Ostseegrab
gedankenverloren. Sie war lange genug mit einem Polizisten verheiratet. Eine Obduktion wurde nicht aus Jux gemacht. Die Frau war vielleicht doch ermordet worden.
Sophie richtete zwei Teller an und stellte sie zusammen mit Weißwein und Wasser auf ein Tablett. Tina stand auf der Terrasse und starrte in den Himmel. Das Telefon hielt sie mit beiden Händen vor der Brust. »Alles in Ordnung?«
Tina zuckte zusammen. »Was? Ja, alles bestens! Es war Stefan. Er bleibt über Nacht in Lübeck.«
Sophie stellte die Teller auf den Tisch und goss den Wein ein. »Jetzt setz dich doch.«
»Nicht, bevor du mir verraten hast, was du meinen Kindern angedroht hast!«
»Angedroht?« Tina nickte. »Ich soll dir meinen Geheimdeal verraten?«, lachte Sophie. »Ich bin zu hungrig, um Spielchen zu spielen. Antonia darf Pelle morgen Abend mit dem Gartenschlauch duschen und Paul darf das Hundefutter in seinen Napf füllen.«
»Das ist alles? Du hast keinen Gameboy versprochen oder ein Sattessen bei McDonalds?« Sophie schüttelte den Kopf und zuckte mit den Schultern. »Jetzt komm, sonst wird alles kalt.«
Sie machten sich hungrig über das Essen her und vermieden es, über den Streit vom Mittag oder die Tote zu sprechen.
»Der Kartoffelsalat war der Hammer!«, schwärmte Sophie, nachdem sie alles aufgegessen hatten. Sie streckte ihre langen Beine unter den Tisch und zündete sich eine Zigarette an. »Wenn ich jemals heirate und Kinder habe, brauch ich das Rezept.«
Tina sah sie ernst an. »Vielleicht ist es ja ganz gut, dass wir heute allein sind«, sagte sie leise. »Sophie, ich muss immer daran denken. An den Artikel und an Felix. Was ist denn passiert? Willst du drüber reden.«
Sophie schloss einen Moment die Augen und nickte langsam.
» Wo soll ich denn anfangen? Wir waren auf Ibiza. Es war mal wieder so ein geklautes Wochenende. Ist ja auch egal. Da muss es passiert sein. Ich hatte vorher diese Erkältung und musste Antibiotika nehmen. Ich weiß auch, dass die Pille dann nicht mehr wirkt, aber wer denkt denn daran?« Sie atmete tief durch. »Na ja, nach zwei Monaten fiel mir auf, dass ich meine Tage nicht bekommen hatte. Ich schob es auf den Redaktionsstress. Dann musste ich plötzlich morgens kotzen und ich konnte keinen Zigarettenrauch mehr ab.«
Tina sprang fast aus dem Stuhl. »Schwanger?«
Sophie nickte traurig. »Ich habe es erst wirklich kapiert, als mein Frauenarzt mir bei einer Routineuntersuchung gratuliert hat.«
»Du hast es doch nicht etwa wegmachen lassen?«
Sophie sah sie empört an. »Natürlich nicht! Ich war nicht gerade sofort begeistert, um die Wahrheit zu sagen. Nach ein paar Tagen habe ich gemerkt, dass ich mich freue. Ich hatte Angst mit Felix zu sprechen, aber ich wusste, dass ich es tun muss.« Sophie schwieg kurz, um sich zu sammeln. »Ach Tina, ich weiß auch nicht, was ich erwartet habe. Sicher nicht, dass er vor Glück ausflippt und seine Familie verlässt, aber ... ich habe nicht erwartet, dass er so ein Arschloch ist.« Sie konnte die Tränen nicht länger zurückhalten. Tina sprang vom Stuhl und nahm sie in den Arm. Sophie schluchzte auf. »Er wollte, dass ich es abtreiben lasse! Wir haben uns schrecklich gestritten. Ich habe ihm gesagt, dass er mich kreuzweise kann, und dass ich das Baby auch ohne ihn bekomme. Er ist aufgesprungen und hat seine Jacke genommen. An der Tür hat er sich umgedreht und mich wissen lassen, dass ich erst wieder mit ihm rechnen könne, wenn ich nicht mehr schwanger wäre, ohne Nachwuchs natürlich. Ich hab ihm hinterhergebrüllt, dass er sich nie wieder blicken lassen soll. Und das wars.« Tina sah sie fassungslos an. »Ich hab die ganze Nacht geheult und gehofft, dass er anruft und sich entschuldigt. Dass er einfach durchgedreht ist, weil er einen Schock hatte oder so.« Sophie zündete sich mit zitternden Händen noch eine Zigarette an. »Als mir klar wurde, dass alles aus ist, habe ich mich zusammengerissen, für das Baby.« Sie schluchzte laut auf. »Aber dann waren da diese Blutungen. Im Krankenhaus dachte ich, ich will sterben. Als im Fernsehen dann ein Beitrag über Felix und sein perfektes Familienglück gesendet wurde, habe ich beschlossen, dass ich nicht die Einzige sein sollte, die leidet. Ich wollte mich rächen!«
13
Sonntag
Stefan und sein Kollege Robert Feller warteten im Sektionssaal des Rechtsmedizinischen Instituts darauf, dass Lutz Franck mit der Obduktion beginnen würde. Sie blickten wie versteinert auf das Gesicht der toten Frau
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