Palazzo der Lüste
mehr die Schülerin und ich nicht mehr der Lehrer. Es wird heute andersherum sein.«
Sie verstand ihn nicht, deshalb wiederholte er: »Sie werden befehlen, und ich werde gehorchen.«
Cecilia war überrascht. Er hatte ihre Rollen vertauscht, und sie konnte sich gar nicht vorstellen, was sie von ihm verlangen sollte. Bisher hatte er sie durch ihre Spiele getragen, sie hatte sich ihm voll und ganz hingeben können, dass es nun andersherum sein sollte, war ungewohnt für sie. Andererseits – er hatte es ihr befohlen, und wenn sie es wollte, war er immer noch Herr ihres Spiels. Als sie es so sah, lief ein Prickeln durch ihren Körper, und sie wusste, was sie zu tun hatte.
»Ziehen Sie das aus, Signore.« Sie tippte auf seinen Rock, die Weste, das Halstuch und das Hemd. Widerspruchslos gehorchte er und stand schließlich mit nacktem Oberkörper vor ihr.
»Die Strümpfe auch.«
Wieder gehorchte er und trug nur noch seine Kniebundhose.
»Herrin, ich bin fertig.« Sogar seine Stimme klang unterwürfig, so, als wäre er ein Stallbursche, der seiner Herrin die Bereitstellung des Pferdes meldete.
»Sehr schön.« Sie nahm sich das Halsband ab und legte es ihm an. Er sollte es haben. Sein Vater hatte den Stein einst für die Nobildonna Sofia gekauft, und jetzt sollte er in die Familie Capelli zurückkehren. Außerdem war es für Cecilia auch ein Zeichen – ein Zeichen, dass sie ihr Schicksal annahm und sich damit abgefunden hatte, in dieser Zeit zu leben. Tief in ihrem Inneren glaubte sie, der Stein sei für ihre Reise verantwortlich. Er wollte zu seinen Besitzern zurück, und weil sie ihn getragen hatte, war sie in der Zeit zurückgereist. Wenn sie ihn jetzt weggab, was das eine Entscheidung für das Schicksal. Hinterher fühlte sie sich, als hätte sie Großes geleistet – so musste sich Frodo gefühlt haben, als er den Ring vernichtet hatte, oder Caesar, als er Gallien erobert hatte.
Nicolò fuhr mit dem Finger unter das Lederband, betastete die Stacheln. »Das können Sie nicht.«
»Es gehört mir, und ich kann es geben, wem ich will. Sie sollen es tragen.«
»Nein, Cecilia. Der Stein ist zu Ihnen gekommen.
»Lassen Sie das!« Cecilia schlug ihm leicht auf die Hand. »Sie werden das Band tragen. Keine Widerrede!« Das war genau das, was sie eben gedacht hatte, aber sie fühlte, dass sie sentimental wurde, wenn Nicolò es sagte. Das wollte sie auf keinen Fall, dass ihr noch die Tränen kamen.
»Natürlich.«
Sie tauchte ein in die Dunkelheit des Schranks, atmete tief ein und aus und schaute nach, was es dort noch Nützliches gab. Peitschen, Riemen und Seile hingen auf der einen Seite ordentlich nebeneinander. Das erinnerte sie an ein anderes Kabinett in einer anderen Zeit – ausgerechnet. Schwarze Umhänge, Handschuhe, Seidentücher und Rohrstöcke belegten die andere Hälfte des Schranks. Sie würde alles finden, was sie brauchte für ihr eigenes und Nicolòs Vergnügen.
Zunächst nahm sie einen Lederriemen und knotete ihn an einem Metallring des Halsbandes fest. Sie zog vorsichtig an dem Riemen, und er folgte ihr sofort. Wie einen Hund führte sie ihn mehrere Runden durch das Zimmer und merkte dabei selbst, wie sie sich entspannte und sich immer besser hineinfand in ihre Rolle als Herrin, wie es ihr Spaß zu machen begann.
Nicolò bewahrte eine undurchdringliche Miene, als er gehorsam hinter ihr hertrottete und dabei die eleganten Bewegungen ihres Hinterteils genoss. Es hatte noch keine Frau gegeben, in deren Hände er sich bedingungslos ergeben hatte, aber sie hatte sein Vertrauen, und er spürte die Spannung in sich steigen, als er sich fragte, was sie alles von ihm verlangen würde.
Sie kamen wieder an dem Schrank vorbei. Er stand immer noch offen, und Cecilia griff sich wahllos einen der Rohrstöcke heraus. Er war lang und biegsam, probeweise ließ sie ihn durch die Luft sausen. Das pfeifende Geräusch war Musik in Nicolòs Ohren.
Grob zerrte sie ihn in die Mitte des Raumes und ließ sich in den Sessel sinken, in dem sie beim Essen gesessen hatte. Ihn tippte sie mit dem Rohrstock an.
»Runter!«
Er sank auf die Knie und hockte vor ihr wie ein Häufchen Unglück. Wäre das kein Spiel gewesen, hätte sie Mitleid mit ihm gehabt.
»Was soll ich tun, Herrin?«
Cecilia reagierte nicht auf diese Frage, sie betrachtete ihre High Heels. Sie hatten lange im Schrank gestanden und waren nicht mehr ganz fleckenlos – sie brauchten eine Reinigung
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