Maul. »Du bist ein Fresssack!«, lachte sie. »Wie viel hat dein neuer Freund dir eigentlich ins Maul gestopft?« Sophie klopfte ihm den Rücken und steuerte das Gartenhaus an. Selbst wenn sie gar nicht vorgehabt hätte zu schnüffeln, wären ihr die Informationen nur so zugeflogen. Sie wusste jetzt, dass die Tote Sarah hieß und eine erfolgreiche Sportlerin gewesen war. Es konnte nicht schwer sein, auch den Nachnamen herauszubekommen. Noch interessanter war die Tatsache, dass dieser Olli sie angeblich sehr gemocht hatte. »Weißt du, Pelle, ich werde das Schicksal entscheiden lassen. Ich melde mich einfach nur zum Schnupperkurs an und halte Augen und Ohren offen. Wenn ich zufällig etwas erfahren sollte, dann ist es doch nur meine Pflicht, am Ball zu bleiben«, überlegte Sophie laut. Pelle hörte gar nicht mehr zu. Er rannte begeistert einem Kaninchen hinterher. Sophie erreichte die Hütte in dem Moment, als ein unverschämt gut aussehender Typ vor die Tür trat. Er trug ein Kiteboard unter dem Arm und erfüllte alle Klischees: braun gebrannt, blonde Locken, lässige Shorts. Ein Surfer wie aus einem Werbespot. Sophie konzentrierte sich auf ihren eigentlichen Plan. »Hey, bist du Ben?«
»Ja.« Ben warf ihr einen flüchtigen Blick zu. Seine Augen waren unbeschreiblich türkis und erinnerten sie an einen Swimmingpool.
»Hallo! Ich bin Sophie. Ich wollte mich für den Schnupperkurs anmelden. Ich hatte die Hoffnung, ich könnte heute noch durchstarten, aber der nette Herr aus dem Bistro meinte ...«
»Morgen um 10!«, fiel Ben ihr schroff ins Wort und ging mit dem Board auf einen der Schuppen zu. Sophie schnappte nach Luft. Wie sollte sie jetzt weiter vorgehen? Pelle kam ihr zur Hilfe. Er rannte zu Ben und sprang an ihm hoch.
»Hey, wer bist denn du? Du
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