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Pablito

Pablito

Titel: Pablito Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Käthe Recheis
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durfte
nicht traurig sein darüber, daß Pablo ihre Ziege verließ.
    Uyuni blieb verschwunden. Pablo
und Quito warteten viele Stunden. Pablo rief ihren Namen, aber sie kehrte nicht
zurück.
    Als es Mittag wurde, beschloß
Pablo, ohne Uyuni fortzuwandern. Er steckte die Lianenschnur in den Beutel. Er
war sehr niedergeschlagen.
    »Großmutter«, sagte er, »Uyuni
will nicht mit mir gehen. Auch wenn ich sie fangen kann, wird sie mir später
wieder davonlaufen. Weißt du, Uyuni ist klug und stark. Der Jaguar wird sie
nicht fressen.«
    Die Großmutter konnte keine
Antwort geben.
    Traurig gingen Pablo und Quito
fort.
    Als sie am Rande der Lichtung
ankamen, blieb Pablo noch einmal stehen. Er blickte zurück auf die
binsenbedeckte Hütte. Bunte Vögel flogen über das Maisfeld. Kolibris hingen an
den Blüten.
    Die Hütte sah sehr einsam aus.
Das Feuer war nicht angezündet worden, kein Rauch stieg auf.
    Pablo spürte einen Schmerz, den
er noch nicht kannte. Er ließ den Beutel zu Boden fallen und lief zur Hütte,
stürzte hinein und warf sich neben dem Lager der Toten nieder.

    »Großmutter, Großmutter«,
schluchzte er.
    Aber sein Weinen störte den
Schlaf der Großmutter nicht. Und als er aufblickte, sah er, was er am Morgen
nicht gesehen hatte: Auf dem Gesicht der Großmutter lag ein glückliches
Lächeln.
    Er wischte sich die Tränen fort
und schlich auf den Zehenspitzen aus der Hütte. Er wollte die Großmutter nicht
mehr wecken und nicht mehr zurückholen aus dem glücklichen Land.
    Pablo und Quito gingen in den
Urwald und blickten kein einziges Mal zurück.

Im Urwald
     
     
    Es
war gut, daß der kleine gelbe Hund Quito keine Angst hatte. Pablo war nie
allein so weit von der Hütte fort gewesen. Es war düster, als käme schon die
Nacht. Die Stimmen von Vögeln und Tieren, die man nicht sehen konnte, erfüllten
den Urwald. Statt des Himmels sah Pablo nur die ineinander verstrickten Zweige,
Blätter und Lianenranken. Die Affen kamen aus den Wipfeln der Bäume herunter
und starrten neugierig auf die Eindringlinge.
    Plötzlich bellte Quito. Pablo
wandte sich um. Ein Tier folgte ihnen, ein schwarzes Tier, ein großes Tier!
Pablos Herz schlug schneller, er wollte davonstürzen, stolperte über eine
Wurzel und lag am Boden, ganz hilflos.
    Das Tier kam näher, und die
grauen Schatten des Urwaldes verdeckten es nicht mehr: Es war Uyuni, die Ziege!
    Pablo lachte. Er richtete sich
auf. Er wurde sehr froh. Nicht um der Ziege willen, nein!
    Aber nun konnte er sein
Versprechen halten, das er Großmutter Yacuma gegeben hatte.
    Pablo nahm den Strick aus dem
Beutel. Uyuni blieb stehen.
    »Uyuni!« rief Pablo.
    Aber Uyuni machte keinen
Schritt vorwärts. Pablo steckte den Strick wieder in den Beutel und befahl
Quito weiterzugehen. Jedesmal, wenn Pablo verstohlen zurückblickte, sah er die
Ziege Uyuni, die ihnen so selbstsicher folgte, als sei es ihr eigener Weg, den
sie wählte, und nicht die Spur von Pablo und Quito.
    Als es Nacht wurde, setzte sich
Pablo unter einen großen Baum. Die Ziege Uyuni sprang zwischen den schwarz
gewordenen Stämmen hin und her, und er sah die grünen Lichter ihrer Augen.
    Pablo teilte ein Maisbrot mit
seinem Hund. Er brach auch ein Stück für Uyuni ab, doch die Ziege ließ sich
nicht locken. Wenn sie nicht will, dachte Pablo, soll sie hungrig bleiben! Aber
dann erinnerte er sich an Großmutter Yacuma, er erinnerte sich an ihre Liebe zu
Uyuni.

    Pablo stand auf und legte das
Maisbrot auf den Boden, ein paar Schritte entfernt. Nach einiger Zeit kam
Uyuni, fraß das Stück Brot und lief wieder fort.
    In der Hütte, bei Großmutter
Yacuma, hatte Pablo niemals Angst vor dem Jaguar gehabt. Die Stimmen der
nächtlichen Jäger aus dem Urwald hatten seinen Schlaf nicht gestört. Aber
jetzt, unter dem großen alten Baum, in dessen Zweigen er das Huschen der
Lemuren hören konnte, ohne sie zu sehen, fürchtete er sich. Der Jaguar verließ
nun sein Versteck, und die Wildkatzen jagten im Urwald.
    Pablo schmiegte sich eng an
Quito. Er legte seinen Kopf auf Quitos Fell, um den Freund nahe zu spüren. Er
wünschte sogar, die Ziege Uyuni möchte bei ihm sein, denn er fühlte sich so
allein.
    Er schlief ein und träumte von
einem riesigen schwarzgefleckten Jaguar, der auf dem Ast eines Baumes saß und
ihn mit seinen gelben Augen ansah. Pablo erschrak so sehr, daß er davon
erwachte.

    Quito hatte sich aufgerichtet,
seine Haare waren gesträubt, und ein tiefes leises Knurren kam aus seiner
Kehle. Dicht neben ihnen stand

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