Pain - Bitter sollst du buessen
über diese Sache reden möchtest, ruf mich an.« Er zog eine Karte aus seiner Brieftasche und reichte sie ihr, doch sie nahm sie nicht an.
»Ich will nicht darüber reden«, sagte sie fest. »Hör zu, Annie war meine Freundin, ich mochte sie sehr, obwohl ich wegen Ryan sauer auf sie war. Aber so, wie ich das sehe, hat sie sich in Schwierigkeiten gebracht, konnte wegen der Schwangerschaft weder ihren Eltern noch Ryan ins Gesicht schauen und beging Selbstmord. Ich werde dich bestimmt nicht anrufen. Das würde Billy nicht passen.«
Sie schlüpfte ins Haus, und Ty schob seine Karte in den Rahmen der Insektenschutztür. Vielleicht überlegte sie es sich doch noch – wenn die Chancen seiner Meinung nach auch nicht sonderlich gut standen.
»Aber du hast nicht selbst mit Peter gesprochen oder ihn gesehen«, hakte Sams Vater nach.
Er hatte auf ihre Nachricht hin angerufen, und seine Stimme klang müde und niedergeschlagen.
Innerlich wand sie sich. Sie klemmte den Hörer zwischen Ohr und Schulter, öffnete eine Dose Katzenfutter und löffelte das Thunfisch-Hühnchen-Gemisch in Charons Napf. Charon strich laut miauend um ihre bloßen Füße. »Nein, ich habe nicht persönlich mit ihm gesprochen, Dad, aber es ist doch schon mal erfreulich, dass sich Pete mit Corky unterhalten hat.«
»Ich würde so gern mit ihm reden«, sagte William Matheson versonnen.
Ich auch,
dachte Sam, verkniff sich jedoch eine derartige Bemerkung. »Sehen wir diese Tatsache doch als eine Art Durchbruch«, schlug Sam vor, bemüht, das Positive hervorzuheben. »Soviel ich weiß, hat seit Jahren niemand von ihm gehört oder ihn zu Gesicht bekommen, und nun geht er doch tatsächlich auf Corky zu.« Das entsprach nicht ganz der Wahrheit. Corky hatte nicht gesagt, dass Peter auf sie zugekommen war, doch sie musste ihrem Vater Mut machen. »Also, wenn ich sonst noch etwas erfahre, sage ich dir Bescheid.« Sie spülte die leere Dose aus und warf sie in den Mülleimer.
»Ich könnte mal die Auskunft in Atlanta anrufen. Vielleicht hat man dort seine Nummer.«
»Vielleicht.« Sie glaubte nicht daran.
»Aber wahrscheinlich hat er eine Geheimnummer, wie damals, als er in Houston wohnte.«
Sam erstarrte. Sie hatte gerade den Mülleimer unter dem Waschbecken hervorholen wollen, doch jetzt richtete sie sich auf. »Moment mal. Wann wohnte er in Houston?«
»Vor Jahren. Ich habe ihn durch einen Privatdetektiv suchen lassen, und er fand ihn ganz in der Nähe deines damaligen Wohnorts.«
»Willst du damit sagen, dass Pete wie ich in Houston lebte, und du wusstest es und hast es mir verschwiegen?«
»Ich war nicht sicher, ob er es wirklich war, es hätte ja auch ein anderer Peter Matheson sein können. Ich habe ihn nie erreicht, und du … na ja, du hattest so viel um die Ohren mit deiner Scheidung und dieser Geschichte um Annie Seger.«
Genau wie jetzt.
»Ich dachte, du könntest den zusätzlichen Stress wirklich nicht brauchen … zu hören, dass er in derselben Stadt lebte wie du und sich nicht meldete. Außerdem wusste ich ja nicht, ob es wirklich Pete war. Die Fotos von ihm, die ich zu sehen bekam, waren nicht gut, und er hatte immer den Blick abgewandt oder trug eine Sonnenbrille oder so.«
»Himmel, Dad, selbst auf die Gefahr hin, dass er es nicht war – meinst du nicht, du hättest mich informieren müssen?« Sie konnte die Heimlichtuerei ihres Vaters nicht fassen. Das passte gar nicht zu ihm.
»Hätte es denn einen Sinn gehabt?«, fragte ihr Vater defensiv. »Ob er fünfzig Meilen, fünfhundert oder nur fünf von dir entfernt lebte, was wäre der Unterschied gewesen?«
»Dad«, sagte sie beherrscht, »ich wusste nicht einmal, ob er noch lebte.«
»Ich auch nicht. Wie gesagt, ich war nicht sicher, ob es überhaupt unser Pete war.«
Unser Pete. Er ist schon seit Jahren nicht mehr unser Pete. Doch es war sinnlos zu widersprechen. Sam versuchte, sich zu beruhigen, und beendete das Gespräch. Ihr Vater hatte Recht. Selbst wenn Pete tatsächlich in Houston gewesen war, änderte das nichts daran, dass er offenbar keinen Kontakt zu seiner Familie haben wollte.
Er hatte also wahrscheinlich in derselben Stadt gelebt wie Annie Seger. Er hatte sie nicht gekannt … konnte sie nicht gekannt haben. Houston war eine riesige Metropole, die sich meilenweit erstreckte und über zwei Millionen Einwohner hatte.
Aber warum hatte Pete keine Verbindung zu ihr aufgenommen? Dank des Medienrummels um Annie Segers Selbstmord und die Anrufe beim Sender hätte er
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