Palast der Stuerme
Dann wäre es also doch möglich, dass Sie mit uns nach Omarah kommen?“ „Als Sauds Nanny? Nein, ich habe doch gar keine Ausbildung dafür …“
„Mein Onkel benötigt Ihre Dienste nicht als Sauds Nanny“, mischte Raoul sich spöttisch ein, „sondern als dessen Mutter.“
Der Raum schien sich plötzlich um sie zu drehen. „Aber das ist unmöglich!“
„Biologisch gesehen schon, aber …“
„Was mein Neffe damit sagen will, Miss Miles, ist, dass wir vorgeben wollen, das Attentat von heute Morgen sei gelungen, um Saud so besser schützen zu können … Nein, hören Sie mich bitte erst an“, kam er ihr zuvor, als sie protestieren wollte. „Keiner außer uns und meinen Leibwächtern kennt die Wahrheit. Der Attentäter ist tot, doch wenn wir mit Saud nach Omarah zurückkehren, werden weitere Anschläge auf sein Leben unternommen werden. Und wenn Saud stirbt, hätte das unabsehbare Konsequenzen für mein Land.“ Der Scheich seufzte schwer. „Wäre Raoul der Sohn meines Bruders statt meiner Schwester, hätte ich ihn zum Nachfolger ernennen können, doch so …“
„Das ist das Einzige, wofür ich meinem Vater danken muss“, warf Raoul grimmig ein.
„Ich weiß, du verspürst nicht den Wunsch, in meine Fußstapfen zu treten, Raoul.“ An Claire gewandt, fuhr Scheich Ahmed fort: „Raoul ist der Leiter der Ölindustrie unseres Landes.“
„Zudem bin ich dank des Beharrens meines Vaters im christlichen Glauben getauft.“ Raoul sah das Erstaunen auf Claires Gesicht. „Sie sind überrascht?“, fragte er beißend.
„Dass der Glaube meines Onkels so tolerant ist? Der Prophet selbst hat bestimmt, dass es so sein soll.“
Warum war er dann nicht längst konvertiert, wenn er so verbittert war, fragte sich Claire im Stillen. Doch sie bezwang ihre Neugier, als der Scheich den Kopf schüttelte.
„Wir weichen ab, Raoul. Wir haben Miss Miles noch nicht in unseren Plan eingeweiht.“ Wieder wandte sich der Scheich an Claire. „Wenn wir verkünden lassen, dass Saud das Attentat nicht überlebt hat, wird es schwierig werden, ihn mit zurück nach Omarah zu nehmen. Ich hatte schon überlegt, ob wir ihn nicht hier in Ihrem Land aufwachsen lassen sollten, doch …“
„Dann würde er später ein Fremder im eigenen Land sein, und das Volk würde ihn nie als Landesführer akzeptieren.“
„Richtig“, stimmte der Scheich ernst zu. „Und deshalb bitten wir Sie um Ihre Hilfe. Sehen Sie, wir können Sauds Sicherheit nur garantieren, wenn er als Kind einer anderen Frau nach Omarah kommt. Sicherlich erkennen Sie die Probleme einer solchen Vorgehensweise. Denn wo findet sich eine solch vertrauenswürdige Person? Und Saud muss in einer Umgebung aufwachsen, die ihn auf seine Zukunft vorbereitet.“
„Ich fühle mich geehrt, dass Sie mich als Kandidatin ausgewählt haben“, erwiderte Claire ehrlich, „aber werden Ihre Landsleute sich nicht wundern, wenn Sie eine ledige europäische Mutter mit nach Hause bringen? Die Leute würden doch sicher Verdacht schöpfen …“
Auf ihre Worte hin wechselten die beiden Männer einen Blick, der ihr das Blut in den Adern gefrieren ließ. Eine Alarmsirene schrillte in ihrem Kopf los.
„Ich habe Ihnen noch nicht alles gesagt“, setzte der Scheich zögernd an. „Saud wäre nicht nur Ihr Kind, sondern auch … das von Raoul. Bei unserer Ankunft würde offiziell verkündet werden, dass Sie beide auf unserer Staatsreise geheiratet haben und …“
„Oh nein, das kann unmöglich funktionieren“, sprudelte es aus Claire heraus. Sie wollte gar nicht über die wirren Gefühle nachdenken, die in ihr aufwallten, wenn sie sich Raoul als ihren Mann, als ihren Liebhaber vorstellte. „Jeder weiß doch, dass wir nicht lange genug verheiratet sind, um ein Kind zu haben. Noch dazu mit einer europäischen Frau …“
In Raouls Gesicht konnte sie keinerlei Regung entdecken, so wandte sie sich irritiert an den Scheich. Ihr Mut sank, als sie den Ausdruck in seinen Augen sah.
„Auch darüber haben wir uns Gedanken gemacht. Falls Sie zustimmen, wird die offizielle Version lauten, dass Sie und Raoul schon vorher eine Affäre miteinander hatten, aus der Saud hervorgegangen ist. Raoul ist geschäftlich oft im Ausland, es wäre als durchaus glaubhaft. Ihr Kind ist unehelich geboren worden, aber ich habe Raoul überreden können, Sie zu heiraten, um des Kindes willen.“
Das Szenario, das der Scheich zeichnete, war nicht gerade sehr rühmlich, und Claire verzog verdrießlich den Mund.
„Miss
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