Pakt mit dem Feind
alle Ewigkeit um ihn trauere”, hatte sie in ihrem gedehnten Dialekt erklärt. “Weißt du, wenn mein Mann vom Himmel zu mir runterschauen würde und er würde sehen, wie ich da weine und wehklage – ich glaub, er würde sich vom heiligen Petrus selbst einen Passierschein ausstellen lassen. Und dann würde er auf die Erde zurückkommen und mir höchstpersönlich einen kräftigen Tritt in meinen süßen Hintern verpassen.”
Und das hätte er wohl wirklich getan, überlegte Elizabeth. Wenn es etwas gab, das Horace sich mehr gewünscht hatte als alles andere auf der Welt, dann das: seine Mimi glücklich zu sehen. Über Elizabeths Ehe konnte man nichts dergleichen sagen.
Abgesehen von Elizabeths Anwalt John Fossbinder und ihrem Bankier Walter Monroe, der ihr während des letzten Jahres auch als Finanzberater zur Seite gestanden hatte, kannte nur Mimi die ganze Wahrheit über die Untreue von Elizabeths Exmann. Die meisten Leute in ihrem gesellschaftlichen Umfeld vermuteten, dass Edward am Ende anderen Frauen mehr als nur schöne Augen gemacht hatte – bis Elizabeth ihn rausgeschmissen und dann in aller Stille die Scheidung eingereicht hatte.
Grundsätzlich stimmte diese Geschichte auch. Aber das gesamte Ausmaß von Edwards Betrug war noch nicht ans Licht der Öffentlichkeit gekommen. Elizabeth wusste allerdings, dass es nur noch eine Frage der Zeit war. Ein Skandal der Größenordnung, wie ihn ihr Exmann verursacht hatte, ließ sich nicht ewig unter den Teppich kehren. Außerdem konnte sie nicht noch mehr Familienerbstücke und Schmuck verkaufen, um weiter ihre Ausgaben zu decken, und gleichzeitig den Anschein wahren, das stantonsche Vermögen wäre noch vorhanden.
Elizabeth warf ihrer Freundin einen hilflosen Blick zu und schüttelte den Kopf. Mimi wusste, dass Elizabeth gerade von einem Treffen mit ihrem Bankier und ihrem Anwalt zurückgekehrt war. Stundenlang hatten sie zu dritt Elizabeths Lage erörtert und überlegt, wie man das Vermögen der Stantons retten könnte. Wenn das überhaupt noch möglich war.
“Ich wünschte, ich könnte behaupten, dass es besser für mich aussieht. Aber leider kann ich das nicht. John hat im letzten Jahr alle Möglichkeiten ausgelotet, die auch nur im Entferntesten infrage kommen – ohne Erfolg. Anscheinend habe ich keinerlei rechtliche Ansprüche. John sagt, dass Edwards Vorgehen zwar verwerflich war und sich an der Grenze zur Kriminalität bewegt, aber mein lieber Gatte war clever. Es scheint so, als könnte ich keine Klage einreichen, die Aussicht auf Erfolg hat. Und es gibt keine Möglichkeit, das Geld zurückzubekommen.”
“Verwerflich – dass ich nicht lache!”, schimpfte Mimi. “Der Dreckskerl hat dich und deine Tante bis aufs Hemd ausgeraubt. Die Unterlagen beweisen, dass Edward Geld aus dem stantonschen Aktienvermögen auf die Seite geschafft hat, seit dein Vater gestorben ist und du seinen Anteil an dem Vermögen geerbt hast! Und zwar bis zu dem Tag, an dem er mit dieser kleinen Schlampe abgehauen ist. Was ist das denn sonst als ein Verbrechen! Wenn du mich fragst, sollte man diesen rückgratlosen Wurm teeren und federn. Und dann kann er von mir aus den Rest seines Lebens schwedische Gardinen von innen betrachten!”
“Ich weiß nicht, ob man ihn wirklich als rückgratlos bezeichnen kann.” Elizabeth warf ihrer Freundin einen deprimierten Blick zu. “Er hat zumindest genug Mumm gehabt, mir den Großteil meines Familienvermögens zu stehlen. Und mit meiner Erzfeindin durchzubrennen.”
Mimi schnaubte. “Süße, dazu braucht man weder Willensstärke noch Persönlichkeit. Es zeigt nur, was für ein widerlicher, betrügerischer Dieb er ist. Und wenn du mich fragst: Ein Mann, der dir Natalie vorzieht, hat überhaupt gar keinen Geschmack.”
Mimis heftige Worte ließen erneut ein schwaches Lächeln auf Elizabeths Lippen erscheinen. Wenn sie nicht von sich aus den Namen der Frau ins Gespräch brachte, vermied es ihre Freundin sonst vorsichtig, Edwards Geliebte zu erwähnen. Elizabeth wusste, wie viel Willenstärke Mimi dieses Schweigen abverlangte. Die Freundin raste ihretwegen nur so vor Wut und musste unbedingt Dampf ablassen.
“Wie Edward diese Frau auch nur ansehen konnte, ist mir ein Rätsel”, wütete Mimi. “Natalie Brussard hat vielleicht Geld und sieht gut aus, aber sie ist ein widerliches Biest.”
“Stimmt”, bestätigte Elizabeth.
Seit ihrer Kindheit war Natalie von einem geradezu krankhaften Neid auf Elizabeth getrieben worden. Die hatte
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