Ostseegrab
genau die Therapie, die sie brauchte, eine Art Powerablenkung. Und dann gab es ja noch etwas, um das sie sich zu kümmern hatte. Das Geheimnis der Toten vom Strand.
Ben landete seinen Schirm sanft am Strand und ging schnell an Land, um ihn mit Sand zu beschweren, damit er vom Wind nicht fortgerissen werden konnte. Die Blondine war immer noch da, wunderte er sich. Olli und Clara waren jetzt ebenfalls dabei, ihre Kites zu fixieren.
»Was hab ich euch gesagt?«, fragte Clara grinsend. »War doch ne gute Idee aufs Wasser zu gehen, oder? Ihr solltet der armen Sarah für den freien Tag dankbar sein!«
Ben sah sie wütend an. »Es reicht!«, zischte er böse.
Clara zog sich eine Sweatshirtjacke über und fröstelte. »Habs nicht so gemeint! Ich halt jetzt meine Klappe.«
Er sah Clara tief in die Augen. Seine Lippen formten einen stummen Satz. »Ich warne dich!«
Clara hatte ihn verstanden. Jedes Fünkchen Sarkasmus wich aus ihrem Gesicht. Sie packte ihren Kram zusammen und ging, ohne sich zu verabschieden. Clara würde Olli nicht auch noch wehtun. Darauf konnte er sich verlassen.
»Sie hat tatsächlich nichts mehr gesagt«, stellte Olli verwundert fest. »Bist du soweit?«
Ben nickte. Zusammen brachten sie ihre Ausrüstung zurück in die Schuppen. »Noch ein Bierchen am Strand?«
Olli schüttelte den Kopf. »Ich hatte wirklich genug! Ich hau mich hin, guck noch ein bisschen Fernsehen oder so. Ich ... ich muss ein bisschen allein sein. Wir sehen uns morgen.«
Ben nickte und öffnete den Kühlschrank. Dann würde er sich eben allein noch ein Bier gönnen. Plötzlich hatte er eine Idee. Er griff ein zweites Bier und ging an den Strand. Der braune Labrador kaute an einem Stück angeschwemmtem Holz. Als er Ben sah, sprang er begeistert auf ihn zu. »Kümmert sich dein Frauchen nicht um dich?«, fragte Ben übertrieben besorgt. Der Hund bellte zustimmend. Ben lachte und ging zu Sophie. Sie schlief. Er sah sie eine Weile an. Sie war wirklich verdammt sexy. Ben räusperte sich. Sophie rieb sich müde die Augen und sah ihn verwirrt an. »Ich dachte, du könntest ein Bier vertragen! So ganz allein«, sagte Ben grinsend.
Sie setzte sich auf und gähnte. »Ich bin nicht allein. Ich habe Pelle.«
»Der sich um dieses Stück Holz da kümmert, anstatt auf Frauchen aufzupassen!« Er reichte ihr die Flasche und ließ sich in den warmen Sand fallen. Sie tranken schweigend ein paar Schlucke.
»Ich habe euch zugesehen«, erklärte sie, als müsste sie sich rechtfertigen. »Beeindruckend!«
»So beeindruckend, dass du gleich weggepennt bist?«
»Es ist doch mein erster Urlaubstag. Und ich bin ein gestresstes Mädchen.«
»Gestresstes Mädchen?« Ben grinste. »Und wovon ist das arme Mädchen so gestresst?«
»Von der Arbeit, Beachboy!«
»Beachboy? Drollig! Aber mal im Ernst, was machst du? Wo kommst du her? Oder wie wir hier sagen, wo bist du denn wech?«
Sophie lachte und kraulte ihrem Hund das Ohr. »Aus Hamburg. Ich bin Journalistin.«
»Und du schreibst mit großer Begeisterung über die Schönheit der Ostsee. Oder über Krabben? Schafe?« Plötzlich zuckte er zusammen. Sie war gestern auch am Strand gewesen, zusammen mit der Polizei. »Nicht über Wasserleichen, oder?«
»Wasserleichen? Nein, ich schreibe hier gar nichts. Ich mache Urlaub bei einer Freundin. Und ich habe mir vorgenommen, mal richtig sportlich zu sein.«
»Klar! Schlafen am Strand ist immer noch die effektivste Methode, Kondition und Muskeln zu trainieren.« Sie lächelte zustimmend. »Und deine Freundin?«, fragte Ben weiter. »Macht die auch mit bei dem Kurs?«
Sophie lachte gurrend. Ihm gefiel dieses Lachen. Es war warm und kam von Herzen. »Sie hat drei kleine Kinder. Ihr jüngster Sohn ist gerade vier Monate alt.«
»Dann hat sie wohl keine Zeit!«
»Nein!« Sophie lachte noch immer. »Außerdem ist sie fit wie ein Turnschuh. Sie kann gleichzeitig Essen kochen, Streit schlichten, das Haus renovieren, Windeln wechseln, eine tolle Freundin sein und noch so sieben Dinge mehr.«
»Warum hat sie keine eigene Show in Las Vegas?«
»Gute Frage! Ich glaube, die Konkurrenz ist ziemlich groß. Und du? Bist du von hier?«
»Ursprünglich ja.« Er wurde wieder ernst. »Ich war zwischendurch vier Jahre weg. Bin erst seit ein paar Monaten zurück.«
»Und wo warst du?«
Eigentlich sprach er nicht über seine Vergangenheit. »Ich habe auf Phuket in einer Surfschule gearbeitet. Na ja, und nun bin ich wieder hier.«
»Phuket! Wie bist du denn da
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