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Pakt der Könige

Titel: Pakt der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ange Guéro
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stieß sie auf und trat durch den wohltuenden Schatten des Innenhofs ins zentrale Zimmer, in dem sich ein Wasserbecken befand. Bis auf eine kleine Sklavin im Leinenkleid war niemand dort.
    Die Kleine sprang auf, als sie Lionor kommen sah, kniete dann unbeholfen nieder und senkte den Kopf. Sie durfte nicht als Erste sprechen.
    »Ist Arekh es Morales da?«, fragte Lionor knapp.
    »Nein, Ehari«, sagte das Mädchen, ohne aufzublicken.
    »Wo ist er?«
    »Das weiß ich nicht, Ehari.«
    Lionor sah sich hilflos um. Sie hatte nicht viel Zeit. Wenn Marikani einen Entschluss fasste, setzte sie ihn gewöhnlich schnell in die Tat um. Und in ihrem Zustand konnte Lionor nicht durch die Straßen von Salmyra rennen und nach Arekh suchen.
    »Hör zu, Kleine«, sagte sie unvermittelt mit angespannter Stimme. »Nein, sieh mich besser an.«
    Das Kind hob die großen, erstaunten blauen Augen, und Lionor lächelte melancholisch, weil sie an zwei andere kleine Mädchen denken musste, die im selben Alter glücklich und geliebt im Sommerpalast aufgewachsen waren.
    Natürlich hatte es damals die Seuchen und Aufstände gegeben. Aber sie hatten Zuneigung erfahren, waren gut ernährt worden und hatten Vergnügen daran gehabt, am Morgen in der eisigen Luft durch die Berge zu streifen.
    Dieses kleine Mädchen hatte nichts außer Eisenringen an den Füßen.

    »Ist Arekh gut zu dir?«, fragte Lionor.
    »Oh ja!«, sagte das Kind; aus seinem Blick sprachen Liebe und unendliche Bewunderung.
    »Wirklich?«
    Ein breites, glückliches Lächeln erschien auf dem Gesicht der kleinen Sklavin. »Ja, wirklich. Er schlägt mich nicht.«
    »Dann ist er ja ein wahrer Held«, spottete Lionor und fuhr sich mit der Hand über die Stirn; sie spürte, wie eine Welle der Müdigkeit über sie hereinbrach. »Hör zu, Kleine«, fuhr sie fort. »Wenn du deinen Herrn liebst, dann musst du mir helfen. Es ist wichtig.« Das Mädchen riss die Augen auf. »Es gibt da eine Frau … sie heißt Marikani. Hat er mit dir über sie gesprochen?«
    Das Mädchen schüttelte den Kopf.
    »Gut«, sagte Lionor und kämpfte gegen die Entmutigung an. »Sie ist eine Frau, die er … einmal geliebt hat, nehme ich an.«
    Die Kleine riss den Mund auf, sagte aber nichts.
    »Du musst ihm sagen, dass Marikani einen Fehler begehen wird. Einen großen Fehler. Dass sie seine Hilfe brauchen wird … Saynir «, fluchte Lionor, und der ordinäre Ausdruck ließ die Sklavin zusammenzucken. »Es ist wichtig, Kleine. Bist du sicher, dass du nicht weißt, wo er ist? Hast du nicht wenigstens eine Idee?«
    Das Kind stand auf, und Lionor merkte seinem Gesichtsausdruck an, dass es ihr die Wahrheit sagte: »Es tut mir sehr leid … Die anderen Sklaven erzählen … Nun ja, sie erzählen, dass er jetzt eine Verlobte hat. Ich glaube, er ist sie besuchen gegangen. Um zu sehen, ob es ihr gut geht …«
    »Eine Verlobte.«
    »Aber ich weiß nicht, wo sie wohnt«, fügte das Kind
mit einer hilflosen Gebärde eilig hinzu. »Das sind nur Gerüchte. Ich weiß nicht einmal, wie sie heißt.«
    Diesmal wusste Lionor, dass sie verloren hatte. Eine Verlobte. Sie hatte nicht die Zeit, die Runde unter allen heiratsfähigen Mädchen von Salmyra zu machen, bevor Marikani in den Palast zurückkehrte. Und wenn es eine andere Frau gab …
    »Gut«, sagte sie einfach. »Sehr gut.«
    »Es tut mir sehr leid«, wiederholte das Kind. »Wenn ich wüsste -«
    »Natürlich«, sagte Lionor und trat zwei Schritte auf die Tür zu, drehte sich dann aber noch einmal um. »Wenn er zurückkommt, sag ihm nur … sag ihm, dass Marikani Harrakin die Wahrheit sagen wird. Er wird verstehen.«
    Lionor ließ den Blick durch die Gemächer schweifen. Außer der Kleinen war kein Sklave zu sehen. Kein Wunder angesichts der Umstände. Das Wasserbecken war halb voll.
    »Wozu dient die Südstraße?«, fragte sie abrupt.
    »Auf ihr kommt das Wasser«, antwortete die kleine Sklavin.
    Lionor lächelte schief und nickte. »Die Straße, auf der das Wasser kommt … Natürlich.« Sie seufzte, gegen ihren Willen erheitert. »Ich wusste ja, dass diese Reise ein dummer Einfall war … Hindere sie daran, das Becken zu leeren, Kleine«, fügte sie hinzu. »Du wirst das Wasser vielleicht brauchen.«

Kapitel 13
    Harrakin betrat das prächtige Gemach, das ihnen zugewiesen worden war, eine Flasche in der Hand. Sie enthielt leichten, sehr schmackhaften Apfellikör, den er sich gewaltsam von einem Diener »geborgt« hatte, der dem Gefolge des Emirs das Essen hatte servieren

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