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Ostwind (German Edition)

Ostwind (German Edition)

Titel: Ostwind (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Wimmer
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Niemand hatte ihr etwas Genaues sagen wollen. Nach dem Gesichtsausdruck ihrer Mutter zu urteilen, schien ihr Weg aber direkt in ein stacheldrahtumzäuntes Straflager zu führen. Irgendetwas mit Tieren auf jeden Fall. Vielleicht eine Schweinefarm?
    Mika sah aus dem Fenster. Der Zug fuhr an endlosen Kieferwäldern vorbei über plattes Land. Nach einigen langweiligen Stunden wurde es hügeliger. Mika musste einmal umsteigen, dann hatte sie ihr Ziel erreicht: Einen Provinzbahnhof in ländlicher Idylle.
    Als Mika aus dem Zug kletterte, stand dort aber lediglich eine Kuh, um sie zu begrüßen. Sie machte: »Muuhh.«
    »Selber Muh«, sagte Mika und blickte sich um. Weit und breit war niemand zu sehen, nur weite Felder. Mika nahm ihr Handy aus der Tasche und fotografierte das Nichts mit der Kuh, oder vielmehr die Kuh mit dem Nichts, als sich ein Traktor näherte. Obenauf saß ein sympathisch aussehender Junge, nur wenig älter als Mika. »Hallo, ich bin Sam und du die Brandstifterin aus Frankfurt?«, fragte er zur Begrüßung und stoppte den Traktor. Auf seinem Gesicht zeigte sich ein breites Grinsen.
    »Kannst auch Mika zu mir sagen«, erwiderte Mika.
    Sam musterte Mika neugierig: Mit ihrer Sturmfrisur, den verwaschenen Jeans und den roten Turnschuhen sah sie nicht im Geringsten so aus, wie Sam es von Mädchen auf dem Land gewohnt war. Zumindest nicht von den Mädchen aus seiner näheren Umgebung.
    »Frau Kaltenbachs Enkelin«, sagte er schließlich und fügte hinzu: »Dich hab ich mir ganz anders vorgestellt.«
    »Ich hab mir meine Ferien auch ganz anders vorgestellt«, seufzte Mika.
    Sam sprang vom Traktor und hievte Mikas Rucksack hinauf. Beim Anblick ihres Kickboards sagte er: »Das kannst du hier eher vergessen«, und deutete auf den Schotterweg.
    »Abwarten«, erwiderte Mika und versuchte möglichst lässig auf den Traktor zu klettern.
    Als Sam ihn wieder anlassen wollte, knallte es laut. Mika zuckte vor Schreck zusammen. Dann ratterte der Motor los. Sam grinste zufrieden.
    »Nur die neuste Technik hier bei euch, was?«, bemerkte Mika.
    Im nächsten Moment machte der Traktor, wie zum Beweis, einen Satz nach vorn. Mika konnte sich gerade noch festhalten. Dann knatterten sie über eine staubige Straße los.
    Mika nahm ihr Handy in die Hand, um Fanny das Foto mit der Kuh zu schicken. »WILLKOMMEN IN DER PAMPA«, tippte sie. Aber dann bekam sie kein Netz. Genervt hielt Mika das Handy in alle Richtungen. Endlich blinkten kurz zwei Netzbalken auf und die Nachricht wurde gesendet.
    Als Mika wieder aufblickte, fuhren sie gerade an einem zur Laube umgebauten, efeubewachsenen Bauwagen vorbei, der auf einer ungemähten Wiese an einer Lichtung stand. Wer wohnt denn in so einer Hütte?, wunderte sich Mika und sah der merkwürdigen Behausung nach. Hoffentlich waren hier nicht alle Unterkünfte so!
    Aber da erreichte der Traktor schon eine große Allee, rechts und links lagen Wiesen und Weiden. Sie passierten einen großen Findling. Auf dem Stein stand: Gut Kaltenbach.
    Mika schaute sich verwirrt um. Der Traktor fuhr durch ein Tor auf einen weitläufigen Hof, auf dem ein herrschaftliches Gutshaus stand mit Stallungen für Pferde und einem großen Reitplatz.
    »Habt ihr hier Pferde?«, fragte Mika irritiert.
    »Wie kommst du denn da drauf?«, lachte Sam.
    Im selben Moment krachte es laut. Auf dem Reitplatz war ein Barren zu Boden gefallen. Mika drehte sich um und entdeckte ein großes weißes Pferd, das gerade mit fliegender Mähne auf ein Hindernis zu galoppierte.
    Mika fühlte sich mit einem Mal, als hätte sie einen Schlag vor den Kopf bekommen. Überdeutlich nahm sie jedes Detail war: Die Hufe, die auf den Sand trommelten, der Dampf, der aus den Nustern des Pferdes stieg. In seiner Bewegung lagen Kraft und Anmut, beides zur gleichen Zeit. Endlich sprang es ab. Mit größter Eleganz flog es uber das Hindernis. Doch die Latte wackelte – und fiel erneut.
    Mika stand der Mund offen. Bis eine energische Stimme sie zusammenfahren ließ.
    »Nein, nein, nein! Der macht mit dir, was er will. Schenkel zusammen, Hande runter, wir sind hier doch nicht beim Fliegenfischen«, schallte es über den Platz.
    Die Reiterin, ein Mädchen, das nur wenig älter als Mika war, ritt im weiten Bogen aus. Das Pferd glänzte nass und schnaubte laut bei jedem Galoppsprung.
    In der Mitte der Reitbahn stand Maria Kaltenbach, Mikas Großmutter. Gebieterisch drehte sie sich mit Pferd und Reiterin wie eine Zirkusdirektorin.
    Am Gatter entdeckte Mika eine Traube

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