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Pakt der Könige

Titel: Pakt der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ange Guéro
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Schreie und sah ein seltsames rötliches Leuchten - vielleicht gossen heldenhafte Verteidiger siedendes Öl über die Belagerer. Es war ein unnötiger Kampf, denn hinter ihnen war der andere Teil der Stadt schon gefallen. Wie alle Übrigen waren sie todgeweiht.
    Arekh blieb in einem engen Durchgang stehen und musterte die Leute, die sich im Dunkeln am Fuße der Mauer zusammenscharten. Eine schweigende, dicht gedrängte Menge, Flüchtlinge, die sich aneinanderschmiegten; die Erwachsenen hielten die Kinder in den Armen, und sie alle pressten sich gegen die Innenseite der Mauer, verborgen im Schatten, als hofften sie, darin irgendeinen lachhaften Schutz zu finden. Niemand sprach, niemand weinte, niemand hatte Fackeln entzündet, als gehöre das Feuer dem Feind oder als fürchteten sie, dass das Licht sie verraten würde.
    In weniger als einer Stunde werden diese Leute tot sein , dachte Arekh und nahm eine parallel zur Mauer verlaufende Straße, um dem Befestigungsring folgen zu können, ohne sich durch die Menge drängen zu müssen. Ja, es würde keine Stunde mehr dauern, bis die Invasoren hierher gelangten und auf die Menschenmasse einzuschlagen begannen. Sie würden nicht viele töten müssen; die Panik würde ihnen die Arbeit abnehmen, weil die Schutzsuchenden sich in einem vergeblichen Fluchtversuch gegenseitig erdrücken würden.

    Was Arekh suchte, tauchte endlich vor ihm auf: die Umfassungsmauer im Bereich der alten Sklavenmühlen. Der Ort, an dem das Korn gemahlen worden war, war vor einem halben Jahrhundert stillgelegt worden, weil die Lâ-Priester ein wirkungsvolleres System entwickelt hatten, bei dem der Wind Schaufelblätter und damit die Mühlsteine drehte. Das Viertel war eng an die Mauer gebaut; hier gab es ein zusätzliches Stadttor, das lange Zeit von den Bauern genutzt worden war, die ihren Weizen in die Stadt bringen wollten, ohne sich erst in die langen Schlangen vor den Haupttoren einreihen zu müssen.
    Natürlich war das Tor von den Verteidigern von innen verbarrikadiert worden und wurde an der Außenseite von den Angreifern beobachtet; aber die Ruinen der Mühlen und die dazugehörigen alten Speicher bildeten ein wahres Labyrinth. In den dunklen Gängen würde es Arekh leichter fallen, unauffällig einen Meriniden zu töten und ihm die Uniform zu stehlen.
    Er schlüpfte nahe an der Mauer vorbei, fand sich auf einem kleinen Innenhof wieder, drückte eine Holztür ein und gelangte auf einen weiteren Hof. Hier war weniger Rauch; vielleicht kamen die Brände in der Innenstadt zum Erliegen? Arekh war nun auch näher als zuvor am Kampfgeschehen. Ein Stück weiter auf der Mauer erklangen Waffenlärm, das Wimmern der Sterbenden und das schreckliche Zischen von brennendem Fleisch.
    »Die Welt ist so schön«, sagte eine Frauenstimme hinter ihm.
    Arekh drehte sich um. In einem Winkel des Hofs hielt sich ein kleines Grüppchen von Flüchtlingen im Schatten auf. Es waren mindestens zwei Familien: zwei Männer, ein paar Frauen, verängstigte Kinder.

    Diejenige, die gesprochen hatte, war fast noch ein Mädchen, den Kleidern nach zu urteilen eine junge Bürgerliche. Sie trug ein einfaches Kleid aus dunkelblauer Wolle; ihre hellbraunen Haare wurden von einem Silberband zurückgehalten. Das Licht der Monde spiegelte sich auf ihrem Gesicht, ließ die Tränen schimmern, die ihr über die Wangen flossen, und verlieh ihr ein unwirkliches Aussehen.
    Arekh sah sie an, ohne zu verstehen. Die junge Frau deutete zum Himmel. »Habt Ihr all die Sterne gesehen?«, fragte sie mit angespannter Stimme, noch bevor sie wieder Atem holte. »So viele kalte Flammen …«
    Der Rest der Gruppe schwieg. Arekh zögerte, hob dann aber seinerseits den Blick.
    »Euer Schicksal steht dort geschrieben«, sagte das Mädchen mit Blick auf einen Punkt am Himmel und hob die Hand. »Da, seht Ihr? Ihr gehört zu einer dieser Konstellationen. Ich zu einer anderen … dort drüben. Und jeder Stern ist ein Punkt, und all diese Punkte verbinden sich zu Buchstaben, und all die Buchstaben bilden eine Geschichte … Seht Ihr?«
    Ein neuerlicher Schrei ertönte nicht weit entfernt - der Schrei eines Menschen, fürchterlich und animalisch.
    »Was tut Ihr hier?«, fragte Arekh schließlich und wandte sich der Gruppe zu. »Wollt Ihr hinaus?«
    »Wir werden es versuchen«, sagte ein kräftiger, gut gekleideter Mann; vielleicht war er der Vater des Mädchens. »Das Tor ist noch nicht eingedrückt worden, aber das wird nicht mehr lange dauern. In diesen

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