Outback
losstapfte . Shane ärgerte sich, dass der für die Region zuständige Polizist nicht dageblieben war. Was bildete sich dieser Russell eigentlich ein?
„Wir haben alles abgesperrt“, sagte Paddy und schwitzte schon wieder wie ein Schwein.
„Das hoffe ich!“, murrte Shane, schritt ein paar Meter über einen offensichtli c h erst kürzlich geteerten Parkp l atz zu der Gruppe von Menschen, die von einem rot-weißen Band davon abgehalten wurden, näher an die Grube heranzutreten. Da blieb Paddy Dunegal plötzlich stehen, sodass Shane beinahe auf ihn geprallt wäre. Paddy drehte sich zu ihm um und sein Ton hatte es Warnendes:
„Falls Sie es nicht wissen sollten: Ich hab mal einen gefährlichen Mörder gefasst. Und zwar allein.“ Paddy lockerte seinen Hemdkragen. „Sehen Sie die Narbe? Nur einen halben Zentimeter von der Halsschlagader, an den Rippen hab ich auch eine.“
Shane hoffte, er würde sich jetzt nicht auch noch das Hemd vom Leib reißen.
„Dass die mich bei der Beförderung übersehen haben“, fuhr Paddy fort, „ist mir ganz recht. Mir gefällt es hier. Und meine Leute verteidige ich wie ´n e Schlangenmutter ihre Jungen. Nur, damit wir uns verstehen, Sie und ich.“
Gerade noch rechtzeitig dachte er an das Foto von ihm in der Zeitung, er wollte ja nicht hier und jetzt seine Karriere vollends beenden. Also nickte er nur, bückte sich unter dem Band hindurch und stand direkt vor dem Aushub. Unter ihm lag ein zweifellos menschlicher Körper, ohne Kopf und ohne Kleidung, in einem weit fortgeschrittenen Verwesungsstadium. Er hätte nicht sagen können, ob der Tod genauso lange oder länger zurücklag als bei der Leiche, die er am Morgen bei Howard gesehen hatte. Ein kleiner , filigraner Mann war damit beschäftigt, die Hände der Leiche mit Plastikbeuteln zu verkleben, damit eventuell vorhandene Gewebereste unter den Fingernägeln oder Fingerabdrücke untersucht werden könnten. Ein anderer, bulligerer Mann mit militärischem Kurzhaarschnitt machte gewissenhaft von allen Seiten Aufnahmen.
„D as ist Constable David Webster.“ Dunegal schlug seinen Arm auf die Schulter eines jungen, schmächtigen Polizisten, der an der Absperrung wartete. David Webster streckte Shane eifrig die Hand entgegen. Sie war feucht. „Willkommen in Coocooloora“, sagte er hastig und errötete dabei. „Das hat er schön gesagt, oder!“ Dunegal lachte und Webster sah unbehaglich drein.
Plötzlich flutete Adrenalin in seine Blutbahn, und riss ihn heraus aus seinem Zustand der müden Übellaunigkeit. Die Schwarzhaarige im weißen Overall mit ihrem Köfferchen ... musste die Gerichtsmedizinerin sein. Er hatte sie noch nie gesehen. Vielleicht war sie neu?
„He, Detective, Sie sind doch der Detective! Also, dafür lass ich keinen Sarg ankarren!“, krächzte es aus einer anderen Richtung. Vor Shane baute sich eine kleine, ältere Frau in rosafarbener Kittelschürze auf.
„Ah, Abigail , das ist Detective Shane O’Connor“, begrüßte Paddy die Frau, die unablässig ihren graugelockten Kopf schüttelte. Tremor, dachte Shane, oder Parkinson ...
„Das ist Abigail Hicks, die Bestattungs - unternehmerin.“ Dunegal schob, für seinen K örperbau besonders sanft, Abigail in Richtung Shane.
„Letzte Woche hatten wir ´n schönes Beg rä b nis, ´n weißer kleiner Sarg“, plapperte sie munter vor sich hin, „ ich hab noch ´n paar kurze rote Rosen draufgesteckt. War die kleine Miller, war wirklich süß !“
Shane wusste nicht, ob sie mit „süß“ das Mädchen oder den Sarg meinte. Er reichte ihr di e Hand, die sie übersah. „Aber das hier ist wahrscheinlich einer der alten Ureinwohner“, ging es weiter, „die wollen ja sowieso lieber in ´nem Baumstamm beerdigt werden. Ich pack’s jetzt. Hab noch ´ne Menge Schreibkram zu erledigen. Ach Gott, heut ist ja Mittwoch. Wahrscheinlich steht er schon vor der Tür.“
„ Hoho , Abigail , hast du ´nen neuen Verehrer?“ Paddy Dunegal lachte, dass Bauch und Kinn waberten und seine Schweinsaugen fast in den Speckfalten verschwanden.
„Nac hdem du ja regelmäßig einschläf st!“, erwiderte sie, ohne eine Mi e ne zu verzi e hen. Paddy lachte noch lauter, sagte: „Du alte Hexe!“
Wo ist sie, überlegte Shane indessen, und schaute sich erfolglos nach der Gerichtsmedizinerin um.
„Aber wenn’s dich beruhigt, ich erwarte keinen Verehrer, sondern den Blumenstrauß v on meiner Tochter“, sagte Abigail und wandte sich an Shane: „Schickt sie mir alle zwei Wochen,
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