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Packeis

Packeis

Titel: Packeis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler , Paul Kemprecos
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möglich.
    Doyle stand am Ufer und zielte auf die Wellen, die auf der Wasseroberfläche die Stelle markierten, wo Barrett verschwunden war. Er jagte eine ganze Salve ins Wasser, lud in aller Ruhe nach und leerte ein zweites Magazin.
    Dort, wo Barrett untergetaucht war, färbte das Wasser sich blutrot. Doyle beschloss, fünf Minuten zu warten, bis er sicher sein konnte, dass Barrett nicht die Luft anhielt, doch dann hörte er plötzlich von der anderen Seite eines Schilfdickichts im Wasser links von ihm laute Rufe.
    Er warf einen Blick auf den größer werdenden Fleck auf der Seeoberfläche und verstaute die Pistole in seinem Gürtel. Eilig kehrte er durch den Wald zur Lichtung zurück. Er sammelte die Papiere auf, die Barrett fallen gelassen hatte, und stopfte sie in die Mappe. Dabei bemerkte er das Einschussloch in der Lederhülle. Er fluchte. Das hatte er davon, dass er eine Spielzeugpistole benutzt hatte. Wenig später saß er wieder im Flugzeug und schwebte über den Baumwipfeln.
    Sobald er davon ausgehen konnte, wieder eine Netzverbindung zu haben, wählte Doyle eine Nummer auf seinem Mobiltelefon.
    »Und?«, fragte eine Männerstimme am anderen Ende der Leitung.
    »Es ist erledigt«, antwortete Doyle. »Ich habe versucht, es ihm auszureden, aber er war entschlossen, alles preiszugeben.«
    »Schade. Er war wirklich brillant. Irgendwelche Probleme?«
    »Nee«, log Doyle.
    »Gut gemacht«, sagte die Stimme. »Ich will dich morgen hier sehen.«
    Doyle versprach, dass er kommen würde. Als er die Verbindung unterbrach, machte sein irisches Blut sich durch einen kurzen Moment des Bedauerns darüber bemerkbar, dass er seinen alten Freund hatte töten müssen. Aber Doyle war in einer Umgebung aufgewachsen, wo eine Freundschaft mit einer nächtlichen Beerdigung wegen eines schiefgegangenen Drogengeschäfts oder einer ungehörigen Bemerkung schlagartig zu Ende gehen konnte. Es war nicht sehr schön, aber Geschäft war nun mal Geschäft. Er verdrängte Barrett aus seinem Bewusstsein und begann, von den Reichtümern und der Macht zu träumen, über die er sicherlich schon bald verfügen würde.
    Er wäre weniger unbesorgt gewesen, wenn er gewusst hätte, was sich hinter ihm im See abspielte. Ein Kanu hatte das Schilfdickicht umrundet. Die beiden Fliegenfischer im Boot hatten den Lärm von Doyles Pistole gehört. Sie wollten den vermeintlichen Jäger warnen, dass sich Menschen in der Nähe des Sees aufhielten. Einer der Männer war ein Anwalt aus Boston, aber, was noch wichtiger war, der andere Mann war Arzt.
    Als sie aus dem Schilfdickicht auftauchten, deutete der Anwalt voraus aufs Wasser und sagte: »Was zum Teufel ist das da?«
    Der Arzt folgte seinem Blick. »Sieht aus wie eine Melone mit einer Spinne darauf.«
    Sie paddelten, bis sie nur noch wenige Meter von dem Objekt entfernt waren. Die Melone verschwand, und an ihrer Stelle erschienen Augen, eine Nase und ein aufklaffender Mund. Der Anwalt hob ein Paddel hoch und bereitete sich darauf vor, es auf den im Wasser treibenden Kopf zu schlagen. Spider Barrett blickte hinauf in zwei erstaunte Gesichter. Seine Lippen bewegten sich.
    »Helfen Sie mir«, flehte er.

13
    Mit einer Rumpfverdrängung von dreiundzwanzigtausend Tonnen und fünfundsiebzigtausend PS, die von seinen starken Maschinen erzeugt wurden, war der russische Eisbrecher
Kotelny
der Yamal-Klasse in der Lage, mehr als zwei Meter dicke Eisplatten zu zertrümmern. Sein scharfkantiger schräger Bug schnitt durch das teils schon weiche Frühlingspackeis wie ein warmes Messer durch ein Sorbet. Während Karla Janos am Bug stand und die von Nebel verhüllte Insel betrachtete, die ihr Ziel war, hatte sie das Gefühl, als sei jemand über ihr Grab gestiegen.
    Der unwillkürliche Schauer, der ihren schlanken Körper erzittern ließ, hatte nichts mit dem eisigen Wetter in der Ostsibirischen See zu tun. Karla war in einen Daunenparka gehüllt, und sie hatte sich nach zwei Wintern an der Universität von Fairbanks, wo die Temperaturen regelmäßig bis auf vierzig Grad unter null sanken, an die beißende Kälte gewöhnt. Sie kannte sich in der Region des Polarkreises gut genug aus, um sich darüber im Klaren zu sein, dass nur eine geringe Chance bestand, dass Ivory Island dem durch seinen Namen hervorgerufenen warmen, weißen Image entsprach, aber auf die totale Trostlosigkeit des abgeschiedenen Ortes war sie ganz und gar nicht vorbereitet gewesen.
    Als Wissenschaftlerin wusste Karla, dass ihre Reaktion rein emotionaler

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