Palazzo der Lüste
weiß, was zu tun ist, damit die Ausstellung ein Erfolg wird.« Cecilia freute sich so sehr für ihn, dass sie kaum vernünftig gehen konnte, sondern herumtänzelte wie ein übermütiges Fohlen.
Hinter den Bäumen lagen rechts und links Koppeln. Auf jeder stand ein einzelnes Pferd.
Auf der ersten war es ein hochgewachsener Brauner, der an den Zaun getrabt kam, als Stefano mit der Zunge schnalzte. Neugierig suchte seine Nase in den Taschen und Händen seiner Besucher nach Leckerbissen. Stefano zog eine verschrumpelte Möhre hervor. Der Hengst hieß Chandor i Orizzonte, und Cecilia wünschte sich, einmal auf so einem prachtvollen Tier zu reiten, aber es war Jahre her, dass sie zuletzt auf einem Pferderücken gesessen hatte, und sie würde wahrscheinlich nicht zurechtkommen. Besser versuchte sie es zuerst mit einem sanften Wallach, und wenn sie länger mit Stefano … Unmerklich stahl sich ein Lächeln in ihr Gesicht, sie dachte an ihn schon wie an einen Partner und sah ihn doch erst zum zweiten Mal.
»Woran denkst du?« Er hatte ihr Lächeln bemerkt, schob eine Hand unter ihr Haar und streichelte ihren Nacken.
»Ach, nichts.«
»Nun sag schon.«
»Nur daran, wie prachtvoll Chandor ist, und wie schön es sein muss, der Verwalter von Tres Orizzontes zu sein«, rettete sie sich in eine Notlüge.
»Es ist vor allen Dingen harte Arbeit.«
»Ja, genau. Du siehst aus wie ein hart arbeitender Mann, der von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang schuftet.«
»Und sich heute ein wenig Zeit gestohlen hat, um einer schönen Frau sein Leben zu Füßen zu legen.«
Stefano verabschiedete Chandor mit einem Klaps auf den Hals.
Es gab noch zwei weitere Hengste auf ihren Koppeln, einen Fuchs und einen Dunkelbraunen, alle genauso prachtvoll wie der erste. Danach besichtigten sie die Reithalle, die Außenreitplätze und die weitläufigen Stallungen. Wie Stefano gesagt hatte, standen zurzeit in den Boxen nur wenige Pferde, die zugeritten und verkauft werden sollten. Ihm gehörte ein Schimmelwallach, der in einem Pferch hinter dem Stall stand und leise wiehernd herankam, als er seinen Herrn erkannte. Er war kaum weniger prächtig als die Hengste, und Stefano erzählte von dessen Abstammung, die sich mehr als 250 Jahre zurückverfolgen lasse zu einem berühmten Rennpferd. Cecilia hing gebannt an seinen Lippen, aber sie reagierte mehr auf seine körperliche Gegenwart als auf die Worte. Sie stand dicht neben ihm und fragte sich, ob er sie zu einem gemeinsamen Ausritt einladen würde. Erst würden sie über die Wiesen und Felder galoppieren zu einem verschwiegenen Platz und dort …
Schließlich standen sie vor dem Gutshaus, in dessen Seitenflügel Stefanos Wohnung lag. Der Rest des Hauses war nur bewohnt, wenn der Besitzer von Tres Orizzontes sich auf dem Land aufhielt. Das war hauptsächlich im Herbst der Fall, wenn die Jagdsaison begann, die übrige Zeit lebte er in Rom und ging dort seinen Geschäften nach. Wie man einen so schönen Besitz haben und nicht dort leben konnte, verstand Cecilia nicht. Stefano schien darüber froh zu sein, ließ es ihm doch freie Hand bei seiner Arbeit.
Es wäre jetzt die rechte Zeit für die Frage nach einem Ausritt.
Sie sahen sich tief in die Augen, und es wurde klar, dass sie beide etwas ganz anderes wollten als einen Ausritt. Wortlos führte Stefano sie in seine Wohnung. Die war großzügig geschnitten und trotz der sommerlichen Hitze angenehm kühl.
Sie gingen in sein Wohnzimmer, das mit einer Ledercouchgarnitur und schweren Eichenmöbeln nicht gerade nach Cecilias Geschmack eingerichtet war, aber wem so etwas gefiel, der fand das Zimmer sicher behaglich.
Er deutete ihren Blick richtig und sagte entschuldigend: »Die Möbel standen schon da, als ich eingezogen bin. Sie gehören zum Gut, und für mich ist es praktisch. Na ja, inzwischen habe ich mich auch daran gewöhnt.«
»Ja, sicher ist es praktisch, wenn die Möbel schon drinstehen.« Ihr Tonfall ließ keinen Zweifel daran, dass das Praktische allein nicht das Entscheidende war. Sie mochte lieber helle Möbel und Sessel mit bunten Bezügen statt Leder.
»Es ist nur hier und im Arbeitszimmer. Den Rest habe ich selbst eingerichtet. Willst du was trinken?«
Was redeten sie eigentlich? Immer wenn ihnen der Sinn nach etwas ganz anderem stand, redeten sie solchen Unsinn. Verlegen strich Cecilia das Haar zurück. Sollte sie etwas zu trinken wünschen oder das, was sie eigentlich
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