Pakt mit dem Feind
den Grund dafür nie verstanden. Natalies Familie war reich und angesehen, und die Tochter hatte eine ebenso privilegierte Jugend genossen wie Elizabeth. Sie hatte dieselben Privatschulen besucht und war Mitglied in denselben Clubs.
Im letzten Schuljahr auf der Highschool hatte man Elizabeth zur Schönsten des Jahrgangs gewählt. Elizabeth war das damals sehr peinlich, während Natalie vor Zorn raste. Elizabeth bedeutete der Titel nichts. Sie tat die Angelegenheit als belanglose Kleinigkeit ab. Aber im Rückblick war ihr klar, dass sich Natalies Neid wohl zu diesem Zeitpunkt in Hass verwandelt hatte. Warum, das konnte Elizabeth nicht begreifen. Mit ihrem dunklen Haar und den schwarzen Augen war Natalie eine schöne Frau, ganz im Stil einer heißblütigen Femme fatale.
Dennoch hatte sie ihr Leben lang alles haben wollen, was Elizabeth hatte – ganz egal ob es sich um ein Kleidungsstück, ein Auto, eine Rolle in einem Schultheaterstück oder sonst etwas handelte. Seit der Teenagerzeit hatte Natalie sich den Versuch, Elizabeth den Freund auszuspannen, geradezu zur Lebensaufgabe gemacht. Bei Edward hatte sie endlich Erfolg gehabt.
Der Schmerz über Edwards Verrat und Betrug hatte Elizabeth zunächst gelähmt. Aber das war noch gar nichts im Vergleich zu ihrem Schock, als sie die Scheidung einreichte und das volle Ausmaß seiner Niedertracht entdeckte. Mit Ausnahme der Familienfarm und des Hauses in Houston hatte ihr Ehemann fast alle Konten und Kapitalanlagen der Stantons geplündert. Das Geld hatte er auf ein geheimes Schweizer Konto transferiert.
“Willst du etwa sagen, dass es
nichts
gibt, was John tun kann? Überhaupt nichts?”, hakte Mimi nach. Ihre Frage brachte Elizabeths Gedanken in die Gegenwart zurück.
“Anscheinend nicht.”
“Verdammt.” Mimi ließ sich auf einen der beiden Lederhocker sinken, die vor den Sesseln am Kamin standen, und seufzte tief. “Wenn er das gesagt hat, muss es stimmen. John ist ein scharfer Hund, wenn es darum geht, die Interessen seiner Mandanten durchzusetzen. Wenn es einen Weg gäbe, hätte er ihn gefunden.”
Elizabeth ging zur Terrassentür zurück. Gedankenverloren betrachtete sie die Szene auf der anderen Seite der Scheiben. Dooley hatte seinen alten Marinemantel bis zum Hals zugeknöpft und die Pudelmütze über beide Ohren gezogen. Er war gerade dabei, Pflöcke in den Erdboden zu schlagen, um die Abdeckplanen für die Pflanzen sicher zu befestigen. Elizabeth murmelte über die Schulter hinweg: “Das Schlimmste wird sein, Tante Talitha alles zu erklären.”
“Du hast es ihr noch nicht gesagt?”
Bei Mimis scharfem Tonfall zuckte Elizabeth zusammen und schüttelte den Kopf. “Nur dass unsere Anlagewerte zurückgegangen sind. Was sollte ich denn sonst machen, Mimi? Sie ist achtzig Jahre alt. Dieses Haus und Mimosa Landing sind ihr ganzes Leben lang ihr Zuhause gewesen, genauso wie meins. Ich hab Angst, dass sie einen Herzanfall bekommt, wenn ich ihr sage, wie schlimm die Dinge wirklich stehen.”
“Unterschätze sie mal nicht. Talitha ist zäh.”
Elizabeth seufzte. “Tante Talitha und ich haben den Fehler gemacht, Edward eine umfassende Handlungsvollmacht über den gesamten Besitz zu erteilen, die sich auf alles außer Mimosa Landing und dieses Haus bezog. Jetzt ist das alles, was uns noch geblieben ist.”
“Oh Süße, das darf doch nicht wahr sein! Als du damals gesagt hast, du hättest alles an Edward übergeben, hab ich gedacht, du redest davon, dass er dich bei deinen Anlagegeschäften berät.”
“Zu dem Zeitpunkt kam mir das ganz vernünftig vor”, erklärte Elizabeth, während sie weiter Dooley bei der Arbeit zusah. “Ich habe Edward vertraut. Warum auch nicht? Er war mein Ehemann. Seine Eltern und meine waren seit Jahren befreundet, und ich kenne ihn schon mein ganzes Leben lang. Ich hatte doch weder Ausbildung noch Erfahrung im Umgang mit Geschäftlichem oder Geldfragen! Edward hatte beides. Noch dazu ein juristisches Examen. Es erschien mir nur logisch, dass er alles in die Hand nimmt.” Elizabeth schüttelte den Kopf. “Und das hat er ja dann auch weiß Gott getan.”
“Oh Süße! Ich wünschte, du wärst nach dem Tod von deinem Papa zu uns gekommen und hättest Big Daddy um Rat gefragt. Er hätte dir dasselbe geraten, was er mir immer ans Herz gelegt hat: ‘Mimi, mein Schatz’, hat er immer gesagt, ‘wenn ich mal ins Gras beiße und du mein ganzes Geld hast, kannst du deinen süßen Hintern drauf verwetten, dass Betrüger hinter
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