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Pakt der Könige

Titel: Pakt der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ange Guéro
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abgereist war, waren zurückgekehrt, um sie zu zerfleischen. Sie hatte einige Minuten gebraucht, um wieder zu sich zu kommen.
    Ja, ein Schock … Aber wie lächerlich erschien ihr das alles jetzt.
    »Nein«, sagte sie mit einem trockenen Auflachen und spürte, dass ihr schwindlig wurde. »Nein, es ist nicht wegen Arekh. Oh, Lionor …« Sie kämpfte gegen neuerliche Bauchschmerzen an und straffte sich. »Ich … ich muss es verhindern. Aber ich kann das nicht allein tragen …«
    »Was tragen? Marikani?«

    Marikani sprach, fiebrige Sätze ohne echten Sinn, sah Lionors entsetztes Gesicht und schwieg abrupt, da jeder Satz sich wie eine Last anfühlte, wie eine Qual. Die Bilder des Tanzes der Raubkatzen kehrten ihr ins Gedächtnis zurück, und Lionor schien nun ebenfalls ihren Platz im Ballett zu haben. Marikani kämpfte gegen Übelkeit an.
    Mit einer abweisenden Bewegung, die Lionor daran hindern sollte, ihr zu folgen, ging sie weiter, ohne Schleier, ohne Schutz, ohne Maske in der brennenden Sonne.

Kapitel 12
    Lionor blieb einen Moment lang wie betäubt stehen und sah Marikani nach.
    Dann stützte sie sich an der Statue ab, da sie selbst gegen Übelkeit ankämpfen musste - eindeutige Übelkeit, für die sie den Grund kannte. Sie war im siebten Monat schwanger, und ihre Kleidung war dem Klima nicht angemessen. Sie hatte die leichteste mitgenommen, die sie hatte finden können, aus feiner, durchscheinender Baumwolle, aber in dieser drückenden Hitze waren die Falten und kompliziert geschnittenen Hosen der rituellen Gewänder, die das Kind unter Lâs Schutz stellten, eine drückende Last, ein Schraubstock.
    Die Hebamme, die für die Familie Mar-Arajec arbeitete, hatte ihr gesagt, das Kind sei kränklich, deshalb müsse sie starke Gemütsbewegungen vermeiden. Sie hätte diese Reise gar nicht unternehmen dürfen. Sie hätte Marikani nicht unter den Strahlen dieses verrückten Gestirns nachlaufen sollen. Das ist nicht dieselbe Sonne wie in Harabec , dachte sie und spürte, wie ein neuerlicher Schmerz sie durchfuhr, der von der Hüfte ausgehend in den Bauch ausstrahlte. Es war keine Wehe, allen Göttern sei Dank!
    Ihr Herz klopfte bis zum Zerspringen. Hatte sie recht
verstanden, was Marikani gesagt hatte? Ein Teil ihrer Worte war so wirr gewesen, dass Lionor den Sinn nicht begriffen hatte. Sie hatte von einem Ritual gesprochen, von einem Opfer, von Sklaven … Wenn sie ehrlich war, musste Lionor sich eingestehen, dass sie nicht einmal wirklich versucht hatte, sie zu verstehen. Das Schicksal einiger Sklaven war ihr verglichen mit dem, was Marikani zuletzt gesagt hatte, gleichgültig.
    Wenn das wahr war … Wenn sie das wirklich vorhatte …
    Das war Wahnsinn.
    Lionor holte tief Luft und dachte nach. Marikani war nicht in den Palast zurückgekehrt. Das ließ ihr ein wenig Zeit. Wie sollte sie ihre Freundin davon abhalten, diese Torheit zu begehen? Sie würde nicht auf sie hören. Wenn ihre Leidenschaft sie packte - Leidenschaft für eine Sache, eine Tat, eine ihrer verrückten Ideen -, dann war Marikani zu allem imstande und wies Lionors Ratschläge zurück, ohne sie auch nur anzuhören. Lionor war für sie ein Symbol der »Vernunft«, und das war aus Marikanis Mund nicht immer ein Kompliment.
    »Ohne Unvernunft gäbe es keine Träume, und wenn die Menschen nicht träumen würden, was würde sie dann noch von Hyänen unterscheiden? «
    Noch ein Leitspruch ihres Hauslehrers Azarîn. Kein Wunder, dass Marikani seine Lieblingsschülerin war , dachte Lionor und hielt sich mit schmerzverzerrtem Gesicht die Hüfte. Sie ließ die Statue los und ging die Straße entlang, um in den Schatten eines Palmenhains zu gelangen. Azarîn hatte den gleichen Charakter wie Marikani gehabt: ein Herz voller verrückter Ideen - und stur wie ein Keiler.
    Nein, Marikani würde nicht auf sie hören.
    Lionor ging weiter; der Straßenstaub beschmutzte ihre
Sandalen und Knöchel. Aber sie musste Marikani aufhalten. Es war Wahnsinn, schierer Wahnsinn, und Lionor war noch nicht einmal überrascht. Sie hatte befürchtet, dass es einmal so weit kommen würde, seit Marikani ihren Entschluss verkündet hatte, Harrakin zu heiraten. Sie hatte es kommen sehen, sie kannte ihre Freundin und deren Naivität zu gut. Ja , dachte Lionor fast erzürnt, im Grunde ihres Herzens ist sie naiv. Aber sie hatte nichts gesagt, sie hatte keinen Weg gesehen, diese Heirat zu verhindern, und wenn sie Marikani vor ihrer eigenen Schwäche gewarnt hätte, hätte sie sie nur auf dumme

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