Packeis
vorne gegen die vorderen Schotts.
Anstatt frontal zuzuschlagen, kippte die Welle von oben auf das Schiff und begrub es unter Tausenden Tonnen Wasser.
Die Fenster des Steuerhauses implodierten unter dem Druck, und der gesamte Atlantische Ozean schien sich in die Brücke zu ergießen. Die Wassermassen erwischten den Kapitän und die anderen Männer auf der Brücke mit der Gewalt von hundert Feuerwehrschläuchen. Die Brücke verwandelte sich in ein Gewirr von Armen und Beinen. Bücher, Schreibstifte und Sitzpolster wurden herumgewirbelt.
Ein Teil des Wassers strömte durch die Fenster hinaus, und der Kapitän kämpfte sich zurück zum Steuerstand. Sämtliche Kontrollmonitore waren tot. Radar, Kreiselkompasse und Funkanlage des Schiffs waren ausgefallen. Aber was viel schlimmer war, auch die Energiezufuhr war unterbrochen. Alle Instrumente waren durch Kurzschluss lahmgelegt. Die Steuerelektronik war nutzlos.
Der Kapitän ging zum Fenster, um das Ausmaß der Schäden zu begutachten. Der Bug war zerstört, und das Schiff hatte Schlagseite. Er vermutete, dass der Rumpf ein Leck aufwies.
Die Rettungsboote auf dem Vorderdeck waren aus den Davits gerissen worden. Das Schiff schlingerte wie ein betrunkenes Flusspferd.
Die Riesenwelle schien das Meer aufgewühlt zu haben wie ein Demagoge, der den Straßenmob zur Raserei aufstachelt. Brecher rollten über das Vorderdeck. Weitaus gefährlicher war, dass das Schiff, da seine Maschinen stillstanden, in eine schlimmstmögliche Position quer zu den auflaufenden schweren Seen trieb.
Nachdem es die Welle überstanden hatte, lag das Schiff wie ein waidwundes Tier auf der Seite, bereit, den Gnadenschuss zu erhalten oder, wie es im bildhaften Jargon der Seefahrt hieß, »abzusaufen«.
Der Kapitän bemühte sich, seinen Optimismus zu behalten.
Die
Southern Belle
konnte überleben, auch wenn einige ihrer Sektionen überflutet waren. Jemand hatte sicherlich den SOS-Ruf gehört. Wenn nötig, konnte das Schiff tagelang treiben, bis Hilfe eintraf.
»Käpt’n!« Der Erste Offizier unterbrach seine Gedanken.
Butler blickte durch das geborstene Fenster. Seine Augen starrten ungläubig auf einen fernen Punkt. Der Blick des Kapitäns folgte Butlers ausgestrecktem Finger, und er begann zu zittern, als er von Angst übermannt wurde.
In weniger als vierhundert Metern Entfernung entstand eine weitere horizontal verlaufende Schaumkrone.
Das erste Flugzeug traf zwei Stunden später ein. Es kreiste über dem Meer und erhielt bald Gesellschaft in Gestalt anderer Flugzeuge. Dann näherten sich die ersten Hilfsschiffe, die ihre jeweiligen Routen verlassen hatten. Die Schiffe hielten Abstände von fünf Kilometern zueinander und durchkämmten das Meer wie ein Suchtrupp, der in einem Wald nach einem verlaufenen Kind Ausschau hält. Selbst nach tagelanger Suche fanden sie nichts.
Die
Southern Belle
, eins der modernsten und leistungsfähigsten Frachtschiffe, die je konstruiert und gebaut wurden, war ganz einfach spurlos verschwunden.
2
Seattle, Washington
Der pfeilschlanke Kajak flog über die saphirblaue Oberfläche des Puget Sound, als wäre er von einer Bogensehne abgeschossen worden. Der breitschultrige Mann in dem engen Sitz schien mit dem Holzboot zu einer Einheit verwachsen zu sein. Er tauchte die Schaufeln seines Paddels mit lockeren, fließenden Bewegungen ins Wasser und konzentrierte die Kraft seiner muskulösen Arme in präzis abgezirkelte Züge, die den Kajak mit gleichmäßigem Tempo vorwärtstrieben.
Schweiß glänzte auf den markanten, sonnenverbrannten Gesichtszügen des Bootsfahrers. Seine durchdringenden, hellblauen Augen, die an die Farbe von Korallen unter Wasser erinnerten, erfassten die weite Fläche der Meerenge, die nebelverhangenen San Juan Islands und, in der Ferne, die schneebedeckten Olympic Mountains. Kurt Austin pumpte die salzige Luft in seine Lungen und verzog die Lippen zu einem breiten Grinsen. Es tat gut, zu Hause zu sein.
Austins Pflichten als Direktor des Spezialteams für Sonderaufgaben bei der National Underwater and Marine Agency führten ihn ständig an die abgelegensten Orte der Welt.
Verliebt ins Meer und alles, was damit zu tun hat, hatte er sich jedoch in den Gewässern um Seattle, wo er geboren war. Der Puget Sound war ihm so vertraut wie ein alter Jugendschwarm.
Er war auf der Meerenge gesegelt, seit er laufen konnte, und an einem Rennen hatte er das erste Mal im Alter von zehn Jahren teilgenommen. Seine große Liebe gehörte Rennbooten. Er
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