Pakt des Bosen
Telefon.
Berlin, 14. Juni, 10.15 Uhr
âHerr Bundeskanzler. Das WeiÃe Hausâ, quäkte es aus dem Telefonhörer.
âOk, stellen Sie durch! ... Gerling.â
âJan, Bill hier. Furchtbare Sache, die da bei euch passiert ist. Wenn ich irgendetwas tun kann, dann sag es.â
âDanke Bill. Im Augenblick versuchen wir uns zu sammeln. Es gibt noch kaum verwertbare Informationen. Sobald wir die Lage sondiert haben, komme ich auf dein Angebot zurück.â
Der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika und der deutsche Bundeskanzler hatten sich kennengelernt, als sich Gerling mitten im Wahlkampf befunden und von den furchtbaren Plänen einer Nazi-Organisation erfahren hatte. Die Amerikaner hatten den Bundeskanzler unterstützt und Clifford und er waren gute Freunde geworden.
âWie gehtâs dir?â, fragte der Präsident leise.
âNicht gutâ, antwortete Jan. âIch habe einen Minister verloren. Ein wirklich netter Kerl, der mit mir zusammen etwas bewirken wollte. Er war erst zweiundsechzig Jahre alt. Ich habe ihn überredet, diesen Job zu übernehmen. Ich ...â
âWir leben in schwierigen und gefährlichen Zeiten. Das weiÃt du besser als jeder andere. So traurig der Tod des Ministers auch ist â dich trifft keine Schuld. Fang gar nicht erst an, dir so etwas einzureden. Du hast jetzt nur eine einzige Aufgabe: Finde die Schweine, die das getan haben!â
Berlin, 14. Juni, 10.30 Uhr
Mit ernstem Gesicht betrat Innenminister Rosenthal das Büro des Kanzlers. Neben Gerling war auch der Kanzleramtsminister Huber anwesend. âDas solltet ihr euch anschauenâ, sagte er und schaltete den Fernseher ein. Zu sehen war eine Pressekonferenz mit Holger Fachner.
âDie Pressefreiheit ist im Grundgesetz verankertâ, sagte er gerade. âHeute hat mich Bundeskanzler Jan Philip Gerling unter Androhung schwerster Konsequenzen daran hindern wollen, diesem Grundrecht nachzukommen. Wir Journalisten haben die Aufgabe und die Pflicht, unsere Mitbürger offen und ehrlich zu informieren. Ich stellte dem Bundeskanzler einige Fragen zum Bombenanschlag, die er mir, aus welchen Gründen auch immer, nicht beantworten wollte. Dann fragte ich Herrn Gerling, was er über den Tod von Bundesgesundheitsminister Schäfer wisse. Daraufhin drohte mir der Bundeskanzler, wenn ich diese Nachricht veröffentlichen sollte, hätte ich mit schwersten Konsequenzen zu rechnen. Mein Anwalt bereitet in diesem Moment eine Klage gegen Herrn Gerling vor.â
âDer spinnt dochâ, war der einzige Kommentar des Kanzlers. Werner Rosenthal wirkte sehr nachdenklich.
âHast du ihm gedroht?â, wollte er wissen.
Gerling dachte nach. Dann zuckte er mit den Achseln. âKeine Ahnung. Ich weià nicht mehr, was ich zu ihm gesagt habe. Ich war wütend, weil er die Nachricht vom Tod Schäfers bringen wollte, noch bevor ich die Familie hätte informieren können. Ich meine, Herrgott, ich stand da vor diesem Trümmerfeld, überall brannten Feuer und der Geruch nach verbranntem Menschenfleisch hing in der Luft. Und dann kommt dieser Idiot und stellt mir lauter blödsinnige Fragen. Ich war schockiert, zornig und traurig!â
âSchlechte Ratgeber, dasâ, belehrte ihn Rosenthal.
âWie bitte?â
âZorn und Trauer sind schlechte Ratgeber. Du hättest gar nichts sagen sollen.â
âVielen Dank für den tollen Tipp!â, erwiderte Gerling sarkastisch und verdrehte die Augen.
âJan, du bist Bundeskanzler. Du musst dich jederzeit im Griff haben. SchlieÃlich hat dich niemand gezwungen, dahin zu gehen.â
âWarum nehmen Sie diesen Schwachkopf eigentlich so ernst?â, fragte Gerling erstaunt. Huber und Rosenthal wechselten einen Blick. Das war das Problem mit diesem Kanzler. Er war kein Politiker, sondern ein Mann der Taten. Es kümmerte ihn nicht, ob Entscheidungen Wählerstimmen kosteten. Es war für ihn nur von Interesse, ob die Entscheidung die richtige war. Und er lieà sich einfach zu oft von seinen Gefühlen leiten. Meistens lag er zwar richtig. Aber in diesem Fallâ¦
âEr wird Klage gegen dich einreichen. Und ich wette, er wirft dir Nötigung und Amtsmissbrauch vor. Das solltest du auch ernst nehmen. SchlieÃlich hast du dir viele Feinde gemacht. Und alle werden sich darauf stürzen wie die Geier. Sie werden behaupten, du wärst dem Druck nicht
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