Pakt des Bosen
Stunden nun arbeitete Rizzitelli an seinem Statement. Normalerweise erledigten das seine Redenschreiber, aber hier musste er selbst Hand anlegen. Er wollte seinen Platz in den Geschichtsbüchern sicherstellen, denn ein solcher Platz stand ihm seiner Meinung nach zu.
Der Meinung waren auch andere â allerdings sah dieser Platz anders aus als der, den Rizzitelli für sich vorgesehen hatte. Die Berater des Ministerpräsidenten waren zunächst skeptisch gewesen, als sie erfuhren, dass es sich um ein Live-Interview handelte. Sie konnten Rizzitelli dazu überreden, den Journalisten eine Bedingung zu stellen: sie wollten die Fragen im Voraus sehen. Ohne zu Murren stimmten die beiden Reporter zu und alle Zweifler verstummten.
Rizzitelli warf einen Blick auf seine teure Armbanduhr. Es wurde Zeit. Das Interview sollte um 20.00 Uhr stattfinden.
Rom, 25. September, 20.00 Uhr
Rizzitelli und die beiden amerikanischen Journalisten saÃen entspannt auf Freischwingern, die in einer Art Halbkreis aufgestellt waren. David Cusack und Paul Johnson waren erfahrene Haudegen und genossen unter den Kollegen einen ausgezeichneten Ruf. Zumindest bei Rizzitelli-treuen Kollegen würde sich dies heute Abend ändern. Mit voller Absicht hatten die beiden den Politiker in ihrer Mitte platziert. Cusack eröffnete die Fragerunde.
âHerr Ministerpräsident. Wann kamen Präsident Clifford und Bundeskanzler Gerling das erste Mal auf Sie zu, um Ihnen von den Friedensplänen zu erzählen?â, wollte er wissen.
Rizzitelli lächelte breit in die Kamera und entblöÃte eine Reihe von strahlendweiÃen Kronen, die mehr gekostet hatten, als ein Durchschnittsitaliener in einem halben Jahr verdiente.
âDieser Prozess läuft ja schon sehr lange, wie Sie sicher wissen. Mein Land verfügt seit vielen Jahren über sehr gute Kontakte in diese... äh... Region. Präsident Clifford wollte auf diese Kontakte natürlich nicht verzichtenâ, meinte er und das Lächeln wurde noch breiter.
âIch versteheâ, sagte Cusack. âUnd wann kamen Präsident Clifford und Bundeskanzler Gerling nun das erste Mal auf Sie zu?â, fragte er nach.
âDas muss so, äh, das muss so vor drei oder vier Monaten gewesen seinâ, behauptete Rizzitelli.
âAha.â Cusack machte sich Notizen.
âHerr Ministerpräsidentâ, schaltete sich Johnson in das Gespräch ein, âin dem Interview, das Sie vor einigen Tagen unserem deutschen Kollegen Fachner gaben, entstand der Eindruck, als wären Sie der entscheidende Impulsgeber dieses Erfolges gewesen. Sie bezeichneten sich selbst als, ich zitiere: Mann, bei dem alle Fäden zusammenlaufen, Zitat Ende. Darüber hinaus sagten Sie, ich zitiere Sie wieder: Ich, Präsident Clifford und Bundeskanzler Gerling haben den Plan entworfen.â Johnson warf einen Blick in seine Notizen. âDann fragte der Kollege Fachner: Und der Präsident und der Bundeskanzler setzten diesen Plan nun um? Worauf Sie sagten: Ich bleibe lieber im Hintergrund.â Johnson warf Rizzitelli einen Blick zu. âIst das korrekt wiedergegeben?â
Rizzitelli rutschte ein klein wenig unruhig auf seinem Freischwinger umher.
âJa, ich glaube, das ist mehr oder weniger korrekt wiedergegeben. Schauen Sie, solche politischen Prozesse dauern normalerweise viele Jahre und...â
âWas genau war denn nun Ihr Anteil an dem Erfolg im Nahen Osten?â, unterbrach Cusack den Ministerpräsidenten.
âIch... also... äh...â, stammelte Rizzitelli.
âSie haben den Libyschen Staatschef angerufen, stimmts?â, wollte Johnson wissen.
âÃh... ja. Ich wollteâ¦â
âSie haben ihn angerufen und ihn gebeten, er möge bei Präsident Clifford und Bundeskanzler Gerling ein gutes Wort für Sie einlegen, damit Sie aktiv an der Umsetzung des Plans beteiligt werden, richtig?â, schoss nun Cusack auf Rizzitelli.
âNein! Nein, so war das nicht...â
âWie war es dann?â, fragte Johnson.
Rizzitellis Kopf schnellte nach links zu Johnson. Da er immer den Fragesteller ansah und die Fragen als Dauerfeuer auf ihn einprasselten, sah es so aus, als würde er einem Tennismatch beiwohnen. Einem sehr schnellen Tennismatch.
âMeine Kontakte nach Libyen...â, begann Rizzitelli.
âJa, ja, das sagten Sie bereitsâ, meinte Cusack gelangweilt und hielt ein Blatt Papier in die Höhe. âHaben Sie
Weitere Kostenlose Bücher