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Palast der Dunklen Sonnen

Palast der Dunklen Sonnen

Titel: Palast der Dunklen Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin J. Anderson
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waren. Zumindest war das ihre Überzeugung. Nicht, was den Intellekt betraf - sie war sich sicher, daß es in dieser Hinsicht niemanden gab, der ihr mit einem auf organischen Zellen basierenden Prozessor gleichkam. Nein, 9D9 ging es darum, Empfindungen richtig zu würdigen - so charakterisierte sie ihr Steckenpferd am liebsten. Der Genuß der Sinuswellen der Unbehag- lichkeit. In die Algorithmen der Verzweiflung einzutauchen. Durch die oszillierenden Gipfel und Täler von Schaltkreisen zu rasen, deren ursprünglichen Zweck und einprogrammierte Logik man weit überforderte. Sicher, im Augenblick erlaubten ihre Rezeptoren lediglich, mit der binären Natur der Droiden zu arbeiten, aber sobald sie Zugriff auf einen genügend großen Datenspeicher und genügend Koprozessoren mit ausreichend großen Bandbreiten hatte, würde sie grenzenlose Empfindungen - die sie ihren mechanischen Brüdern mühevoll entlockt hatte - induzieren, protokollieren, digitalisieren und bis zur x-ten Wiederholung abspielen können.
    Mit einfachen Worten ausgedrückt - und 9D9 liebte Unkompliziertheit -, ihr war bewußt, daß das, was sie da tat, einen schöpferischen Akt darstellte - eine Kunstform. Obwohl der Versuch, einem Organischen zu erklären, daß eine Droidin wie sie Kunst zu schätzen wußte, dem Versuch gleichkam, zu erklären, daß ein Droide Schmerz empfinden konnte.
    Natürlich konnten Droiden Schmerz empfinden. Einer der beiden neuen Gefangenen, die man ihr brachte, war ein Beweis dafür; ein goldfarbener Protokolldroide, der dem Aussehen nach zu urteilen - er war auf Hochglanz poliert - in diesem Gewirr feuchter Tunnel, zerfallender Energieleitungen und umherhuschender, fellbewachsener Beutesucher völlig fehl am Platz war.
    »Ah, gut«, sagte 9D9, als die Gefangenen vor sie hintraten. »Neuerwerbungen.« Sie richtete den inneren Optikscanner auf den goldenen Droiden. Sie wußte, wie enervierend es für andere Droiden sein konnte, wenn sie bemerkten, daß sie - ein humanoides Modell - über diesen dritten Optikscanner verfügte, direkt neben dem standardmäßigen linken Scanner. In den Konstruktionsplänen der EVs oder anderer Modelle war er nicht enthalten. Manche bezeichneten ihn als Konstruktionsfehler. Als den Beweis, daß man sie falsch zusammengebaut hatte, als würde das ihre Ambitionen und ihre so undroidenhaften Begierden erklären. Aber 9D9 begriff den dritten Scanner als das, was er in Wirklichkeit war - das Geschenk, das es ihr gestattete, Dinge zu erfassen, die kein anderer Droide erfassen konnte, in nie zuvor gemessene Erfahrungsdimensionen vorzustoßen, das Signal-Störverhältnis gewöhnlicher Droidenwahrnehmung völlig zu umgehen.
    9D9 ließ den dritten Opticscanner absichtlich asynchron zum Hauptscannerzyklus laufen. »Du bist ein Protokolldroide, nicht wahr?«
    Der neue Gefangene mußte nicht einmal einen Ton sagen, da kannte 9D9 die Antwort auf diese Frage schon. Seine hochmütige Pose kennzeichnete ihn als einen Protokolldroiden der höchsten, aufdringlichsten und verabscheuungswürdigsten Sorte.
    »Ich bin C-3PO«, begann der Droide weitschweifig. 9D9 hatte ihn jetzt schon satt. »Mensch-Cyborg...«
    »Ein einfaches ja oder nein genügt«, sagte 9D9 scharf. Laß einen Protokolldroiden gewähren, und die halbe Schicht wird von sinnlosem Geplapper in Anspruch genommen. Beim Umgang mit solchen Einheiten arbeitete man am besten im Binärcode.
    »Nun, ja«, erwiderte der goldene Droide zufriedenstellender.
    »Und wie viele Sprachen beherrschst du?« 9D9 rief auf ihrer Kommandokonsole den Dienstplan des Palasthaushalts auf. Sie hoffte, daß kein Protokolldroide gebraucht wurde. Es würde ihr Spaß machen, ihm die Wunder ihrer Werkstatt zu zeigen.
    »Ich beherrsche über sechs Millionen Kommunikationsformen und kann mühelos.«
    »Großartig«, knurrte 9D9 und unterbrach den Droiden erneut, als sie sah, daß ein Protokolldroide auf der Anforderungsliste stand. »Wir haben keinen Übersetzer mehr, seit unser Herr mit dem letzten Protokolldroiden die Geduld verlor und ihn desintegrieren ließ.«
    9D9 versuchte die Reaktion wahrzunehmen, die diese Information bei dem Droiden hervorrief, wurde aber kurz von dem schnaubenden Lachen des zweiten gamorreanischen Wächters abgelenkt, der hinter ihr saß, auf das unmittelbar darauf die Transmission schaltkreiserzitternden Schmerzes erfolgte, die der silberne Kurierdroide auf dem Zugkraft-Testbett aussandte, dessen rechter Greifarm und Bewegungsapparat plötzlich

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