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Outlaw - Child, L: Outlaw - Nothing to Lose (12 Reacher)

Outlaw - Child, L: Outlaw - Nothing to Lose (12 Reacher)

Titel: Outlaw - Child, L: Outlaw - Nothing to Lose (12 Reacher) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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Vaughan war ungefähr eins fünfundsechzig groß und konnte mit gestreckten Armen vermutlich bis zwei Meter zehn reichen. Das ergab gut viereinhalb Meter. Und der Zaun war nur viereinviertel Meter hoch.
    Er stemmte sie in die Höhe, als wollte er als Gewichtheber eine Langhantel mit knapp sechzig Kilo zur Hochstrecke bringen. Eigentlich kein Problem, nur bildeten seine Hände einen unnatürlichen Winkel. Außerdem hatte er einen schlechten Stand, und Vaughan war keine Langhantel. Sie war nicht starr, sondern schwankte und hatte große Mühe, das Gleichgewicht zu halten.
    »Fertig?«, rief er.
    »Augenblick noch«, sagte sie.
    Er spürte, wie ihr Gewicht sich in seinen Händen bewegte, von links nach rechts, von rechts nach links, verlagernd, ausgleichend, vorbereitend.
    »Jetzt los!«, befahl sie.
    Reacher tat vier Dinge gleichzeitig. Er stemmte Vaughan ruckartig in die Höhe, nutzte ihre vorübergehende Gewichtslosigkeit dazu, seine Hände flach unter ihre Schuhe zu legen, trat einen halben Schritt vor und drückte die Arme durch.
    Sie sackte leicht nach vorn und traf mit den Unterarmen auf die Wölbung der Stahlröhre. Die hohle Metallkonstruktion dröhnte ein Mal, dann mit größerer Verzögerung noch mal, aber deutlich leiser.
    »Okay?«, rief er.
    »Ich bin oben«, sagte sie.
    Er spürte, wie sie sich in seinen Händen auf die Zehenspitzen stellte. Glaubte zu sehen, wie sich ihre Arme noch höher streckten. Seiner Schätzung nach mussten ihre Hände jetzt auf dem höchsten Punkt der Metallröhre liegen. Er hörte das erste Klappmesser aufspringen, veränderte seinen Griff etwas und umfasste ihre Zehen, damit sie mehr Halt fand. Den würde sie brauchen. Gleichzeitig bewegte er sich eine Handbreit weiter vom Zaun weg. Vaughan musste jetzt mit dem Bauch an der Stahlröhre liegen. Regenwasser stürzte in Bächen auf ihn herab. Er hörte, wie sie mit dem Messer zustieß. Der ganze Zaun dröhnte und hallte.
    »Geht nicht durch«, rief Vaughan.
    »Fester«, rief er zurück.
    Sie stach wieder zu. Ihr ganzer Körper bewegte sich mit, und Reacher tänzelte unter ihr, um sie im Gleichgewicht zu halten. Wie Akrobaten im Zirkus. Der Zaun dröhnte wieder.
    »Zwecklos«, rief sie.
    »Fester«, rief er.
    Sie stieß erneut zu. Kein Dröhnen. Nur ein halblautes metallisches Scheppern, dann nichts mehr.
    »Die Klinge ist abgebrochen«, hörte er sie rufen.
    Reachers Arme begannen zu schmerzen.
    »Versuch’s mit dem anderen Messer. Und pass auf, dass der Winkel stimmt. Genau senkrecht, okay?«
    »Das Metall ist zu dick.«
    »Stimmt nicht. Es stammt vermutlich von irgendeiner alten Buick-Klapperkiste. Kaum besser als Aluminiumfolie. Und das ist eine gute japanische Klinge. Du musst nur fest zustoßen. Wen hasst du?«
    »Den Kerl, der die Bombe unter Davids Humvee gezündet hat.«
    »Er steckt in dieser Röhre. Sein Herz ist unter dem Metall.«
    Er hörte, wie das zweite Klappmesser aufsprang. Danach herrschte eine Sekunde lang Stille. Dann ging ein Zucken durch Vaughans Körper, dem ein weiteres metallisches Dröhnen folgte.
    Dieser Ton klang anders.
    »Es ist drin«, rief Vaughan. »Bis zum Heft.«
    »Häng dich dran.«
    Er spürte, wie der hölzerne Messergriff ihr Gewicht aufnahm, wie sie den Oberkörper verdrehte, um ihn mit beiden Händen zu umfassen. Er spürte, wie das auf seinen Händen lastende Gewicht abnahm. Doch dann sackte es plötzlich wieder zurück.
    »Es schneidet durch«, rief sie. »Es zerschneidet das Metall.«
    »Aber nicht weit«, erklärte er. »Nur bis zur nächsten Schweißnaht.«
    Im nächsten Augenblick hörte die Abwärtsbewegung auf.
    »Wo ist es jetzt?«, fragte er.
    »Genau oben in der Mitte.«
    »Kann’s losgehen?«
    »Auf drei«, rief sie. »Eins, zwo, drei!«
    Sie schnellte nach oben. Er unterstützte diese Aufwärtsbewegung mit den Fingerspitzen und auf Zehenspitzen, so gut er konnte, und dann war ihr Gewicht plötzlich weg. Reacher sackte zusammen und rollte sich seitlich ab, um aus dem Weg zu sein, falls sie von oben herunterfiel. Aber das passierte nicht. Er rappelte sich hoch, ging ein paar Schritte vom Zaun weg, um besser sehen zu können, und entdeckte sie mit gespreizten Beinen oben auf der Stahlröhre liegen, den Messergriff mit beiden Händen umklammernd. So blieb sie einige Sekunden liegen. Dann verlagerte sie ihr Gewicht und glitt auf der anderen Seite der Metallröhre in die Tiefe – erst langsam, dann schneller werdend, weiter den Messergriff umklammernd. Er sah ihre Hände hinter

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