Pain - Bitter sollst du buessen
Bett sinken und die Welt aussperren. Kopfschmerzen meldeten sich an, und ihr Knöchel pochte.
»Ich glaube, das Popcorn gehört Gator«, bemerkte Melanie, als Tiny bereits die Zeitschaltuhr einstellte.
»Er wird es nicht vermissen. Ist es in Ordnung für euch, wenn ich euch nicht nach draußen begleite?«
»Wir kommen zurecht«, entgegnete Sam trocken. Sie konnte sich Tiny beileibe nicht als Beschützer vorstellen. »Los, gehen wir, Melanie.« Sie suchte ihre Sachen zusammen. Die Maiskörner fingen an zu platzen, und ein süßer Duft erfüllte die Küche. »Mach’s gut, Tiny.«
»Bis morgen.«
Melanie winkte zum Abschied, und die beiden Frauen machten sich auf den Weg zum Ausgang. Wenig später traten sie hinaus in die laue Sommernacht.
Ty wartete auf sie. Sein Wagen stand im Halteverbot vor dem Rundfunkgebäude, und Ty lehnte mit der Hüfte am Kotflügel seines Volvo, den Blick auf den Eingang gerichtet. Er hatte die Arme vor der Brust verschränkt, und selbst im trüben Licht der Straßenlaterne erkannte Sam, dass ein Dreitagebart Kinn und Wangen zierte. Er trug ein T-Shirt, Jeans und Lederjacke. Erinnerte an einen älteren, etwas erschöpften James Dean.
Super,
dachte Sam sarkastisch.
Genau das, was ich brauche.
Trotzdem verspürte sie eine leise prickelnde Freude.
Der Geruch das Flusses war stickig, die Luft schwül, die Klänge eines einsamen Saxofons hallten herüber, über das leise Summen des spärlichen Straßenverkehrs hinweg. Und ein Mann, der vor etwa einer Woche noch ein Fremder für sie gewesen war, schaute ihr entgegen.
Ty stieß sich von seinem Wagen ab. »Ich hielt es für angebracht herzukommen und nachzusehen, ob alles in Ordnung ist mit Ihnen.«
»Mir geht’s gut. Bin nur total müde«, erwiderte sie, dennoch durchströmte sie ein warmes Gefühl.
Zu Melanie sagte er: »Ty Wheeler. Ich bin Sams Nachbar.«
Als ein Auto vorbeifuhr und dumpfe Bässe aus mächtigen Lautsprechern aus den offenen Fenstern dröhnten, besann sich Sam mit ein wenig Verspätung auf ihre Manieren. »Ach, richtig, Ty, das ist Melanie Davis, meine Assistentin. Melanie, das ist Ty Wheeler. Er ist Autor, besitzt einen alten Hund und kauft kaputte Segelschiffe.«
Melanie musterte ihn rasch von Kopf bis Fuß und schenkte ihm ein neugieriges, freundliches Lächeln. »Ein Autor? Schreiben Sie für Zeitungen?«
»Nichts so Vornehmes, fürchte ich«, sagte er gedehnt. »Ich verfasse Romane. Reine Fiktion.«
»Tatsächlich?« Melanie war beeindruckt. »Haben Sie schon was veröffentlicht?«
Tys Lächeln blitzte in der Dunkelheit. »Noch nicht, aber hoffentlich bald.«
»Wovon handelt Ihr Roman?«
»Es wird eine Art Mischung aus dem ›Pferdeflüsterer‹ und ›Das Schweigen der Lämmer‹. Eine Farm bildet sozusagen den roten Faden.«
»Du liebe Zeit!«, entfuhr es Sam, und Melanie kicherte leise.
»Wie gesagt, ich bin gekommen, um mich zu vergewissern, dass Sie …«, er berührte Sam am Ellbogen, »… wohlauf sind.«
»Es ist alles in bester Ordnung«, schwindelte sie.
Seine Finger griffen fester zu, dann ließ er die Hand sinken, und wieder spürte Sam diese wohltuende Wärme. »Wo steht Ihr Wagen?«
»Etwa zwei Häuserblocks weiter.« Trotz all ihres Geredes über Feminismus und der Behauptung, eine starke allein stehende Frau zu sein, war sie nun mehr als froh, Ty an ihrer Seite zu haben, und redete sich ein, dass es nicht unbedingt daran lag, dass er ein Mann war.
»Sie sind der Ty, der heute Nacht angerufen hat«, vermutete Melanie, und Sam konnte beinahe sehen, wie sich im Kopf ihrer Assistentin die Rädchen drehten. »Oh … ich verstehe.« Ihre Augen leuchteten im schwachen Licht.
»Ja, das bin ich«, antwortete er überflüssigerweise. »Was ich in der Sendung gehört habe, behagte mir nicht, deshalb habe ich beim Sender angerufen, um die Sprache auf ein anderes Thema zu bringen. Nachdem ich dann aufgelegt hatte, dachte ich mir, Samantha wäre vielleicht ganz froh, wenn jemand sie nach Hause fahren würde. Als ich hierher kam, sah ich dann das Polizeiauto.«
Melanie äußerte sich nicht dazu, zog nur neugierig eine Augenbraue hoch, als versuchte sie zu begreifen, in welcher Beziehung Ty zu Sam stand.
»Ich fahre lieber selbst«, sagte Sam. »Ich möchte meinen Wagen nicht hier stehen lassen. Dann hätte ich morgen keine Möglichkeit, in die Stadt zu kommen.«
»Ich bringe Sie«, bot er an, doch Sam wollte ihm nicht zur Last fallen und sich nicht von ihm abhängig machen.
»Ich fühle mich
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