Palast der sinnlichen Traeume
Heißes Verlangen verdrängte die kalte Furcht in ihrem Innern.
„Küss mich, Lucy.“ Obwohl die Worte einem Befehl glichen, hörte sie die Bitte dahinter. Sie beugte sich vor und streifte seine Lippen mit ihren.
Jetzt konnte sie nicht mehr aufhören und wollte es auch gar nicht mehr. Sie schob die Hände zu seinem Nacken und zog Khaled enger an sich. Er hob sie auf seinen Schoß. Die Hälften des Morgenmantels glitten auseinander, ihre nackten Brüste pressten sich gegen seinen Oberkörper.
Lucy stöhnte leise auf. Sie hatte vergessen, wie gut sich das anfühlte, wie richtig, seine Lippen auf ihrem Körper, seine Hände, die keine Grenzen mehr kannten.
Aber vielleicht habe ich gar nichts vergessen, schoss es Lucy durch den Kopf, als Khaled sie so geschickt drehte, dass sie auf dem Rücken lag. Er schob sich auf sie. Vielleicht ist das alles neu.
Es war nicht so, dass sie einander wieder entdeckten, sich ausschließlich daran erinnerten, wie es war, sondern vielmehr so, dass sie den Körper des anderen neu erkundeten.
Denn in den vergangenen vier Jahren hatte es viele Veränderungen gegeben, sie waren andere Menschen geworden.
Khaled öffnete ihren Morgenmantel noch ein Stückchen weiter und betrachtete ihren nackten Körper. Lächelnd fuhr er mit einem Finger über die silbernen Linien an ihrem Bauch. „Hattest du große Schmerzen bei Sams Geburt?“, fragte er leise.
„Anfangs schon“, erwiderte sie überrascht. „Dann habe ich eine Betäubung bekommen.“
„Gut.“ Er neigte den Kopf und hauchte federleichte Küsse auf ihren Bauch. Lucy unterdrückte ein Stöhnen. „Ich mag den Gedanken nicht, dass du Schmerzen leidest.“
Es gelang ihr nicht mehr, eine Antwort zu formulieren. Die Empfindungen, die ihren Körper durchströmten, waren zu intensiv. Seine Berührungen fühlten sich viel intimer an als vor vier Jahren.
Aber nun wollte auch sie an der Reihe sein. Sie rollte sich zur Seite, wobei sie Khaled mit sich zog. Dann öffnete sie die noch geschlossenen Knöpfe an seinem Hemd und streifte es über seine Schultern. Anschließend widmete sie sich dem Reißverschluss der Hose.
Ein ungeduldiges Stöhnen entrang sich seiner Kehle, als er ihr half, das lästige Kleidungsstück auszuziehen. Sie schlüpfte aus dem Bademantel. Jetzt waren sie beide nackt.
Mit einer Hand fuhr sie über seine Hüften, über sein Bein, tiefer noch, bis zum Knie, das nun unzählige Narben zierten.
Khaled hielt den Atem an und griff nach ihrer Hand. „Nicht …“, bat er, aber Lucy hatte nicht vor, jetzt aufzuhören.
Sie neigte den Kopf und küsste die Narben an dem Gelenk. Nur so würde sie sich die neuen Punkte auf der Landkarte seines Körpers einprägen können. Und diese Narben waren nicht nur ein Teil von ihm, vielmehr hatten sie ihn zu dem gemacht, der er heute war. Nicht nur sein Knie hatte gelitten, auch seine Seele war verletzt worden. Unwillkürlich fragte Lucy sich, ob sie ihm helfen konnte. Wenn er ihre Hilfe zuließ.
„Nein, bitte“, sagte sie sanft, halb befehlend, halb flehend.
Doch Khaled schüttelte den Kopf. „Nicht das.“
„Ich habe alles an dir geheiratet“, flüsterte sie. „Alles“, bekräftigte sie und sah, wie etwas in seinen Augen plötzlich aufblitzte. Konnten das Tränen sein? Sie verspürte einen Stich ins Herz, als ihr wieder bewusst wurde, was er hatte durchmachen müssen. Sie hatten beide viel Leid ertragen. Sie wünschte sich nichts sehnlicher, als dass alle Qual ein Ende fand.
Wieder neigte sie den Kopf und presste einen sanften Kuss auf sein Knie. Dann küsste sie einen sinnlichen Pfad sein Bein entlang. Immer höher und höher, bis Khaled sie aufstöhnend auf sich zog. Ihre Körper schmiegten sich der Länge nach aneinander. Ihre Lippen fanden sich, ihre Zungen umtanzten einander im erotischen Spiel.
Zärtlichkeit verwandelte sich in Leidenschaft. Lucy hörte auf zu denken und gab sich ganz ihren Empfindungen hin. Heiße Lust loderte in ihr auf, als sie eins miteinander wurden.
Später, als das Mondlicht silberne Muster auf den granitfarbenen Boden malte, lagen sie eng umschlungen im Bett. Khaled hielt sie in seinen Armen. Sie schaute ihn an, er war bereits eingeschlafen. Die dichten schwarzen Wimpern ruhten sanft auf seinen Wangen.
Lucy lächelte, weil er so friedlich und verletzlich zugleich aussah. Jede Härte war aus seinem Gesicht verschwunden. Er wirkte entspannt und glücklich. Sie wünschte, sie könnte ihm helfen, so zu bleiben.
Konnte sie das? Sein Knie und
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