Palazzo der Lüste
wollte?
»Ich will nichts trinken. Wir wissen doch beide, warum wir hier sind.« Sie hatte sich entschieden und sah Stefano herausfordernd in die Augen.
Er atmete aus, als hätte ihre Antwort eine Last von seinen Schultern genommen. Bei ihm wusste sie nie, woran sie war: Den einen Augenblick war er spitzbübisch wie ein schelmischer Junge und den anderen ernsthaft, als trüge er ein Gebirge voller Nöte mit sich herum – und gerade diese Widersprüche machten ihn so anziehend.
»Willst du wieder mia Piccolina sein?«, fragte er vorsichtig.
Wieder die Lust mit dem Schmerz verbinden, sich ganz in seine starken Hände geben und sich von ihm auf den höchsten Gipfel der Lust tragen lassen – sie nickte langsam. »Dann komm mit.«
Er führte sie den Flur entlang zu einer Tür, hinter der sie das Schlafzimmer vermutete. Sie stellte es sich hell und freundlich vor. Als er die Tür öffnete, schlug ihr Dunkelheit entgegen. Cecilia prallte zurück.
»Ich nenne es mein Kabinett.« Er knipste das Licht an.
In zwei Ecken gab es Strahler, die ein gedämpftes Licht verbreiteten und eine Einrichtung preisgaben, die Cecilia eher an eine mittelalterliche Folterkammer als an eine Wohnung im einundzwanzigsten Jahrhundert erinnerten. Von der Decke hingen mehrere Seile herunter, die in breiten Gurten endeten. Es gab auch eine Art Hängematte, an der man festgeschnallt werden konnte. Auch an den Wänden gab es Gurte. Im Raum standen zwei Tische in verschiedenen Größen und verschiedenen Funktionen, die sie nicht erraten konnte, ein Barhocker und mehrere Stühle. In einer Ecke stand ein Schrank, dessen Inhalt sie sich vorstellen konnte.
Und alles war schwarz – Wände, Boden, Decke. Der Raum strahlte eine Atmosphäre aus, die sie gleichzeitig abstieß und anzog. Welche Möglichkeiten ergaben sich hier für einen Maestro und seine ergebene Piccolina?
»Dein Kabinett.« Sie wollte noch etwas Gescheites anfügen, aber ihr fiel nichts ein – sie kam sich so unwissend vor angesichts der bizarren Einrichtung.
»Genau. Es ist für … ich möchte …« Stefano war genauso verlegen wie sie und brach ab.
Die Verlegenheit zwischen ihnen durfte nicht chronisch werden – schon viel zu oft hatten sie beide stumm voreinander gestanden. Cecilia nahm ihr Herz in beide Hände, diesmal war es an der Piccolina, die Marschrichtung des Unterrichts vorzugeben.
»Du möchtest mein Maestro sein, und ich soll deine Magd spielen. Mein Schmerz ist deine Lust. Zeige mir, was ich tun soll.«
Grenzenlose Erleichterung spiegelte sich in seiner Miene wieder. »Ich … du … Komm mit!«
Er zog sie vor den Schrank. In ihrer Alltagskleidung wirkten sie beide fehl am Platz in dem Kabinett. Der Schrank war mit Kleidung und Spielzeug gefüllt. Bei einigen Sachen war die Verwendung klar, bei anderen konnte Cecilia nur raten. Sie fühlte sich immer noch an eine mittelalterliche Folterkammer erinnert, und im Gegensatz zum Museum durfte sie die Sachen hier in die Hand nehmen und benutzen. Ein Schauer lief über ihren Rücken.
»Als erstes möchte ich, dass du das anziehst.« Stefano hielt ein Korsett mit Strapshaltern, High Heels, Netzstrümpfen, Armstulpen und ein Halsband hoch – alles in Schwarz. »Du wirst darin umwerfend aussehen.«
Einen Augenblick dachte sie daran, wie viele Frauen das schon vor ihr getragen haben mochten, und es gab ihr einen kleinen Stich. Sie verbannte diesen Gedanken sofort. Was wollte sie? Stefano hatte seine dunklen Leidenschaften nicht erst seit einer Woche, natürlich hatte er vor ihr andere Frauen gehabt. Wenn sie beide sich zwischen ihren Laken liebten, hatte sie vorher auch schon mit anderen Männern drin gelegen.
Ohne ein Wort schlüpfte sie aus ihrer Kleidung, die sie vor ein paar Stunden mit so viel Sorgfalt ausgesucht hatte – die Mühe hätte sie sich sparen können. Stefanos Miene zeigte keine Veränderung, nicht einmal seine Augen blitzten, als sie nackt vor ihm stand. Was für ein Unterschied zu ihrer ersten Begegnung im seinem Atelier. Er kam ihr diesmal wirklich wie ihr Herr vor.
Das Korsett bestand aus dickem und doch überraschend weichem Leder und wurde auf der Vorderseite mit Schnallen geschlossen. Stefano half ihr, es anzulegen.
»Nicht so fest«, sagte sie, als er die Schnallen schloss.
»Keine Angst, ich will nicht, dass du zu Schaden kommst.« Er schloss die letzte Schnalle. Das bizarre Kleidungsstück ließ ihre Brüste frei, presste sie
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