Ostseegrab
wirfst mich ja noch um!«
»Das ist Pelle und er kann nicht sprechen«, konterte sie eine Spur zu zickig.
»Nicht?« Ben grinste verschmitzt. »Hat dein Frauchen einen schlechten Tag?«
»Nein, Frauchen ist total gut gelaunt! Bis morgen!«
»Hey, jetzt warte doch! Sorry, ich wollte nicht unhöflich sein, aber wir sind hier alle etwas daneben heute«, erklärte Ben und zögerte kurz. »Eine Bekannte von uns ist in der Nacht ertrunken.«
»Das tut mir leid.«
»Du willst einen Schnupperkurs machen?«
Sophie nickte.
»Surfen oder Kiten?«
»Kiten.«
Ben fuhr sich durch das Haar und nickte. »Kein Problem. Der Kurs beginnt morgen um 10. Wie war noch mal dein Name? Ach ja, Sophie.«
Sophie verabschiedete sich knapp und rief Pelle zu sich. Gemeinsam stiegen sie über die Holztreppe auf den Deich. Sie spürte, dass Ben ihr nachsah. Grinsend erinnerte sie sich, dass Stefan zwei Vorschläge gemacht hatte. Wenn es mit dem Kiten nicht klappen würde, könnte sie über den anderen nachdenken. Plötzlich piepte ihr Handy. Eine SMS. Felix? Wieso glaubte sie immer noch, dass Felix sich bei ihr melden würde? Nervös klappte sie ihr Telefon auf. Die Nachricht war von Lutz: ›Hämatome auf dem Oberkörper, Obduktion wurde angeordnet. Ruf mich nicht an.‹
Olli drehte das kalte Wasser auf und ließ die kleine Badewanne volllaufen. Er fühlte sich furchtbar. Der Cognac war keine gute Idee gewesen. Noch schlimmer war, dass er Ben rausgeschmissen hatte. Wenn er so weitermachte, war er bald auch seinen besten Kumpel los. Er hatte sich wie ein Arschloch benommen. Er musste endlich wieder klar denken können. Hoffentlich würde ein kaltes Bad ihn wieder auf die Beine bringen. Olli ließ sich in die Wanne plumpsen. Das kalte Wasser nahm ihm für ein paar Sekunden den Atem. Olli zählte langsam bis 100. Dann sprang er auf. Seine Haut kribbelte und er fühlte sich tatsächlich besser. Die Schocktherapie hatte gewirkt. Nur ein Gedanke quälte ihn. Hatte sie gefroren? Er konnte jetzt nicht weiter darüber nachdenken, sonst würde er verrückt werden. Er wickelte sich ein Handtuch um die Hüfte und sah sich in seinem Wohnmobil um. In nicht mal 24 Stunden hatte er sein Heim in eine Müllhalde verwandelt. Er zog sich schnell an und öffnete alle Fenster. Dann suchte er sich eine große Plastiktüte und sammelte die Flaschen und Kippen ein. Das Aufräumen tat ihm gut. Sich selbst würde er nicht so einfach wieder in Ordnung bringen können, das war ihm klar. Sarah hatte ihn fallen lassen wie eine heiße Kartoffel. Warum trauerte er ihr trotzdem nach? Er musste nach vorne blicken. Und dazu gehörte auch, dass er seinen Job machte. Jeder würde verstehen, dass er heute nicht unterrichten konnte, aber er musste zumindest anwesend sein. Es wäre nicht fair, Ben in dieser Situation hängen zu lassen. Entschlossen verließ Olli sein Wohnmobil und lief zur Hütte. Ben stand davor und sah einer hübschen Blondine nach. »Wer war das denn?«
Ben zuckte zusammen. »Ich hab dich gar nicht kommen hören.«
»Warst wohl anderweitig beschäftigt.«
»Ich habe heute gar nicht mit dir gerechnet.« Ben sah ihn besorgt an. »Geht es dir besser?«
»Nein, aber wenn ich noch länger in meinem Wohnmobil sitze, drehe ich durch.« Ben nickte. »Und wer war die Blondine da eben?«
»Nicht schlecht, oder?«, grinste Ben. »Tja, du Glücklicher! Die macht morgen bei dir einen Kitekurs.«
Olli zuckte zusammen. »Sarah ist erst ein paar Stunden tot.«
»Scheiße.« Ben biss sich auf die Unterlippe. »Das war dumm und gedankenlos. Ich bin ein Idiot.«
»Schon gut. Sorry, dass ich vorhin so ätzend war, aber ich bin von der Rolle.«
»Da kommt Clara!«, rief Ben erstaunt. »Die hat mir jetzt noch gefehlt.«
Olli versuchte zu erkennen, in welcher Verfassung sie war. War sie betroffen, dass eine Kollegin ertrunken war, oder erleichtert, dass es eine Konkurrentin getroffen hatte?
»Hallo, Jungs!«, grüßte sie ironisch. »Ist das Wetter nicht perfekt?« Clara trug einen Neoprenanzug und hatte ihr Trapez in der Hand.
»Du willst aufs Wasser?« Olli sah sie fragend an.
»Warum nicht?«, erwiderte sie gereizt. »Ich werde nicht vortäuschen, dass Sarahs Tod mich besonders betroffen macht. Schließlich waren wir alles andere als Freundinnen. Warum musste die dumme Kuh auch nachts raus?«
»Sag mal, kannst du nicht ein bisschen netter sein? Wir haben sie gemocht. Olli geht es beschissen.«
»War es denn was Ernstes? Ich dachte, du hast sie nur trainiert
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