Packeis
Sie zuerst hören, die gute oder die schlechte Nachricht?«
Karla musterte sie kurz von der Seite. »Das überlasse ich Ihnen.«
»Dann zuerst die gute Nachricht. Wir haben mehrere Expeditionen unternommen und zahlreiche vielversprechende Proben gesammelt.«
»Das ist wirklich eine gute Nachricht. Und jetzt die schlechte …«
»Sie sind mitten in einem russisch-japanischen Krieg hier eingetroffen.«
»Ich war mir gar nicht bewusst, dass ich in ein Kampfgebiet geraten würde. Was meinen Sie damit?«
»Sie wissen doch sicher, dass diese Expedition ein Joint-Venture-Unternehmen ist, oder?«
»Ja. Es werden damit russische wie japanische Interessen verfolgt. Der Grundgedanke ist, die Ergebnisse auszutauschen.«
»Als Wissenschaftlerin wissen Sie, dass es nicht so wichtig ist, was man findet, sondern wie viel Anerkennung man dafür einheimst.«
»Anerkennung ist gleichbedeutend mit Ansehen, Karriere und, letztendlich, Geld.«
»Richtig. Und in diesem Fall geht es um eine große Menge Geld, daher ist es sogar noch wichtiger, wer für unsere Ergebnisse gelobt wird.«
Sie waren knapp einen Kilometer vom Ufer entfernt eine kleine Anhöhe hinaufgestiegen, als Maria verkündete: »Wir sind fast da. Willkommen in Ivorytown.«
Sie folgten dem Pfad über die Tundra zu mehreren Gebäuden, die unweit des Flusses standen. Das größte Bauwerk, etwa so groß wie eine normale Garage, war von mehreren fensterlosen Gebäuden umgeben, die höchstens ein Drittel so groß waren.
Die Dächer bestanden aus verrostetem Wellblech. Zwei große Zelte waren ein Stück abseits aufgeschlagen worden. Karla ging zum nächsten Gebäude und strich mit der Hand über die raue, graue Oberfläche der Außenwand.
»Die besteht ja fast vollständig aus Knochen und Stoßzähnen«, stellte sie staunend fest.
»Die Menschen, die hier gelebt haben, benutzten als Baumaterial das, was sie auf der Insel im Überfluss fanden«, sagte Maria. »Die Fossilien wurden mit einer Art selbst hergestelltem Zement verklebt. Er ist ziemlich widerstandsfähig und erfüllt die geforderte Funktion, nämlich den eisigen Wind abzuhalten.«
Die verwitterte Tür an der Gebäudeseite schwang auf, und ein korpulenter Mann mit buschigen Augenbrauen kam heraus. Er schob Maria mit den Schultern beiseite, umarmte Karla wie ein lange verschollener Onkel und drückte ihr feuchte Küsse auf beide Wangen.
»Ich bin Sergei Arbatov«, stellte er sich vor. Lächelnd entblößte er einige Goldzähne. »Ich leite dieses Projekt. Es ist erfreulich, eine derart hübsche Person in unserer Mitte begrüßen zu können.«
Karla entging nicht, wie Marias Stirn sich für einen kurzen Moment umwölkte. Da sie ihre Hausaufgaben, was die einzelnen Expeditionsmitglieder anging, gemacht hatte, wusste sie, dass Sergei zwar der Projektleiter war, dass seine Frau ihn jedoch an akademischen Würden übertraf. Karla hatte sich ständig gegen das männliche akademische Establishment durchsetzen müssen und verabscheute die Art und Weise, wie überheblich er ihr begegnete und gleichzeitig seine Frau ignorierte. Karla schob sich an Arbatov vorbei und legte Maria einen Arm um die Schultern.
»Und für mich wird es eine Freude sein, mit jemandem von derartiger akademischer Kompetenz zusammenarbeiten zu können«, sagte sie.
Marias Miene hellte sich augenblicklich auf, und sie strahlte vergnügt. Arbatovs finsterer Blick verriet, dass dieser Seitenhieb ihm gar nicht gefiel. Niemand weiß, was als Nächstes passiert wäre, wenn in diesem Moment nicht zwei weitere Personen aus dem Gebäude gekommen wären. Ohne zu zögern ging Karla auf sie zu und verbeugte sich vor einem der Männer.
»Dr. Sato, ich bin Karla Janos. Es freut mich, Sie endlich persönlich kennen zu lernen«, sagte sie zu dem älteren der beiden Männer. »Ich habe viel über das Gifu Science and Technology Center und die Kinki Universität gehört.« Sie wandte sich an den jüngeren Mann. »Und Sie müssen Dr. Ito sein, der Veterinär von der Kagoshima Universität in Süd-Japan.«
Die Männer lächelten und zeigten dabei ihre Zähne.
Gleichzeitig senkten sie ihre Köpfe zu einer höflichen Verneigung.
»Wir hoffen, Sie hatten eine angenehme Reise«, sagte Dr. Sato. »Wir sind sehr dankbar, dass Sie sich unserer Expedition anschließen konnten.«
»Vielen Dank, dass Sie mir gestattet haben, hierher zu kommen. Ich weiß, dass Sie mit Ihrer eigenen Arbeit hinreichend ausgelastet sein dürften.«
Karla plauderte mit den beiden
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