Palast der Liebe
errötete.
Cheryl lächelte verständnisvoll. „Wenn ich eine Sklavin bin, Caren, dann bin ich Sklavin meiner Liebe. Im Grunde genommen genieße ich größere Freiheiten als die meisten Frauen. Ich habe ein wunderschönes Haus, ich kann tun und lassen, was ich will.“
„Aber du musst dich immer für Achmed bereithalten“, wandte Caren ein. „Wenn er es befiehlt, musst du kreuz und quer durch die Welt reisen, um dich mit ihm zu treffen.“
„Das tue ich, weil ich es möchte, nicht weil er es befiehlt.“
Verwirrt schaute Caren Cheryl an. „Stört es dich denn nicht, dass er mit einer anderen Frau verheiratet ist, dass er Kinder von ihr hat?“
Ein Schatten huschte über Cheryls Gesicht. „Doch, Caren. Natürlich stört mich das. Und besonders traurig bin ich darüber, dass ich keine Kinder mehr von Achmed haben durfte. Derek hatte keine einfache Jugend. Deshalb kamen wir überein, auf weitere Kinder zu verzichten. Ich liebe Achmed. Und ich weiß, dass er mich liebt. Seine Frau in Riad mag seinen Namen tragen und die Mutter seiner Kinder sein. Aber mir gehört sein Herz. Ich habe nie daran gezweifelt, dass er in mir seine wahre Partnerin sieht. Wenn er mich nicht lieben würde, hätte er mich doch schon vor Jahren verlassen. Er hätte mir Derek wegnehmen können, und ich hätte mein Kind nie wieder gesehen. Aber er tat es nicht, weil er uns beide viel zu sehr liebt.“
„Aber du und Derek habt doch sehr unter der Trennung gelitten.“
„Es war auch für Achmed nicht einfach. Er hat viele Zugeständnisse machen müssen, um mir die Situation zu erleichtern. Die meisten Leute können unsere Beziehung nicht verstehen. Sie betrachten mich als Achmeds Geliebte, sie sehen in mir eine ausgehaltene Frau. Aber ihre Meinung interessiert mich nicht.“
Cheryl blickte zu dem Oberlicht empor, durch das der rote Schein der Abendsonne ins Atelier fiel. Caren wusste, dass sie nicht den Himmel betrachtete. Sie sah in diesem Moment das Gesicht des Mannes vor sich, den sie liebte.
„Er braucht mich“, fuhr Cheryl fort. „Trotz seiner Kraft, trotz seiner Machtstellung in der Welt braucht er mich. Und deshalb stehe ich ihm zur Seite, so gut ich kann. Ich versuche ihn glücklich zu machen, weil ich ihn liebe.“
Spontan drückte sie Caren heftig an sich. „Liebst du meinen Sohn?“
„Ja, sehr“, erwiderte Caren aufrichtig.
„Dann werdet ihr alle Schwierigkeiten überwinden.“
Beim Abendessen gab sich Cheryl Caren gegenüber so gelöst wie noch nie zuvor. Sie berichtete von ihren Reisen mit Achmed und erzählte Geschichten aus Dereks Kindertagen.
Weil es Caren gelang, ihre tiefe Niedergeschlagenheit zu verbergen, merkte Cheryl nicht, wie es wirklich um sie stand. Doch kaum hatte sich Caren nach dem Essen auf ihr Zimmer zurückgezogen, warf sie sich aufs Bett und brach in Tränen aus.
Was soll ich nur tun? dachte sie beklommen.
Cheryl hatte sich mit ihrem Leben abgefunden und war bestimmt ganz glücklich dabei. Aber Caren wusste, sie konnte nicht die Ehefrau auf Abruf spielen. Genauso wenig durfte sie Forderungen an Derek stellen. Und zuallerletzt durfte sie sich einbilden, mit Scheich Achmed um die Liebe seines Sohnes wetteifern zu können.
Außerdem hatte Derek nie von Liebe gesprochen. Nicht einmal an jenem Morgen in ihrem Atelier, als sie ihm ihre Liebe gestanden hatte. Da hatte er sie nur an sich gezogen, ihr Gesicht an seinen Hals gepresst und unverständliche Worte gemurmelt.
Doch nie hatte er gesagt: Caren, ich liebe dich.
Für sie bestand die einzige Lösung darin, aus Dereks Leben zu verschwinden. Sie musste das Haus verlassen, das sie inzwischen als ihr Heim betrachtete, die Leute, die ihre Freunde geworden waren, den Mann, den sie liebte. Sie durfte seine Rückkehr nicht abwarten. Zu sehr fürchtete sie sich vor dem, was er ihr zu sagen hatte. Ihn zu verlassen würde der schmerzlichste Schritt ihres Lebens sein.
Aber es war immer noch erträglicher, als von ihm verlassen zu werden.
Sie würde ihm seine Freiheit geben und dabei ihren Stolz bewahren. Wie Cheryl würde sie tun, was notwendig war. Weil sie Derek liebte. Am nächsten Morgen hatte Caren schon um zehn Uhr ihre Koffer gepackt. Sie nahm nur die Dinge mit, mit denen sie angekommen war. Sogar ihren Ehering ließ sie in einem Umschlag zusammen mit einem Abschiedsbrief an Derek zurück.
Cheryl saß, in die Morgenzeitung vertieft, am Frühstückstisch. Als Caren das Esszimmer betrat, schaute sie lächelnd auf. Dann fiel ihr Blick auf die
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