Pallieter
Franzoo erschrocken. »Wir haben Durst, und dort is Bier!« rief Pallieter; »komm, wir trinken!«
Und sie liefen quer durch das Korn auf den Wagen zu. »Hallo,« rief Pallieter dem heranrollenden dicken Fuhrmann zu, »verkauft uns ein Fäßchen Bier, wir verdursten.«
»Alles is schon bestellt!« sagte der Mann weiterfahrend. »Ta, ta, ta, ich zahle das Doppelte dafür!« versetzte Pallieter. »Na dann los!« meinte der Bursche und ließ das Pferd halten. »Nehmt Euch dann ein Fäßchen Bockbier, das könnt Ihr gleich trinken. Wollt Ihr ein Fest feiern?« fügte er neugierig hinzu.
»Ja!« rief Franzoo, und Pallieter nahm das Fäßchen vom Wagen und bezahlte.
Der Bursche fuhr weiter, und während Franzoo den Honig trug, rollte Pallieter das Fäßchen mit Fußtritten vor sich her. »Aber wie jetzt trinken!« fragte Franzoo, »wir haben keinen Hahn und kein Gefäß.«
Pallieter kratzte sich am Kopf. — »Kein Hahn, das macht nichts, aber wo ein Gefäß hernehmen?«
Sie schwiegen beide, blieben stehen und betrachteten den Honigtopf. Wenn der nur leer wäre. —»Komm,« sagte Franzoo, »wir wollen auf einem Gehöft einen Krug holen.« »Los!« und sie rollten das Fäßchen über den weißen Weg. —
Sie kamen an ein Kornfeld, das halb abgemäht war, und dort hinten an der Erlenecke saßen Mäher und Binderinnen und verzehrten ihr Vesperbrot. Als Pallieter sie sah, freute er sich über die Maßen und rief, mit den Armen schwenkend: »He, Leute, laßt euren Kaffee stehen, hier is frisch Bockbier; und wenn ihr eine Tasse hergebt, dürft ihr euch die Bäuche volltrinken!«
Sofort kamen sie herbeigelaufen, jedes mit seiner Kaffeetasse, und drängten sich, um am nächsten beim Fäßchen zu stehen. Mit einem großen Taschenmesser schnitt Pallieter den Pfropfen heraus, und klatsch! da schoß das Bier heraus, wie bei einer stallenden Kuh, aber die Tassen wurden darunter gehalten, schäumend gefüllt und gierig ausgetrunken. In das Loch wurde ein schnell gemachter hölzerner Zapfen gesteckt, und so konnten sie ohne Eile trinken, und nichts ging verloren.
Sie scharten sich sitzend um das Fäßchen, und Pallieter trank, soviel er konnte, aus einer großen Tasse, auf der ein roter Papagei gemalt war. Der Durst nahm kein Ende, fortwährend schoß das Bier aus dem Spundloch, und sie tranken und lachten, daß ihnen der Schweiß auf der Stirn perlte.
»Jetzt noch Musik, und wir haben Kirmes!« lachte ein Mädchen.
»Los, Adrian!« riefen sie einem langen, mageren Jungen zu, »hol deine Posaune, dann können wir tanzen!«
»Ja! Ja!« schrieen sie nun durcheinander. »Wir haben noch Zeit genug! Los, eil dich! Schnell!«
Der Junge lief gefügig weg, während die Mädchen vor Vergnügen kicherten und sich allerhand Neckereien zuriefen. Inzwischen tranken sie, ein alter Mann war Zapfer; und bald kam der Junge zurück mit seinem Bruder und einer grünspanüberzogenen Messingposaune.
Er trank erst noch einen Schoppen von dem gelben, schmackhaften Bier und fing dann an, in seiner ganzen Länge aufrechtstehend, einen langsamen Walzer zu spielen. —Die Töne fielen seltsam in die Kornfeldstille und wurden weithin getragen. Und siehe da! alle machten sich ans Tanzen außer dem Alten, der immer weiter zapfte, für sich selber. Jeder Bursche griff sich ein Mädchen, und die Männer, die übrig blieben, tanzten miteinander; so tanzte Franzoo mit einem kleinen, buckligen Bäuerlein. Aber Pallieter hatte sich das Blümchen herausgesucht: ein molliges Ding mit bloßen Armen und Beinen und mit einem blühenden Gesicht voll rotbrauner Sommersprossen. Sie hatte Augen so feurig wie eine Katze. Und tanzend drückte er ihren weichen und sehr dünn bekleideten Körper gegen den seinen, so daß er gut all ihre Formen fühlte, und seine Hände betasteten gierig ihre schaukelnden Hüften, daß sie aufschrie vor Vergnügen.
Der Tanz war aus, und sie setzten sich zu den andern ins Gras um das Faß herum. Alle keuchten, und ihre Busen gingen auf und nieder. Als sie wieder tüchtig von dem leckeren Bier genossen hatten, rief Pallieter: »Los, schnell noch ein Tänzchen!«
Jetzt war es eine Polka. Wieder nahm er dasselbe Mädchen, und sie tanzten toll und wild. Er drückte sie fester an sich, tanzte aus dem Kreis heraus, und dann auf einmal stellte er ihr ein Bein, und sie fielen alle beide auf die Erde. Er fiel auf ihren Leib, wie auf ein Kissen, und fühlte all die Pracht ihres molligen Körpers, der sich schüttelte vor Lachen, und gierig
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